Einundzwanzig - LISA

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„Musst du wieder nach Washington?"
Erschrocken zucke ich zusammen und halte mir die Hand an meine Brust.

„Beruhig dich, Girl. Du lebst hier nicht alleine.", äußert sich Anna ironisch und macht sich einen Kaffee.

„Ich weiß. Ich habe gerade nur nicht damit gerechnet, dass jemand plötzlich von hinten kommt.", erwidere ich. 

Es war die ganze Zeit so ruhig und ich bin beschäftigt gewesen, im Internet zu recherchieren, wie weit weg Washington nochmal von New York ist. Zu meinem Pech sind es von der Arbeitsstelle bis zu der Wohnung hier 364km. Die Entfernung geht definitiv noch größer, aber es ist mir trotzdem zu viel, um hin und her zu pendeln.

„Also? Warum googelst du Washington?", möchte Anna unbedingt wissen und zieht eine Augenbraue nach oben.

„Lass' das mit der Augenbraue. Du weißt, dass das mich aufregt.", sage ich genervt, mit einer kleinen Intention, dass wir das Thema wechseln, und schließe meinen Laptop.

„Du kannst einem echt die Stimmung am Morgen verderben, weißt du das schon? Ich habe ja gehofft, Steven wird dich lockerer machen. Wo ist der Herr eigentlich?", fragt sie und schnappt sich ihren fertigen Kaffee und gesellt sich zu mir auf dem Barhocker neben mir.

„Der ist bereits Arbeiten und ich muss gleich auch los. Warum bist du eigentlich so früh wach?"

„Ich habe mir heute vorgenommen, produktiv zu sein und viele Videos für meinen Youtubekanal vor zu drehen." Skeptisch schaue ich meine Mitbewohnerin an. „Und ab 8 Uhr ist großer Sale bei Victoria's Secret. Den kann ich doch nicht verpassen!"

Ah, da haben wir es ja. Das davor klang kein Stück wie Anna.

„Na dann hab' viel spaß beim shoppen.", wünsche ich ihr, derweil ich aufstehe und zur Garderobe gehe. „Und wenn du wirklich eine tolle Freundin bist, kannst du mir etwas mitbestellen." Ich zwinkere ihr zu und ziehe meine beigen Ballerinas an.

Mit dieser Aussage hat sie wohl nicht gerechnet, denn Anna zieht ihre Augenbrauen nach oben. „Ich soll die Unterwäsche aussuchen, mit der meine beste Freundin unseren gemeinsamen Mitbewohner ins Bett bekommt? Hm, das ist neu, aber ich werde dir etwas reizendes aussuchen." Nun zwinkert sie mir zu und ich gehe lachend aus der Wohnung.

...

„Wer spammt dich denn so voll?", fragt mich Maya und schaut skeptisch auf mein Handy, welches auf meinem Schreibtisch liegt und alle paar Minuten aufblinkt.
Ich tippe den Satz zu Ende und schaue schließlich von dem Computer auf mein Handy.

„Das ist nur Anna.", sage ich und öffne unseren Chat, wobei mir 15 Bilder von Unterwäsche angezeigt werden, die sie mir gesendet hat. Davon beinhaltet das Meiste kaum Stoff.

Verwirrt schaut Maya auf die Uhr. „Aber es ist 8:27 Uhr."

„Aber heute ist Sale bei Victoria's Secret.", reagiere ich darauf und grinse meine Kollegin an, die sich ihre Hand auf die Stirn schlägt.

„Oh mein Gott, das habe ich ganz vergessen. Danke fürs Erinnern." Sofort schnappt sie sich die Tastatur von ihrem Computer und haut in die Tasten.

„Willst du jetzt shoppen?", frage ich unglaubwürdig, wobei meinem Handy noch eine Nachricht von Anna erreicht. „Ja! Nachher sind die guten Sachen weg. Braucht Anna deine Meinung oder warum schickt sie dir die ganzen Bilder?"

„Sie will mich anscheinend eher davon überzeugen, dass sie mir mehr als nur ein Set aussuchen darf, während ich ihr versuche zu erklären, dass Unterwäsche nicht nur aus einem Stück Faden besteht." Während ich dies sage, tippe ich es auch genauso in mein Handy und sende es ab.

Die MitbewohnerkatastropheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt