#19 - Vier Kräfte, alle vereint

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»Loki, geht es dir gut?«

Ich kniete mich zu ihm und griff nach seiner Hand. Er lag am Pfeiler und rieb sich mit der anderen Hand seinen Hinterkopf.

»Ich glaube nicht«, erwiderte er mit schmerzverzerrter Stimme und zeigte mir seine Hand. Blut. Sie war übersät von Blut.

»Was? Scheiße.. Zeig her.«

Ich beugte ihn leicht nach vorne und sah mir seinen Kopf an. Er hatte eine große Platzwunde.

»Loki.. Kannst du dich nicht heilen?«

Er schüttelte nur zaghaft den Kopf und sah mich an.

»Das dauert eine Weile. Ich heile zwar schneller als Menschen, aber ich kann es nicht auf Knopfdruck.«

Ich seufzte, drehte mich zu den anderen um und stand auf. Loki hielt mich am Arm fest.

»Was hast du vor?«

»Kämpfen. Sie haben dich verletzt, jetzt werde ich sie verletzen.«

Er richtete sich auf und zog mich zu sich runter.

»Lass es Mia. Die anderen kommen schon klar«, meinte er mit ernster Stimme, woraufhin ich ihn nur fragend ansah.

»Was? Nein. Ich kann helfen und das tue ich jetzt auch. Ich setze dem ein Ende. Dafür habe ich doch meine Kräfte.«

Er räusperte sich, kniff seine Augen schmerzerfüllt zusammen und sah mich dann erneut an, doch dieses Mal mit einem eher flehendem Blick

»Schatz bitte. Du darfst deine Kräfte nicht benutzen, du bringst dich selbst in Gefahr.«

Verwirrt darüber, was er mir gerade gesagt hatte, hakte ich nach was er damit meinte.

»Was soll das heißen, ich bringe mich damit in Gefahr?«

»Du hast noch nicht die Stärke alle Kräfte auf einmal zu kontrollieren. Wenn du sie jetzt benutzt, dann...«

Ich schluckte, denn ich wusste, was er mir sagen wollte. Doch ich musste es versuchen. Ich hatte doch keine andere Wahl. Ich musste den anderen doch helfen, oder? Entschlossen stand ich auf, drehte mich erneut zu den anderen um und sah dann zu Loki.

»Ich schaffe das. Vertrau mir«, meinte ich knapp und rannte dann zum Kampf.

LOKI

»Mia, nein!«, rief ich ihr noch hinterher, doch sie hörte mich nicht.

Mein Kopf pochte wie wild, doch ich wusste, wenn ich jetzt nicht aufstehen würde, dann würde ich sie verlieren. Langsam stand ich auf und lief hinter Mia her. Als ich bei dem Kampf ankam, war es aber fast schon zu spät. Mia hatte ihre Arme ausgebreitet und ihr Körper fing an in einem hellen rot-orange zu glühen. Der Himmel verfinsterte sich und es wurde stürmisch. Wasser kam, aus der Richtung des Meeres, auf uns zu und die Bäume um uns herum stiegen aus dem Boden.

»MIA! Hör auf!«, rief ich ihr immer wieder entgegen, doch sie hörte mich nicht.

Ihre Augenfarbe wechselte von rot-orange auf blau, dann auf braun, dann folgte weiß, bis sich schließlich alle Farben vereinten und in einem undefinierbaren braunen Ton endeten. Ihr Körper war übersät von Feuer, ihre Hände sprühten Funken, womit sie den Sturm kontrollierte und ihre Haare verfärbten sich in mehrere Blautöne. Sie hob vom Boden ab und blieb in der Luft stehen. Sie sah hinunter zu den Orks, woraufhin sich ihr Blick schlagartig verfinsterte. Aus den Nebenstraßen hörte man immer wieder schreie von den Bewohnern New Yorks, die vor dem Wasser wegrannten.

»Hast du nicht gesagt, das würde sie umbringen?«, fragte mich Thor leicht verwirrt, als er zu mir kam und zu Mia sah.

»Ich konnte sie nicht aufhalten.«

Seufzend beobachtete ich Mia, wie sie in der Luft schwebte und sich das Feuer wie eine Art Säule um sie herum aufbaute.

»Ich werde es versuchen.«

»Nein, Thor! Wenn du es jetzt versuchst, bringst du nur euch beide um. Die Kräfte in ihr sind jetzt zu stark, selbst für dich«, erwiderte ich.

»Sieh zu, dass du die anderen da wegholst. Wenn Mia einmal anfängt ihre Kräfte einzusetzen, dann ist keiner von denen sicher. Sie wird alle Orks erledigen.. wenn sie es übersteht«, seufzte ich erneut.

Thor nickte nur, rannte ins Gemenge und versuchte die neuen Avengers da irgendwie herauszubekommen. Kaum hatte er es geschafft, kam Mia mit voller Wucht auf dem Boden auf. Sie landete in gehockter Stellung und stützte sich mit ihren Händen ab. Um sie herum hatte sich eine enorme Druckwelle aufgebaut, die sie durch die Landung aktivierte. Die Erde bebte so stark, dass die Gebäude drum herum ins Schwanken kamen und die Fenster zersprangen. Überall kam Glas vom Himmel, so das die anderen nur noch versuchten die Passanten davor in Sicherheit zu bringen. Für einen kurzen Moment stand alles still. Die Orks, das Wasser in den Straßen, das Feuer um Mia herum, der Wirbelsturm, der sich aufgebaut hatte und auch die Bäume, die aus dem Boden gestiegen waren. Nur Mia bewegte sich, jedoch nicht wie man es von ihr kannte. Sie hatte sich verändert. Ihre Haare wehten, obwohl zu dem Augenblick kein Wind da war. Sie drehte ihren Kopf zu mir, doch ich konnte sie nicht erkennen. Ihr Blick war finster und voller Wut. Ihre wunderschönen blauen Augen waren verschwunden. Ihr liebevoller Blick. Die Warmherzigkeit, die ich so an ihr liebte. Sie war nur noch eine Hülle ihrer Kräfte. Mir stiegen Tränen in die Augen, denn ich wusste, dass ich sie nun verloren hatte und nichts dagegen tun konnte. Ich drehte mich von ihr weg und seufzte, dann entfernte ich mich von der kleinen Gruppe, denn ich konnte es nicht weiter mit ansehen.

MIA

Warum hatte ich nicht auf Loki gehört? Warum musste ich wieder meinen Kopf durchsetzen?

Loki, bitte geh nicht, schrie ich, doch kein Ton kam über meine Lippen.

Ich war gefangen. Gefangen in meinem eigenen Körper. Ich hatte keine Kontrolle mehr über ihn. Die Kräfte besaßen ihn nun komplett. Ich war nur noch ein Beifahrer und konnte nichts tun. Die Wut die ich in meinem Kopf spürte, kam nicht von mir, doch was war los? Ich sah die Orks vor mir, die mich alle nur verwirrt ansahen. Sie hatten so etwas wie mich scheinbar noch nie gesehen, doch da waren sie nicht alleine. Schließlich hatte ich so etwas wie mich vorher auch noch nie gesehen, nicht so wie ich jetzt war. Als die Orks ihre Waffen hoben und wie wild durch die Gegend brüllten, drehte sich der Wirbelsturm wieder, die Bäume liefen weiter und auch das Wasser kam näher und näher. Das Feuer um mich herum flammte erneut auf, doch ich konnte nichts dagegen tun.

Hör auf, hör endlich auf, schrie ich mich selbst an, aber es brachte nichts.

Die Kräfte waren zu stark und Loki hatte recht. Ich war gestorben und nun konnte ich nur noch mit ansehen, wie meine Kräfte den Rest erledigten. Riesengroße Feuerbälle kamen aus meinen Händen und landeten auf den Orks, die daraufhin erneut brüllten und in Flammen standen. Der Wirbelsturm hob eine weitere Gruppe Orks nach oben und schleuderte sie letztendlich gegen ein Gebäude. Das Wasser trug mehrere dieser Wesen ins Meer, wo sie regelrecht ertranken. Die Wurzeln der Bäume umschlangen die Hälse anderer Orks und schnürten ihnen somit die Luft ab. Die Kräfte arbeiteten zusammen und ich konnte nichts anderes tun, als es mit anzusehen. Von Weitem hörte ich immer wieder Thor rufen, dass ich aufhören sollte, aber ich war machtlos. Und Loki? Den konnte ich nirgends mehr entdecken. Er war weg und ich konnte es ihm nicht mal übel nehmen. Er hatte mich gewarnt und dennoch hatte ich nicht auf ihn gehört.

Dann war es vorbei. Alle Orks waren erledigt.

Endlich, rief ich erfreut, doch es kam noch immer nichts über meine Lippen.

Die Mission war vorbei, doch meine Kräfte waren nach wie vor aktiv und hatten mich unter Kontrolle. Doch wie konnte das nur möglich sein? Wie konnten Kräfte einen Körper übernehmen und das Bewusstsein verdrängen?

Bitte, gebt mir meinen Körper wieder, flehte ich, doch es tat sich nichts.

Stattdessen hörte ich nur ein leises Lachen. Was war das?

Ist da jemand?, fragte ich, allerdings bekam ich keine Antwort.

Ich hörte immer wieder nur dieses Lachen.. dieses leise, schon fast, gehässige Lachen. Dann umhüllte der Wirbelsturm meinen Körper und trug mich davon. Weg von der Avenue, weg aus New York. Verdammt, was war hier los?

Mia » And the God of Mischief (Band 1) ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt