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09:01. ,,Folgen Sie mir eigentlich?", frage ich empört und bleibe stehen, als ich im Foyer von Scottland Yard eine vertraute Gestalt erblickte. Der hochgewachsene Mann dreht sich um und sein Gesicht sieht im künstlichen Licht der Deckenleuten noch bleicher aus.

Sherlock schnaubt. ,,So interessant sind Sie nun wirklich nicht. Ich bin hier wegen einem äußerst vielversprechendem Fall von Lestrade hier. Der im Gegensatz zu Ihnen eine 7 ist."

,,Lestrade oder der Fall?"

Sherlock sieht mich verständnislos an.

,,Man sagt das mit den Zahlen auch um... Ach, nicht so wichtig."

,,Dachte ich mir." Sherlock hält die Glastür, die weiter zu den Büros führt, mit einer Hand offen. ,,Kommen Sie jetzt, oder was?", will er wissen und lässt los.

,,Jaja", sage ich und drücke mit dem Handrücken gegen die Klinke, während ich gleichzeitig versuche die Kaffebecher nicht fallen zu lassen. ,,..keine 7", murmle ich kopfschüttelnd.

,,London ist einfach nicht groß genug für uns beide, oder?", frage ich seufzend.

,,Ich war vor Ihnen schon bei Scotland Yard", betont Sherlock.

,,Jaja, schon gut. Scotland Yard gehört von jetzt an Ihnen. Worum geht es bei dem Fall?", erkündige ich mich, während wir den kahlen Gang ohne Fenster entlang gehen. Ich verränke leicht den Arm um den Ärmel meines Mantels hochzuschieben und einen Blick auf meinen Armbanduhr zu werfen. 09:06. Pefekt, fast pünktlich.

,,Tote Frau Anfang 30 mit roten Punkten auf dem ganzen Körper. Es wurde noch keine Todesursache gefunden", erklärt Sherlock begeistert.

Es ist kalt in dem Großraumbüro, in dem sich nur wenige Beamte aufhalten, obwohl alle Fenster geschlossen sind.
Dimmock steht hinter seinem Schreibtisch und hebt den Blick, als die Tür sich öffnet.
Eine der Rasterdeckenlampen flackert in unregelmäßigen Abständen und ich blinzle in das unnatürliche Halogen-Licht.

,,Louise", sagt Dimmock erfreut, während er den Telefonhörer gerade auflegt. Sein Blick wandert zu meinem Nachbarn und seine Mundwinkel bewegen sich nach unten.
,,Und Sherlock. Was für eine Freude."

,,Danke", fügt er an mich gewandt hinzu, als ich ihm einen Kaffeebecher reiche und küsst mich kurz auf die Wange.

,,Tut mir leid, aber ich bin nicht Ihretwegen hier", meint Sherlock großspurig. Seine Hände sind in seinem Manteltaschen vergraben und er hat den Kopf angehoben um in die angrenzten Einzelbüros zu spähen.

Am anderen Ende des Raumes tickt eine große Wanduhr. 09:14

,,Wo ist Lestrade?", will er wissen. ,,Er hat einen Fall für mich."

Dimmock zuckt mit den Schultern und sammelt die losen Blätter auf seinem Schreibtisch ein und schiebt sie in einem braunen Aktenumschlag, auf dem ein großen Aufkleber mit der Aufschrift Nur für den Dienstgebrauch prangt. ,,Keine Ahnung. Aber um die Zeit steckt er vermutlich noch im Stau fest."

Sherlock presst die Lippen zusammen, als wäre Londons Verkehrssituation für ihn eine persönliche Beleidigung.

,,Viel Glück dann mit Ihrem Fall", sage ich zu ihm, als aus dem Gang plötzlich lautes Stimmengewirr zu hören ist.

Ein blonder Mann mit einem schief zugeknöpften Flannelhemd betritt das Büro, gefolgt von einer uniformierten Polizistin. Der Blick in seinen Augen ist gehetzt und ein unerklärliches, mulmiges Gefühl bereitet sich in meiner Magengegend aus.

,,Er will zu mir. Er hat in der letzten Woche ungefähr 200 Mal wegen dem Tod seiner Schwester auf dem Revier angerufen", stöhnt Dimmock auf und reibt sich über die Stirn. ,,Ich wimmle ihn schnell ab", sagt er und lässt Sherlock und mich an seinem Schreibtisch stehen.

days at bakerstreetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt