27. Kapitel

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     In den nächsten zwei Tagen wurde es immer schwerer vor Silan zu verstecken, was wir für ihn planten. Es fiel mir immer schwerer ihn abends anzulügen, wenn er mich fragte, was die anderen so mit mir besprachen. Ich sagte ihm immer, dass wir nur über belanglose Dinge sprachen. Was nicht stimmte. Mittlerweile hatten wir einen guten Plan aufgestellt. Wann wir losfliegen würden, was ich mit Silan und Razul dort alles machen würde, wann wir wieder zurückkommen würden und wo wir zum Essen gehen würden. Leider wollte ich ihnen bei der Restaurantwohl widersprechen. »Ich denke nicht, dass wir dort hingehen sollten. Das Restaurant war früher wirklich sehr gut aber jetzt... Das Essen schmeckt noch gut aber das Personal ist unhöflich geworden und ich denke nicht, dass es gut werden wird.« Alle starrten mich an, als hätte ich einen Knall. Uns blieb nicht viel Zeit, da Silan jeden Moment vom Klo kommen könnte.
      »Das ist Silan Lieblingsrestaurant. Natürlich gehen wir da essen. Wo denn sonst?« Innerlich zuckte ich bei dieser Antwort etwas zurück. »Aber es hat sich wirklich alles verändert. Schon letztes Jahr«, argumentierte ich, doch mein Argument wurde sofort niedergeschmettert. »Wir haben dort schon einen Tisch für alle bestellt. Jetzt gehen wir auch hin.« Da niemand meine Argumente hören wollte, hielt ich den Mund und stimmte einfach zu. Doch meine Stimmung war nun gekippt. Ich verstand nicht, warum sie mir nicht zuhören wollten. Ich verstand nicht, warum es so wichtig war, dass wir dort essen gingen. Ich verstand es nicht. Doch ich fragte nicht nach. Ich wollte nicht nachfragen. Stattdessen nahm ich einen Schluck von der kühlen Limo und versuchte nicht weiter zu widersprechen. Doch der Druck auf meiner Brust verriet mir, dass ich widersprechen wollte.
      Ich wollte ihnen widersprechen und ihnen sagen, dass das in die Hose gehen wird. Vermutlich könnte ich das aber auch einem Stein erzählen, denn das hätte den gleichen Effekt. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl nicht verstanden zu werden bei ihnen. Ich hatte das Gefühl außen vor gelassen zu werden. Wie das fünfte Rad am Wagen. Sie planten alles und ich konnte nicht viel daran ändern. Ich hatte den Tag in Split und in anderen Orten geplant, doch selbst da hatten sie andere Dinge vorgeschlagen, damit wir Zeit sparten, um rechtzeitig wieder hier zu sein, als wären wir auf der Flucht. In meinem Magen rumorte es, doch das wollte ich nicht zeigen. Stattdessen nickte und lächelte ich, als sie weiter redeten. Das Lächeln legte sich wie eine Maske auf mein Gesicht.
      Es fühlte sich falsch an, doch das Lächeln gefror auf meinen Lippen und blieb dort. Ein Mechanismus, den ich hatte. Er schütze mich. Sie merkten es nicht. Silan, der eine Minute später wieder zu uns kam, musterte mich aufmerksam. Er sprach es nicht an, er nahm einfach wieder meine Hand. Er wusste, dass etwas nicht stimmte. Da es ein windiger und wolkiger Tag war, hatten wir beschlossen eine Pause vom Bootfahren zu machen. Da es momentan regnete saßen wir bei den anderen unter dem Dach der Veranda und spielten Spiele. Als es langsam aufklarte entschieden wir uns dazu zum Strand zu gehen. Razul sollte natürlich mitkommen. Als die anderen ein paar Meter weiter vorne waren, fragte Silan leise: »Was ist los? Du wirkst du betrübt.« Ich sah ihn an und zuckte mit den Schultern.
      »Nichts ist los. Vermutlich ist es das Wetter.« Am liebsten hätte ich die Lüge zurückgenommen, doch das konnte ich nun nicht mehr. Ich hatte die Worte ausgesprochen und musste damit wohl leben. Denn diese Worte konnte ich nun nicht mehr zurücknehmen. Ich musste sie so stehenlassen, damit er sich keine Sorgen machte. Skeptisch betrachtete Silan mich, sagte aber nichts weiter. Wir liefen weiter zum Strand, während die Sonne sich durch die Wolken schob und Dampf von den Straßen aufstiegen ließ. Es roch nach Sommer, Meer und Pinien. Eine Mischung, die ich gerne für den Rest meines Lebens riechen würde, wenn es nicht so dampfig wäre. Es war, als hätte mich jemand in eine Sauna gesteckt. Es war heiß und unerträglich. Der Schweiß lief an meinem Nacken und an meinem Gesicht hinab, weswegen ich meine Haare schnell nach oben band.
      Silan schenkte mir ein Lächeln, obwohl ich Zweifel in seinen Augen lesen konnte. Als wir den Strand erreichten spielten die anderen mit Razul und er hatte seinen Spaß. Ich setzte mich auf meine Strandmatte und mein Handtuch und holte „Throne of Glass" heraus, dass Silan mir geschenkt hatte. Kaum hatte ich die Seite aufgeschlagen, wo ich aufgehört hatte, ließ sich Silan neben mir nieder und sah mir beim Lesen zu. Irgendwann bekam ich das nicht mehr mit, da ich in der Welt versank, die Sarah J. Maas dort erschaffen hatte. Ich versank in Erilia, in den Schlachten die dort auf die Protagonisten warteten und ich versank in Schmerz, Hoffnung, Trauer und vielen anderen weiteren Emotionen. An einer Stelle wurde ich totenbleich, als Elide immer wieder die gleiche Frage widerholte und niemand antwortete. Angst und Schrecken machten sich in mir breit und ich brauchte einen Moment um zu atmen. Ich sah vom Buch auf und erkannte, dass sieben Augenpaare auf mir lagen.

Adriatische Meeresbrise - Herzrasen in KroatienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt