17. Kapitel

92 14 2
                                    

     Die Welt um uns herum verschwand, sobald meine Lippen auf seine trafen. Es gab nur noch uns, in unserer eigenen kleinen Welt, in der alle willkommen waren, egal welche Hautfarbe, Sexualität, Größe, Gewicht oder gar Religion hatten. Jeder war willkommen. Jeder. In unserer kleinen Welt gab es so etwas wie Mobbing nicht. Das Kribbeln in meinem Bauch wurde stärker und stärker. Silan zog mich näher an sich heran, legte eine Hand an meine Wange, die andere an meine Hüfte. Die Hitze um uns herum schien auf einmal zuzunehmen, dennoch zog sich gleichzeitig eine Gänsehaut über meinen Rücken und über meine Arme. Es schien fast unmöglich, doch so war es. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding und für einen Moment hatte ich das Gefühl meine Füße nicht mehr am Boden zu haben. Es fühlte sich an als würde ich schweben.
      Unsere Lippen bewegten sich erst zaghaft zusammen und ich schien nicht in den Rhythmus zu finden. Nur durch Silan fand ich langsam herein. Mein Herz schlug so wild, dass ich mir sicher war, dass er es hören konnte, da er mir so nahe war. Zwischen uns passte kein Blatt mehr. Ich spürte wie seine Brust sich gegen meine drückte, wenn er einatmete. Ich spürte dein Saum seines Shirts. Ich vergaß alles um mich herum und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt. Im Hier und Jetzt war alles gut. Ich küsste Silan und dachte nicht mehr an die Zukunft. Nach einer Weile bewegten sich unsere Lippen synchron zueinander und unser Kuss wurde leidenschaftlicher. Aus meiner Zaghaftigkeit wurde noch einem kurzen Moment alles andere als Zurückhaltung. Ich küsste ihn, als gäbe es kein Morgen, obwohl ich sicher war, dass ich nicht gut küsste.
      Zwar war das nicht mein erster Kuss, aber doch war ich noch ungeübt. Das hier war mein zweiter Kuss und ich schien genau die gleichen Fehler wie beim ersten zu machen. Silan schien das nicht zu stören. Er zog mich sogar noch enger an sich, vertiefte den Kuss und strich zart über meine Wange. Obwohl mein Bauch sich gegen seinen presste und ich beim letzten Kuss immer daran gedacht hatte, wie der Junge sich dadurch wohl fühlen müsste, war das hier nicht der Fall. Es war mir egal. Silans Lippen fühlte sich einfach zu gut an um mich zu fragen, ob er das nicht schlimm fand, wenn mein Bauch gegen seinen drückte. Wie lange wir so standen wusste ich nicht. Erst, als ich das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen löste ich mich schweratmend von ihm.
      Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er seine Stirn an meine lehnte und lächelte. »Tut mir leid, wenn mein Kuss... komisch war. Das war mein zweiter Kuss«, gestand ich leise. Sofort löste er sich von mir und strich zart über meine Wange. »Glaub mir, ich bin auch nicht sonderlich erfahren darin. Das war mein dritter Kuss. Ich denke, wir beide sind nicht die wahren Pros darin, aber dafür, dass du das erst zum zweiten Mal getan hast, war das wirklich gut.« Sprachlos starrte ich ihn an. Er hatte vor mir erst zwei Mädchen geküsst. Erst zwei. Dabei war er ein so netter Kerl und sehr charmant. Die Mädchen mussten ihm doch nachlaufen. So wirkte es jedenfalls auf mich. So ganz konnte ich nicht glauben, dass ihm kein Mädchen gewollt hatte. »Dafür, dass es erst dein dritter Kuss war, war das wirklich gut...«, murmelte ich nur.
      Er lächelte mich an und küsste meine Stirn. »Glaubst du mir ab jetzt oder muss ich dich immer wieder daran erinnern, dass ich es ernst meine?«, hauchte er. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen. »Vielleicht brauche ich noch einen Beweis.« In seinen Augen loderte ein Feuer auf, dass ich dort noch nie gesehen hatte und im nächsten Moment lagen seine Lippen auf den meinen. Wieder einmal. Die Welt um mich herum verschwand, während er mich wieder an sich zog aber mich diesmal erstaunlich sanft und zart küsste, als wäre ich aus Glas und könnte zerbrechen. Es war ein erstaunlich süßer Kuss, den ich so nicht erwartet hatte. Doch auch dieser Kuss war wunderschön und würde sehr lange in meinen Erinnerungen bleiben. In meinem ganzen Körper kribbelte es und ich hatte das Gefühl jeden Moment in Flammen aufzugehen.

     Meine Haut schien in Flammen zu stehen, während es in meinem Bauch kribbelte als würden dort Millionen Ameisen herumlaufen. In diesem Moment fühlte ich mich mehr als lebendig. Ich fühlte mich frei, geborgen und gemocht. So hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Meine Gedanken waren ganz verstummt. Nur noch mein Herz sprach zu mir. Nachdem auch dieser Kuss eine Weile gedauert hatte, löste er sich wieder von mir und lehnte seine Stirn an meine. »Beweis genug?«, raunte er leise und strich mit dem Daumen zart über meine Wange. »Für heute schon.« Bei meiner Antwort huschte ein Schmunzeln über seine rosigen Lippen und in seinen Augen funkelte der Schalk.
      »Das lässt sich wohl einrichten«, hauchte er. So standen wir eine Weile da. Stirn an Stirn. Meine Hände an seiner Hüfte, seine Hände an meinen Wangen. Ich genoss seine zarten aber bestimmten Berührungen, die mich in andere Sphären zu versetzten schienen. Wenn er mich so berührte, dann fühlte ich mich schön. Dann fühlte ich mich begehrt und gemocht. Ich fühlte mich verstanden und akzeptiert. Das war mir lange nicht mehr vorgekommen. Bei ihm durfte ich sein wie ich war. Ich musste mich nicht verstellen. Im Gegenteil. Ich konnte sein wie ich war, ohne ausgeschlossen zu werden. Tränen der Dankbarkeit stiege in meinen Augen auf. Als Silan sie sah, löste er sich alarmiert von mir und betrachtete mich von Kopf bis Fuß. »Leuchtturm, ist alles okay?«
      Bei meinem Kosenamen musste ich lächeln und schniefte. »Ich bin dir nur so dankbar, dass ich bei dir sein kann wie ich bin und mich nicht verstecken muss. Bei dir habe ich nicht das Bedürfnis meinen Körper unter Kleidung zu verstecken, wie sonst auch immer. Denn eigentlich trage ich selbst im Sommer lange Jeans und zeige meine Beine nicht so gerne, genauso wie den Rest meines Körpers. Doch bei dir macht es mir nichts aus, wenn ich nur im Badeanzug bin. Ist das nicht komisch?« Lange sah er mich an, dann lächelte er. »Nein, das ist nicht komisch. Du weißt nur, wem du vertrauen kannst.« Das Lächeln auf meinen Lippen wurde breiter und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte es sich wieder echt und schön an. Es war nicht gekünstelt und nicht falsch. Es war genau richtig.
      Ein Lächeln, dass ich nur dank ihm auf meine Lippen zaubern konnte. »Ich glaube ich muss langsam gehen, sonst machen sich meine Eltern Sorgen«, gestand ich dann, als ich ein Blick auf seine Armbanduhr geworfen hatte. Er nickte, ließ mich aber nicht los. Lächelnd sah ich ihn an. »Du musst mich schon loslassen«, wisperte ich. Silan zog mich etwas enger an sich heran. »Ich überlege ob ich mit dir gehe und wir uns eine Ausrede einfallen lassen oder ob ich dich wirklich gehen lassen und dich erst morgen wiedersehe«, gestand er mir, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das liebte ich so an ihm. Er war immer ehrlich und verschwieg nichts. Er scherte sich nicht darum was andere dachten. Er war einfach ehrlich. Lächelnd sah ich ihn an. »Dann komm doch mit, wenn du es nicht ohne mich aushältst.« Mein Angebot nahm er liebend gerne an.

Adriatische Meeresbrise - Herzrasen in KroatienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt