An manchen Tagen, es sind bei weitem nicht mehr so viele wie früher, da frage ich mich, warum ich überhaupt hier bin. Hier an diesem Ort, hier auf dieser Welt. Es sind die stillen Momente, an denen mein Kopf nicht aufhören kann zu denken. Und es sind die lauten, die, an die man sich kaum noch erinnern kann, sich nicht mehr erinnern sollte, die sich bei mir immer wieder einbrennen. Sie brennen sich ein wie Säuere in Metall, brennen sich in jede noch so kleine Faser meines Seins und kommen dann zum Vorschein, wenn alles um mich rum in Stille versinkt. Es war auch diesmal die Stille, die mich vor Sonnenaufgang aus dem Bett trieb. Und wie so oft fanden meine Gedanken keine Ruhe. Allein schon die Vorstellung, gleich mehrere Stunden in diesem Zug zu sein, in dem Bus dahin. Die nächsten Tage würden furchtbar werden, das stand außer Frage das sie es werden würden!
***
Ellas Stimme war nicht mehr als ein lautes Poltern in meinem Kopf. War sie sonst so ruhig, sie schaffte es in der Regel selbst mich zu beruhigen, war sie heute aufgewühlt und wütend. Mehr sogar als ich. Und tatsächlich lenkte mich trotzdem ihre Erzählung von ihrem misslungenen Date ab. Diese kleine banale Sache, die ziemlich lustig war, zumindest für mich.
„Und dann hat er mir zugezwinkert und gesagt „Kleines ich übernehme die Rechnung. Du kannst dich ja anderweitig bedanken." Weißt du was ich dann getan habe?"
„Hm?"
Ella beugte sich weiter zu ihrem eigenen Handy vor, sodass ich ihr schmales Gesicht noch deutlicher sehen konnte. „Fast hätte ich es wie Scott gemacht damals in Vegas mit dem Kellner. Du weißt schon in Staffel 3 oder 4." Tatsächlich wusste ich nur zu gut was sie meinte. War sie es doch gewesen, die mich zu einem Keeping up with the Kardashians Marathon gezwungen hatte, als ich für Wochen ans Bett gefesselt war. „Doch dann habe ich einfach vierzig Doller genommen und auf den Tisch gelegt und bin gegangen." Störrisch reckte sie ihr Gesicht in die Höhe und nickte über ihre eigenen Worte. Das liebte ich so an ihr. Niemals würde sie sich von irgendjemanden so behandeln lassen.
„Gut gemacht doll."
Ellas Gesicht hellte auf und sie grinste mich nun frech an. „Zeig doch einmal die Leute die mit dir mitfahren."
Ich schwenkte die Kamera und richtete sie auf den Bus aus, mit dem ich gleich zum Bahnhof fahren würde. Neben dem Wirtschaftskurs würde auch zusätzlich der Geschichtsleistungskurs mitfahren. Alle Schüler tummelten sich mit ihrem Gepäck um den Bus, laut und aufgeregt verstauten sie ihre Koffer. Ich hatte es vorgezogen hinter einer kleinen Mauer erst abzuwarten, keiner konnte mich hier sehen. Noch haderte ich mit meiner Wahl mitzufahren. Aus diesem Grund hatte ich auch Ella angerufen.
„Du hast gar nicht erzählt das Phillip auch mit fährt." Rief Ella überrascht.
„Tut er nicht." Ich drehe die Kamera wieder, sodass ich mich wieder sehen konnte und schüttle den Kopf.
„Und warum packt er gerade seine Tasche in den Bus?" Ellas Augen blitzen auf und auch ich schau irritiert zum Treiben hinter der Mauer. Schnell stand ich aus meinem Versteck auf und ging zwei Schritte vor.
Tatsächlich hebte Phil gerade eine Tasche in den Gepäckraum und er winkte. Winkte Direktorin Mayer zu und diese erwiderte seine Geste auch noch. Sie stolzierte die Auffahrt herunter, hinter sich einen Koffer ziehend, dick eingewickelt in einem cremefarbenen Mantel.
„Ich weiß nicht." Stammelte ich.
„Hey, aber ist doch gut für dich, so bist du nicht mit ihr allein." Ellas Stimme klang aufgeregt.
„Vielleicht hilft er ja nur." Antworte ich. Doch Phil winkte wieder. Diesmal nicht Direktorin Mayer, sondern mir. Und er joggte auf mich zu, nachdem ich ihn nur fragend anschaute.
„Rils kommst du?" Als wäre es das normalste auf der Welt, wollte er nach meinem Rucksack greifen.
„Ella, ich schreib dir."
Bevor ich mich versah, stand Phil neben mir und lächelte Ella im Bildschirm zu. „Oh hi."
„Hi Phillip!" Bevor die zwei sich weiter unterhalten konnten, verabschiedete ich mich von ihr und versprach ihr nach unserer Ankunft zu schreiben.
„Kommst du?"
„Willst du mir nicht erst erklären, warum du hier bist Phillip?"
Phil hielt kurz an seiner ernsten Miene fest, nur wenige Sekunden, bis sich schließlich das alte bekannte Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Phillip, warum so förmlich Amaryllis?"
Ohne auf meine Antwort zu warten, griff er nach meinem Rucksack. „Baumgarten hat Magen- Darm und auf die schnelle hat sich kein Lehrer finden lassen, der sich bereit erklärt hat, mitzukommen. Also dachte ich, es ist doch eine gute Idee, wenn ich das mache. Vielleicht stimmt es dich ja ein bisschen optimistischer für die Fahrt."
Seine Worte waren überraschend und tatsächlich merkte ich, wie sich der Knoten in meinem Bauch langsam anfing zu lösen. „Na schön."
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Immer in liebe, A.
Romance"Hey Yankee, bekomme ich noch eine Antwort?" "Nein." Sie starrten sich an, voller Wut, die Verachtung spiegelte sich in ihren Augen. Keiner der beiden würde Nachgeben, so war es vom ersten Moment an. Amaryllis und Linnea. Zwei die nicht unterschied...