Neunzehn - STEVEN

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Die Soße war am Ende angebrannt, die Spaghetti butterweich und die Stimmung am Boden. Schweigend essen wir zu Abend und den versprochenen Nachtisch bekomme ich leider nicht, da wir heute Nacht in getrennten Zimmern schlafen.

Ich bewege mich auf meinem Bett hin und her, wechsle meine Liegeposition alle paar Minuten und kriege diesen Will nicht aus dem Kopf. Wie konnte Lisa sich überhaupt auf diesen Typen einlassen? Der ist doch eine komplette Katastrophe.

Genervt greife ich nach meinem Handy, da ich sowieso nicht schlafen kann. Schnell beantworte ich irgendwelche Nachrichten, bis ich auf Lisas Kontakt klicke. Überrascht stelle ich fest, dass sie online ist. Kann sie etwa auch nicht schlafen?

Kurzerhand beschließe ich, mit ihr reden zu müssen, krieche unter der Decke hervor, öffne meine Tür und gehe auf Lisas Zimmer zu. Davor bleibe ich allerdings nochmal stehen und lausche, aber kein Ton ertönt. Tief atme ich durch, bis ich an der Tür klopfe. Es passiert nichts, weshalb ich anfange zu denken, dass mein Handy nicht korrekt war und sie eigentlich schläft, doch dann knarrt die Tür leicht und Lisa kommt zum Vorschein.

„Was machst du hier? Es ist 2 Uhr.", fragt sie mich verwirrt und schaut zu ihrem Wecker hinüber.

„Ich kann nicht schlafen und habe gesehen, dass du noch am Handy bist, also dachte ich, ich komme mal rüber. Darf ich reinkommen?"

Einen Moment wartet Lisa und bewegt sich nicht, bis sie schließlich die Tür weiter öffnet und zur Seite geht.

„Danke.", hauche ich, als ich an ihr vorbeigehe.

Sie schließt die Tür und setzt sich auf ihr Bett, was ich ebenfalls tue. Durch den schwachen Lichteinfall von den Lampen auf den Straßen vor unserer Wohnung kann ich kaum etwas erkennen, was Lisa wohl auch bemerkt hat, da sie ihre Nachttischlampe anmacht.

Stille herrscht zwischen uns, was ungewöhnlich ist. Selbst am Anfang haben wir immer geredet, auch wenn es meistens fiese Kommentare waren. Ich rutsche ein Stück näher an sie heran und höre sie schwer ausatmen.

„Es tut mir leid.", flüstert sie, wobei sie mich allerdings nicht ansieht, sondern ihre Bettdecke.

Bevor ich darauf antworte, setze ich mich doch gegenüber von ihr hin, um sie besser ansehen zu können. Dabei versperre ich ihr den Blick nach unten und Lisa bewegt langsam ihren Kopf, bis ihre Augen meine treffen.

„Was tut dir leid?", möchte ich genauer wissen.

„Das mit Will... Ich..." Lisa vergräbt ihr Gesicht in ihre Hände und schüttelt ihren Kopf.

„Es tut mir leid, dass du es mit ihm aushalten musstest.", reagiere ich darauf und meine Mitbewohnerin beginnt kurz zu lachen, bis sie die Hände wieder wegnimmt und mir mit ihren braunen Augen tief in meine schaut. „Ich werde mich aber nicht dafür entschuldigen, wie ich gehandelt habe. Am liebsten hätte ich dem Typen einen reingehauen, so wie der dich behandelt."

Mein Kiefer spannt sich automatisch wieder an, als ich an die Situation von heute Nachmittag zurückdenke.

Lisa legt ihre Hände auf meine, die sich unbemerkt in Fäuste geballt haben. Bei ihrer Berührung vergeht die Spannung an meinen Händen und wir verhaken unsere Finger ineinander.

„Das musst du auch nicht. Du musst nur verstehen, dass das mit Will einfach generell etwas Komplizierter ist."

Fragend sehe ich sie an. „Ich verstehe sowieso nicht, was du an dem findest." ...Oder fandest, hänge ich an meinem Gedanken noch dran, in der Hoffnung, dass sie mir gleich von sich aus sagt, dass es vorbei ist mit den beiden.

„Mit ihm war ich einfach abgesichert, weißt du?", erwidert sie nach einer kurzen Pause. „Er hatte einen genauen Plan für die Zukunft, würde niemals Fremdgehen und wir waren 4 Jahre zusammen. Das ist eine lange Zeit und man verbindet halt die Vergangenheit mit der Person."

Die MitbewohnerkatastropheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt