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Ich fand es schon immer befremdlich, wenn jemand sagte, er könnte das Knistern in der Luft förmlich hören, es spüren. Die Vorstellung war für mich bis zum jetzigen Zeitpunkt ebenso absurd, wie die Idee davon. Und dennoch würde ich sagen, dass es eigentlich der Fall gewesen ist- ich konnte förmlich spüren, wie die Anspannung zwischen uns von einer Sekunde auf die andere anstieg und greifbar wurde. Direktorin Mayer lehnte sich wieder zurück, ein süffisantes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Worauf ließ ich mich hier eigentlich überhaupt ein? Gott, warum machte ich mir mein Leben bloß immer so kompliziert...

Keiner von uns schien den Anfang machen zu wollen, die Gefahr eingehen zu wollen, den ersten, vielleicht verhängnisvollen, Schritt zu wagen.
Wir fuhren an dem Ausfahrtschild zu einer größeren Stadt vorbei, die mir zumindest vom Namen her bekannt war.
„Fahren Sie bitte kurz raus." Sagte sie und beschrieb mir den Weg, den sie von ihrem Handy ablas. Der Himmel war Wolkenverhangen, passte zu der drückenden Atmosphäre. Die Frage, wohin sie uns führte, blieb unbeantwortet. Eigentlich hätte ich schon längst daran gewöhnt sein sollen.
Vor einem großen braunen Gebäude befahl sie mir anzuhalten und verschwand humpelnd mit dem Versprechen schnell wieder da zu sein in dessen inneren. Ich nutzte die Zeit, um Svenja zu schreiben und Phil.
Direktorin Mayer kam wieder, tatsächlich so schnell wie sie versprochen hatte und hielt in ihren Händen zwei dampfende Papierbecher, die sie auf die Motorhaube des Autos stellte. Ihren Körper lehnte sie lässig daneben, sodass ich nicht sehen konnte was sie machte. Eine einzelne kleine Wolke, eine weitere folgte ihr, schlängelte sich ihren Weg zum grauen Himmel. Verwirrt stieg ich aus. Ihre langen Beine überkreuzt, einen Arm locker über ihren Oberkörper gekreuzt hielt sie die Zigarette zwischen ihren Fingern und führte sie fast schon in Zeitlupe zu ihren Lippen. Die Augen hielt sie geschlossen und schlug sie erst auf, als ich die Fahrertür schloss. Mit spitzen Lippen entließ sie den eben eingesogenen Rauch.
„Sie rauchen?" Stellte ich eine absolut überflüssige Frage, als würde ich nicht sehen, was sie tat.
Direktorin Mayer schielte zu der Zigarette in ihrer Hand. „Nein, eigentlich nicht."
„Eigentlich?"
Sie griff zu der Packung, die zwischen den zwei Bechern steckte. „Ja Amaryllis, eigentlich rauche ich nicht. Außergewöhnliche Situationen erfordern besondere Maßnahmen." Sagte sie ruhig und auf ihr Gesicht stahl sich ein Lächeln, das fast schon schüchtern wirkte.
„Ist das so?"
Sie nickte. „Wie sieht es mit Ihnen aus?"
Ungläubig starrte ich sie an. „Bieten Sie mir gerade eine Zigarette an?"
Ihre Augenbraue schoss in die Höhe. „Nein, natürlich nicht! Nur einen Zug." Ihre Hand fand wieder ihren Weg zu ihren Lippen, bevor sie sie mir entgegenstreckte. „Und?"
Okay, das ging eindeutig zu weit. Was sollte das? Und doch kam ich nicht herum zu bemerken, dass ich überhaupt nicht abgeneigt war von der Idee. Zwar rauchte ich nicht, aber die eine oder andere Zigarette, hatte auch ich während einer Party gehabt. Unschlüssig beobachtete ich ihre Finger, wie sie immer näherzukommen schienen.
„Also nein, schon gut?" Es war eine Frage, die ich mir selbst laut stellte.
Sie schaute sich um, und legte ihren Kopf dann schief. „Hmm, klingt nicht überzeugt." Ihr Körper kam immer näher, und sie stieß sich leicht von der Motorhaube ab. Die Worte klebten mir auf der Zunge, als sie einen weiteren Zug nahm. Mitten in ihrer Bewegung hielt sie inne und führte ihre Hand zu meinen Lippen.
„Sicher?" Sie schaute mich an, als würde sie die Antwort auf irgendeine Frage im Unterricht von mir haben wollen. Aus einem Impuls heraus legte ich meine Lippen um die Zigarette zwischen ihren Fingern, ohne den Augenkontakt zwischen uns zu unterbrechen. Sie lachte leise und ich spürte ihre andere Hand kurz auf meiner Wange, als sie eine Haarsträhne wie selbstverständlich aus meinem Gesicht strich. Auch sie schien überrascht über ihre Handlung zu sein und ging wieder an ihren Platz zurück um ihre Zigarette zu Ende zu rauchen.
Mein Kopf schwirrte, schwer und Gleichzeit so unendlich leicht. Natürlich entging es ihr nicht, wie ich überrumpelt und mit hochrotem Kopf den Weg ins Auto antrat. Ich verstand sie nicht, ihre Absichten und ihr Handeln. Wenn sie sich so unser Spiel vorstellte, dann würde ich definitiv verlieren.

Immer in liebe, A.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt