11. Erinnerung

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Flatterhaft schlug ich meine Augenlider auf und starrte in den klaren Sternenhimmel über mir. Mein Gesicht fühlte sich förmlich versteinert an, die kalten Tränenspuren zogen kühle Linien über meine Wangen. Käfer krabbelte über meine Arme doch ich brachte kaum die Kraft zum Atmen auf. Alles war so erdrückende, wieso sich in einem Kampf dazu verausgaben aufzustehen nur um am Ende wieder härter als zu vor auf den Boden aufzuschlagen.

Völlig kraftlos sackte ich noch weiter in mich zusammen und ließ röchelnd die Luft entweichen bis mein Brustkorb sich leer und zusammengepresst anfühlte bevor ich gierig die beißende Kälte der Nacht in mich auf nahm. Mein Blick würde wieder glasig und alles begann zu verschwimmen sodass die Sterne in verschwommenen leuchtenden Punkten für mich sichtbar wurden.

Einige Momente verharrte ich so. Mit jedem Atemzug nimmt die Kälte überhand von mir, mein Körper begann kaum noch mir zu gehorchen und ich sah mich nicht mehr in der Lage mich zu bewegen.

Ein kurzes Schluchzen erschüttert meinen Brustkorb und ein Zittern rüttelt an meinen Gliedern. Ich spürte meine Fingerspitzen kaum noch, als seien sie taub geworden. Und irgendwie wünschte ich mir diese Starre würde meinen gesamten Körper erfassen, damit ich einfach gar nichts mehr spüre, weder Freude die nur ein Schein der Gesellschaft ist als auch Angst und diese scheiß Leere in mir.

Plötzlich ertönt ein Knacken. Zweige beginnen zu brechen und rieseln in winzig kleine Bruchstücke zu Boden.
Vielleicht ist es ein Wolf oder ein tollwütiger Bär der mich gleich zerfleischen wird, denkt sie und erschlafft bei diesem Gedanken noch mehr. Das Knacken schlich in immer enger werdenden Kreisen um sie herum doch würde es mit jedem Mal leider. Unangstrengt lauschte ich in die Dunkelheit bis das Knacken beinahe von meinem eigenen Herzschlag übtertönt wurde bis es fast ganz verstummte.

Dann wurde ich erneut von der Dunkelheit erfasst, wie als würde ein Schleier der Stille und Ruhe mich überkommen und mich in eine andere Welt hinüber gleiten lassen. Alles wurde mit einem Mal klarer, die Sterne über mir schimmerten noch immer prachtvoll am Himmelszelt nur wirkte ihr Schein auf mich regelrecht belebend. Der Kälte Waldboden mit den knochrigen Wurzel die sich bis gerade eben noch in meinen Rücken bohrten verschwand, löste sich förmlich unterir auf. Stattdessen fühlte ich mich wie auf einen weichen Untergrund gebettet nein sogar noch mehr...als würde ich schweben.

Mir wurde so warm, meine Glieder wurden beweglicher doch ich glitt ohne jegliche Anstrengung nach vorne. Als ich plötzlich gegen etwas stieß. Der Aufprall tat weder weh noch störte es mich körperlich, es ist, als seie ich auf eine Wand aus Watte gestoßen in die ich förmlich versank.

Doch ich war nicht allein in dieser neuen Umgebung, eine Stimme drang gedämpft aus der Watte Wand mir entgegen: "Gefällt es dir hier?"

Meine Worten verließen kaum meinen Mund als meine Antwort telepathische bereits die warme Luft erfüllte: "Ja, es ist so unfassbar...befreiend. Wie ...wie komme ich an diesen Ort?"

"Bist du denn nicht glücklich?" :fragt die noch immer verborgene Stimme.

Kurz überlegte ich und all meine Gedanken wurden in diesem Raum hörbar:
Es ist wunderschön hier.
Ich war noch nie so geborgen wie an diesem Ort.
Ich fühle mich glücklich.

"Ich...ich bin glücklich. Aber..."

"Aber was ?" : Fragte die Stimme barsch: "Ich habe diesen Ort geschaffen, aber wenn er dir nicht gefällt kannst du gerne gehen. Du kannst ohnehin nicht hier bleiben, für deine Leiden ist hier einfach kein Platz !"

Stille. Keine Gedanken überkamen mich. Leere.

Ich krallte meine Hände in die weiche Watte vor mich und ich meinte, sie würde eine angenehme Wärme absondern.

"Du fragst dich sicher was dies für ein Gebilde ist?"

"Sagst du es mir?"

Ein Rascheln ertönt als plötzlich ein Arm aus dem Inneren herraus schießt: "Ich zeige es dir."

Mit diesen Worten wurde ich in das Innere gezogen und die Watte umhüllte mich wohlig. Sie presste mir meine Lippen zusammen sodass ich kaum richtig atmen konnte, doch zum Glück konnte ich mich mit der anderen Person telepathische verbinden: "Was ist das für ein weiches Gehäuse?"

"Ein Kokon. Wie der eines Schmetterlings. Er besteht aus glücklichen Momenten und Erinnerungen und manchmal kann man zwischen ihren Fäden die Erinnerungen an damals entdecken wie sie sich abgespielt haben."

Und tatsächlich erschienen kleine Bilder in den Fadengewöllen die den Innenraum in ein sanftes Licht tauchten.

"Es ist wie ein Traumfänger, alles ungute bleibt außerhalb des Konkons und alles schöne..."

Ich blickte gebannt auf die Bilder. es waren Erinnerungen, ja, es waren meine Erinnerungen.

Ich sah Grandma  auf unserer alten Hollywood-Schaukel mit den rostigen Stangen die die geblümten Sitzkissen im Sommer immer rostrot verfärbten. Ich sah Travor der mich Huckepack durch unseren Garten trug als wir noch jeden Tag Pferdchen gespielt hatten. Ich sah meine Mutter wie ie mich in den Arm nahm und mich lächelnd anblickte. Wie lange war es her das ich sie so sorglos gesehen hatte?
Doch da war noch etwas. Voller Faszination blicke ich auf eine andere Erinnerung, eine die mir gänzlich unbekannt schien.
Ich sah mich als Baby in den Armen meiner Mutter. Ein Mann erscheint, großgebaut mit dunklem Haaren die er leger zu einem Zopf zusammen gebunden hielt. Sanft führt er seine große Hand an das kleine Gesicht und streichelt fürsorglich über das Köpfchen des Babys als wäre es ein wahrer Schatz.
Da blickt ihn meine Mutter aus glasigen Augen an: "Ich kann es Gerald nicht sagen...er ...er würde mich umbringen."
Ihre zittrige Stimme wurde förmlich von der Watte aufgefangen, die alles ungute an Emotionen abdämte, und dennoch erfasste mich ein seltsames Ziehen gefolgt von einem unheilvollen Verdacht. Doch ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, die Wärme, die weichen Wände benebelten meine Auffassung und ich war kaum in der Lage einen klaren Gedanken vor Augen zu führen denn mein Blick golt allein dieser lang zurückliegenden Erinnerung aus den vermutlichst ersten Tagen meiner Kindheit.

Sein Blick ruhte eine Weile auf dem Baby bevor seine sanfte geschmeidige Stimme erklingt: "Sie ist mein Kind, Susanne, ich werde immer für sie da sein. Und für dich egal wie du dich entscheidest. Doch ich sage dir, solltest du ihre Herkunft, ihre Wurzeln leugnen wird es unermessliche Folgen an den Tag legen sobald sie die Wahrheit erfährt."
Damit verabschiedet er sich mit einen wehmütigen Kuss auf der Stirn des Kindes und ich fühlte zeitgleich in diesem Moment als ich das Bild sah, wie ein leichtes Kribbeln an meiner Stirn auftauchte. Gespannt blickte ich auf das Bild, als sich der Mann aufrichtet, dieselben grauen Augen wie die meiner und lauschte dem Klang seiner Stimme als er flüstert: "Daddy ist für dich da, meine kleine Via. Lebe für Daddy, ja, machst du das?"

Ghost story - Wispern des TodesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt