„Una cerveza y un Gin Tonic", unterbricht uns der Kellner und ich setze mich schuldbewusst auf meinen Stuhl zurück, während er die Getränke vor uns auf den Tisch stellt.
„Gracias", murmele ich verlegen und sehe, dass Milan sich ein selbstgefälliges Grinsen verkneift.
„Algo para comer?*", fragt der Kellner und Milans und mein Blick treffen sich.
„No, comemos en casa**", erwidert Milan und am rauen Ton seiner Stimme erkenne ich, dass er offenbar nicht wirkliches Essen meint. „La cuenta, por favor.***"Der junge Mann grinst nun ebenfalls und verschwindet eilig wieder.
„Und was ist, wenn ich doch noch etwas bestellen wollte?", frage ich.
„Dann wirst du leider etwas aus meiner Roomservicekarte essen müssen", entgegnet Milan mit einer tiefen Stimme, die mein Innerstes in Pudding zu verwandeln scheint.Entgegen meinem Bedürfnis, mich hier und jetzt auf ihn zu stürzen, greife ich mein Glas und nehme einen großen Schluck des eiskalten, herben Getränks, das der Kellner vor mir abgestellt hatte.
„Du bist dir deiner Sache aber sehr sicher", murmele ich verschmitzt und Milan rollt mit den Augen.Der junge Kellner kommt mit der Rechnung, Milan gibt ihm ein paar Scheine und steht auf, bleibt jedoch vor mir stehen.
„Raphael", sagt er ernst. „Wir spielen dieses Katz-und-Maus-Spiel jetzt schon so lange. Wollen wir uns nicht darauf einigen, ehrlich zueinander zu sein? Ich fange an: ich will dich. In meinem Bett. Jetzt. Also, was sagst du?"Ich schlucke schwer und lasse mich von ihm auf die Füße ziehen.
„Okay", antworte ich heiser.
„Okay was?"
„Okay, ich will auch in dein Bett. Okay, ich will Sex mit dir. Okay, ich will in deinen Armen einschlafen. Okay, ich will morgen früh neben dir aufwachen. Okay, ich will mit dir zusammen sein", stelle ich klar.
„Okay", sagt Milan lächelnd und ich runzele die Stirn.
„Nur okay?"
„Nur okay und alles das, was du sagst."Der Taxifahrer staunt nicht schlecht, als ich dieses Mal nicht allein, sondern gemeinsam mit Milan auf die Rückbank klettere.
„Cierto, señor?****", fragt er und ich kann an dem Funkeln seiner Augen, die ich im Rückspiegel sehe, erkennen, dass er sich ein Schmunzeln verkneifen muss.
„Muy cierto", bestätige ich und blicke Milan an, der dem Mann die Adresse seines Hotels nennt.„Und was habt ihr beide für einen geheimen Auftrag?", will Milan wissen und zeigt zwischen dem Fahrer und mir hin und her.
„Vielleicht musste er gerade wegen mir nochmal den ganzen Weg zurückfahren, obwohl wir schon fast an meinem Hotel waren", gebe ich kleinlaut zu.
„Das klingt irgendwie süß", kichert Milan.
„Süß, dramatisch, sexy – ich kann die volle Palette."
Milan Blick schießt zu meinen Lippen und er murmelt: „Besonders den letzten Teil kann ich kaum erwarten."Sein Daumen malt sanfte Kreise auf meinem Handrücken und das Gefühl lässt meine Haut und meinen Bauch angenehm kribbeln. Um mich davon abzuhalten, diesen unglaublichen Mann neben mir nicht hier und jetzt auf der Rückbank dieses Taxis zu besteigen, sehe ich aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Palmen und Straßenlaternen.
„Geht es dir zu schnell?", will Milan neben mir wissen, sein Daumen stoppt kurz seine Bewegungen.
„Nein", entgegne ich ehrlich. „Das Gegenteil ist wohl eher der Fall. Wenn man bedenkt, was uns alles entgangen ist."
Ich spüre Milans Kinn auf meiner Schulter und als ich meinen Kopf drehe, sehe ich, dass er ebenfalls aus dem Fenster sieht, die Lichter der Laternen funkelnd in seinen Augen.„Vielleicht sollte es so sein", seufzt er.
Ich runzele die Stirn.
„Fängst du jetzt auch mit diesem Schicksalsgelaber an?"
Er grinst und zuckt mit den Schultern.
„Ich mag die Vorstellung ganz gern", gibt er zu. „Du kannst kaum bestreiten, dass es bei Milliarden von Menschen nicht so häufig vorkommt, dass zwei sich so oft begegnen wie wir beide."
Ich lächele.
„Erzähl das Liv, bei der rennst du mit dem Schicksal offene Türen ein."Der Fahrer hält und Milan bezahlt ihn samt eines großzügigen Trinkgeldes, bevor er mich schon fast aus dem Taxi schiebt.
„Hey! Nicht so stürmisch!", protestiere ich lachend, als er nach mir aus dem Auto klettert. Milans lange Arme schlingen sich um meine Taille und er sieht mir tief in die Augen.
„Oh, heute Abend lassen wir es langsam angehen", raunt er. „Und es wäre ratsam, wenn du dein Handy jetzt aus- und erst morgen früh wieder einschaltest, denn ich habe nicht vor, dich gehen zu lassen, Raphael Andrews."Er greift meine Hand, verschränkt unsere Finger miteinander und zieht mich mit sich in das Hotel, in dem er wohnt.
Vor dem Fahrstuhl blicke ich mich interessiert um und murmele schnippisch: „Der feine Herr gönnt sich aber reichlich."
Milan grinst nur neben mir, während er die Anzeige des Fahrstuhls im Auge behält.
„Der feine Herr hat sich Chancen ausgerechnet und wollte seinem süßen, dramatischen, sexy Freund was bieten", antwortet er und ich reiße überrascht die Augen auf.„Du bist vergeben?", entsetze ich mich und sofort packt Milan meine Schultern, als hätte er Angst, dass ich gleich wieder die Flucht ergreife.
„Nein!", ruft er. „Ich meine doch dich!"
Ich kichere und nehme sein Gesicht in beide Hände, streichele über die leichten Bartstoppeln und küsse seinen Mund.
„Ich ziehe dich nur auf, aber gut zu wissen, dass du mich als deinen Freund siehst."Sofort entspannen sich Milans Gesichtszüge und sein Lächeln kehrt zurück.
„Ich dachte, das wäre klar, Raphael", sagt er ernst. „Ich will mit dir zusammen sein."
Grinsend blicke ich mich um, küsse ihn erneut und witzele: „Und wenn ich vorher gewusst hätte, dass du mich dann in solch einen piekfeinen Laden einlädst, hätte ich mich nicht so geziert."In diesem Moment signalisiert ein Ping! die Ankunft des Fahrstuhls und Milan zieht mich mit sich in die leere Kabine. Er schiebt eine kleine weiße Zimmerkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz, drückt auf seine Etagennummer und knurrt leise: „Ich hoffe, dass du dich gleich alles andere als zierst.", während sich die Türen des Lifts langsam schließen.
______
* Noch etwas zu essen?
** Nein, wir essen zu Hause.
*** Die Rechnung, bitte.
**** Sicher?
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Weltenbummler | ✓
Ficção AdolescenteEuropa, Südamerika, Asien - Raphael ist in seinem Beruf auf allen Kontinenten unterwegs. Was passiert, wenn ihm dabei jemand begegnet, der ihn zumindest für eine kurze Zwischenlandung seine Einsamkeit vergessen lässt? Hinweis: Erwachseneninhalt, für...