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Jungkook

Tae
Bist du wach?

Ja, meine Mom ist wieder nicht nach Hause gekommen

Tae
Shit. Hat sie keine Nachricht dagelassen?

Nee, das ist diese Woche schon, keine Ahnung, das dritte Mal...

Tae
Willst du was unternehmen?

Was hast du vor?

Tae
Dich aus deinem Loch ziehen. Ich hole dich in fünf Minuten ab. 

Es ist kurz nach ein Uhr nachts!

Tae
Danke, Captain Obvious. Und zieh dir Sportsachen an!

Beim Gedanken an einen Nachtausflug mit Tae schlägt mein Herz höher.
Ich fühle mich in diesem Sommer zum ersten Mal im Leben wirklich lebendig.
Und ich liebe es.
Obwohl meine Mom... keine Ahnung was treibt.
Und obwohl ich Geld verdienen muss, damit wir unser Haus behalten.
Ich dachte immer, ich kriege nichts auf die Reihe.
Aber das stimmt nicht.

Mom steckt wer weiß wo.
Ich bin mir fast sicher, dass sie die ganze Nacht wegbleibt, denn heute Morgen kam sie auch erst gegen halb acht heim.
Sie sah furchtbar aus, das Haar klebte ihr ungewaschen an der Stirn, und ihr sonst so süßer Duft war durch einen stechenden Geruch ersetzt, der mich zurückschrecken ließ.

Ich habe keine verdammte Ahnung, was bei ihr abgeht.
Aber ich habe es inzwischen auch aufgegeben, daran irgendetwas ändern zu wollen.

Als ich rausgehe, muss ich lachen.

Etwas an dem Gefühl, Ende Juni nach Mitternacht in eine Freiluftsauna zu kommen, verschlägt mir den Atem.
Unglaublich, wie die Sonne eine solche Hitze verursachen kann, wenn sie nicht mal am Himmel steht.
Dass mich die Temperatur von Kopf bis Fuß erschauern lässt, als ich die Dunkelheit hinaustrete, ist mir ein Rätsel.
Und dass Tae auf den Scheiß steht, werde ich wohl nie begreifen.

„Bereit?“ fragt er, als ich auf den Beifahrersitz rutsche.
Die Klimaanlage hat er nicht eingeschaltet - natürlich nicht, schließlich ist er ja Tae.

„So bereit, wie man nur sein kann, wenn man nicht weiß, wofür man bereit sein soll.“ antworte ich.

Tae grinst, startet den Wagen und fährt auf der Carriage Lane Richtung Norden.

Wir parken vor 24 Hour Fitness, das auf dem Weg zur Schule liegt, also weniger als eine Meile von unserem Haus entfernt.
Trotzdem habe ich das Fitnessstudio nie bemerkt, weil es ein bisschen zurückgesetzt am Rand liegt.

Tae hält seinen lila Schlüsselanhänger an ein rotes Licht neben dem Eingang, die Tür öffnet sich automatisch, und uns schlägt kalte Luft entgegen.
Ein Glück!
Noch eine von seinen Spezialitäten ohne Klimaanlage, und ich hätte auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre nach Hause gelaufen.

Ich habe vor einer Ewigkeit zuletzt Sport gemacht - wenn überhaupt.
Definierten Muskeln konnte ich noch nie besonders viel abgewinnen - oder, besser gesagt, mein Interesse daran war nie so groß, dass ich meine Abneigung gegen das sinnlose Hochstemmen von Gegenständen hätte überwinden können.
Auch wenn ich mich vielleicht ein oder zweimal gefragt habe: Wie wäre es wohl, wenn ich muskulös wäre?
Ich glaube, Pumpen muss man einfach so richtig wollen.
Sonst klappt es nicht.

Das Fitnessstudio ist komplett verwaist.
Keiner arbeitet, keiner trainiert, lila Wände und Teppichböden, der antiseptische Geruch nach Putzmitteln.
Das Licht ist für die späte Stunde unangenehm grell, und aus den Lautsprechern plätschert ein Korn-Song, den ich nicht ausstehen kann - nicht so laut, dass es total nerven würde, aber doch so laut, dass mir fast alles andere lieber wäre.

The sound of what happened //a Taekook Story//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt