How can you love me anyway?Pausiert.

Kapitel 4

Doch sie konnte sich nicht rühren und betrachtete ihn einfach nur stumm. Er sah fast noch genauso aus wie früher. Helle blonde Haare, eisblaue Augen, groß. Das Einzige das sich geändert hatte war, dass er jetzt viel breiter gebaut war.

"Tristan", wisperte Sissi und ging einen Schritt rückwärts, als er einen auf sie zukam.

"Sissi?", fragte Tristan fast genauso leise und kam weiter auf sie zu.

'Das ist doch wie in einem schlechten Film', dachte sich Sissi, doch sie wollte nicht, dass er näher kam, deswegen machte Sissi die Situation gleich noch klischeehafter, indem sie sich umdrehte, vollkommen aus ihrer Starre löste und zur Tür neben dem Büfett lief, die sie, als sie ihr Essen geholt hatte, entdeckt hatte. Sissi hörte noch das von Tristan gebrüllte: "Sissi warte!", doch sie reagierte gar nicht erst, lief weiter auf den Wald zu und hörte nicht auf ihn. Sie rannte und rannte, ohne groß auf ihre Umgebung zu achten, was ein Fehler war, denn nach kurzer Zeit hatte sie die Orientierung verloren. Sie verlangsamte ihr Tempo, bis sie irgendwann nur noch ging und erreichte nach kurzer Zeit einen kleinen Teich. Überall um den Teich herum lagen kleine und auch große Steine, auf einen der kleineren Steine setzte sich Sissi.

Ihr Kopf pochte wie verrückt und als sie ihre Stirn befühlte, zuckte sie sofort zusammen und bemerkte das sie blutete. Beim besten Willen konnte sie sich nicht daran erinnern, sich verletzt zu haben. Doch ehrlich gesagt war ihr das im Moment auch egal, sie versuchte sich eher darauf zu konzentrieren, nicht mehr so unkontrolliert zu zittern und die Bilder von Tristan zu verdrängen, wie er...

'Nein, nicht dran denken', ermahnte sie sich immer und immer wieder. Dann hörte sie auf einmal ein Knacken hinter ihrem Rücken und drehte sich ruckartig um, was eine schlechte Idee war, da ihr Kopf sich jetzt anfühlte, wie als würde ihr jemand mit einem Presslufthammer gegen die Stirn hämmern.

"Hey, hier bist du. Ich hab mir schon Sorgen gemacht Sissi. Was ist denn passiert?", hörte Sissi Aly vorsichtig sagen und sah wie diese sich langsam näherte und dann stockte.

"Du bist ja verletzt!", rief sie schockiert aus und überwand die letzten Meter, die die beiden noch trennten. Aly kniete sich neben Sissi hin, zog sich ihre Strickjacke aus und legte diese um Sissis Schultern, da Sissi ja immer noch zitterte. Danach bekam sie mit wie Aly ihr weißes, hübsches Sommerkleid straffte und einfach einen großen Streifen abriss.

"Aly, dein Kleid", Sissi sah geschockt auf den Streifen in Alys Hand.

"Scheiß auf das Kleid! Du blutest, also halt still damit ich dir helfen kann", mit diesen Worten legte Aly ihr den Kleiderstreifen an die blutende Stelle und band den Fetzen um ihren Kopf herum fest.

"So das dürfte bis zur Krankenstation halten. Möchtest du mir vielleicht erzählen, was das da eben zwischen dir und Tristan war?"

Nein eigentlich wollte Sissi das nicht erzählen, deswegen ignorierte sie Alys Frage und stellte selbst eine: "Du kennst ihn?"

"Ja tue ich. Er geht in die Klasse von Moritz und ist sein bester Freund, deswegen hängt er viel mit uns rum."

"Und... und wie ist er so? Ich mein vom Charakter her."

"Mmm, also so wie ich ihn kenne, ist er freundlich und hilfsbereit, aber manchmal auch ein bisschen abwesend, so als wäre er so stark in seine Gedanken versunken, so dass man glauben könnte, dass sein Körper zwar noch da ist, aber sein Geist in Mexiko tanzen gegangen ist."

Den Tristan den Aly gerade beschrieb, hatte nicht mal ansatzweise Ähnlichkeit mit dem Tristan den Sissi kannte. Naja, außer die geistige Abwesenheit, die kannte Sissi von ihm, aber auch von ihr. Aly sah Sissi gerade prüfend an und meinte dann: "Komm Sissi, lass uns wieder rein gehen."

"Ich will ihn aber nicht sehen." Gut, Sissi gab zu, dass sie sich anhörte wie ein kleines Kind, aber sie wollte ihn wirklich auf gar keinen Fall sehen.

"Musst du ja auch gar nicht. Wir können doch auch einen anderen Eingang nehmen und dann gehen wir zur Krankenstation, damit sich da jemand deine Kopfverletzung ansehen kann, okay?"

Sissi nickte, bemerkte aber wieder, dass ihren Kopf zu stark zu bewegen ein schmerzhafter Fehler war. Aly quittierte ihr zusammenzucken mit einem Kopfschütteln und half ihr dann auf. Während des ganzen Wegs, hatte Aly einen Arm um Sissis Taille geschlungen, als hätte sie Angst, dass Sissi einfach umkippen könnte. Außerdem sah Aly schon seit sie losgegangen waren so aus, als würde sie über etwas ganz angestrengt nachdenken und gerade als Sissi dass dachte, sagte Aly: "Weist du, ich glaube zwischen dir und Tristan ist etwas Schlimmes vorgefallen, etwas auf das ich gerade einfach nicht kommen kann. Außerdem glaube ich, dass du zwar nicht darüber sprechen willst, aber trotzdem glaube ich, gerade das könnte dir helfen. Du musst ja nicht gleich mit Tristan reden, du könntest ja auch mit mir reden oder du redest mit der Krankenschwester oder mit sonst wem. Auf jeden Fall solltest du mit jemanden reden, denn so wie du und auch Tristan reagiert habt, muss etwas echt Krasses zwischen euch passiert sein."

Das war echt eine beeindruckende Ansprache von Aly gewesen, doch trotzdem konnte Sissi nicht mit Aly darüber reden, nicht ohne das Risiko einzugehen, dass Aly alles erfuhr und das wollte Sissi nicht. Eher würde sie mit Tristan reden als mit Aly, da dieser eigentlich fast alles aus ihrer Vergangenheit wusste. "Tut mir leid Aly, aber ich kann mit dir darüber nicht reden, jedenfalls noch nicht."

"Schon gut. Ich bin dir deswegen doch nicht böse, aber versprich mir mit jemanden darüber zu reden und mir eine Frage zu beantworten."

"Ich werde mit jemanden darüber sprechen, dass verspreche ich dir, aber bei der Antwort auf die Frage, kommt es auf die Frage an."

"Ich möchte eigentlich nur wissen in welcher Beziehung du zu Tristan standest bzw. stehst, also ob ihr mal zusammen wart oder so..."

Der Gedanke daran das Aly dachte Tristan und sie seien ein verkrachtes Ex-Pärchen, brachte Sissi fast zum Lachen, aber eben nur fast. Sie entschied sich diese Frage wirklich ehrlich zu beantworten, da sie nicht wollte, das Aly dachte, Tristan und sie seien zusammen gewesen, also sagte sie ganz schlicht und einfach: "Er ist mein Cousin."

Aly blieb stehen und da sie immernoch einen Arm um Sissi Taille gelegt hatte, musste Sissi ebenfalls stehen bleiben.

"Dein Cousin?", fragte Aly ungläubig. War ja auch kein Wunder, sie sahen sich bis auf die gleichen hellblonden Haare überhaupt nicht ähnlich. So wie Sissi, und wie Aly gesagt hatte, auch Tristan, reagiert hatten, dachten jetzt bestimmt alle, sie und Tristan wären mal zusammen gewesen. Schöne scheiße...!

"Ja, er ist mein Cousin und ich bin seine Cousine. Sind wir eigentlich bald da, mein Kopf tut nämlich echt weh."

"Oh, ja guck, gleich neben dem Büro von Herr Seine, unseren Mathelehrer, ist die Krankenstation."

"Super", sagte Sissi erleichtert und betrat die Krankenstation, in der nur zwei Betten standen. Der Raum wirkte sauber und modern ausgestattet, aber trotzdem recht klein.

"Damon was machst du denn hier und was ist mit deinem Auge passiert?", fragte Aly Damon, der auf einem der beiden Betten saß. Sissi hatte Damon noch gar nicht bemerkt, doch wenn sie ihn jetzt da so sitzen sah, konnte man gar nicht anders, als auf sein malträtiertes Auge zu starren. Grün, blau, lila..., sein Auge strahlte echt in allen möglichen Farben. Das musste echt wehtun, doch Damon ließ sich nichts anmerken, wohingegen Sissis Gesicht bestimmt schmerz verzerrt war.

Damon wollte gerade zu einer Antwort auf Alys Frage ansetzen, als die Krankenschwester den Raum betrat. Sie hatte hellbraunes Haar und braune Augen in fast der gleichen Farbe. Sie sah noch sehr jung aus, hatte aber kein Namensschild, weshalb Sissi nicht wusste wie sie hieß.

Die Krankenschwester sah sich kurz um, doch ihr Blick blieb schnell an Sissi hängen und nach einer genauen Musterung von ihr, zwitschte ihr Blick zwischen Damon und ihr hin und her.

"Mir reichts! Ich rufe jetzt die Polizei!", schrie die Krankenschwester dann plötzlich.

Daraufhin erklang von Aly, Damon und Sissi synchron: "WAS?!?"