22. Kapitel

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Er teleportiert sie in die Küche der Avenger. Wie üblich ist seine Magie von der großen Entfernung mit zwei Personen wieder ein wenig angeschlagen, doch es ist nicht im Entferntesten so schlimm wie das, was er vor kurzem mit Peter erlebt hat.
Vor sich sieht er niemanden, doch ein Geräusch lässt ihn sich umdrehen. Ausgerechnet der Captain ist es, der ruckartig von dem Küchentisch aufsteht, sodass sein Stuhl nach hinten umkippt. Vor ihm auf dem Platz steht eine Tasse, offenbar hat er hier bis gerade alleine Trübsal geblasen. Oder zum Scheitern verurteilte Pläne geschmiedet. Was auch immer.
„T-Tony!", ruft der Mensch und eilt um den Tisch herum auf die Beiden zu. „Wo ist Peter?! Loki, was hast du-", beginnt er schnell und in normaler Lautstärke, doch er wird unterbrochen.
„Steve, was ist?! Ich sagte doch, ich bin hier gerade beschäftigt! Wenn es schon wieder um die Kaffeemaschine geht-" „Tony! Es ist verdammt wichtig also komm jetzt endlich!"
Loki hebt überrascht die Brauen. Er hat den Captain noch nie fluchen hören und hatte eigentlich nicht geglaubt, dass es jemals dazu kommen würde. Wie unterhaltsam.
Eine Tür knallt irgendwo auf dem Flur und Schritte kommen näher. „Steve, du weißt ich liebe dich, aber wenn es nicht wirklich-", Stark steht im Türrahmen und hält inne, sieht Loki und Hela nur an. Dann spannt er sich mit einem Mal an, die Fäuste geballt donnert er auf die Beiden zu.
„Wo ist Peter?! Was habt ihr mit ihm gemacht?!"
Hela hat den Menschen schneller im Würgegriff als Loki es überhaupt mitbekommen konnte. Steve knurrt. „Lass ihn sofort los oder ich schwöre-"
„Ihr seid nicht hier, um Stark anzugreifen, oder? Sagt, welche Nachricht ihr überbringen wollt."
Loki kennt die Stimme, natürlich. Er dreht sich nicht einmal um. Also hat er sich doch nicht geirrt, als er bei seiner Ankunft eine Art Prickeln gespürt hat. Ein magisches Alarmsystem.
„Captain, Stark... Strange. Wir sind tatsächlich aus einem Grund hier. Und ja, es geht dabei um Peter."

Der brünette Mann windet sich erfolglos im Griff seiner Schwester. „Was hast du ihm angetan?!"
„Er... Lebt er noch?", fragt Rogers leise, wendet den Blick von seinem Freund zu Loki.
Hela grinst. „Überraschenderweise ja... Unkraut, für das mein werter Bruder eine Schwäche zu haben scheint."
„Was fordert ihr für ihn?" Der Magier erscheint jetzt in Lokis Blickfeld, er scheint wie üblich am rationalsten zu sein.
Loki lacht auf. „Die Steine natürlich."
Strange fixiert ihn und runzelt die Stirn. „Dir ist klar, dass wir dieses Angebot nicht annehmen werden. Also, warum seid ihr wirklich hier?"
Der Gott lächelt geheimnisvoll, dann dreht er sich zu Hela. „So wenig ist ihnen der Mensch also wert, der erst gestern fast durch deine Hand getötet wurde."
„Wenn du ihm auch nur ein Haar gekrümmt hast, ich schwöre bei Gott, ich-"
„Was, Stark? Du hast ihn die ganze Zeit nicht schützen können, warum sollte ich dich ernst nehmen? Peter ist schon seit Wochen in Gefangenschaft und ihr habt es nicht einmal geschafft, ihn zu finden. Er glaubt, ihr habt ihn schon aufgegeben."
Die Idee kommt ihm spontan. Wenn Peter Recht hat, gibt sich dieser Mann ohnehin schon die Schuld, er wird auch das glauben.
Eine Weile ist es still.

„Gebt uns Bedenkzeit", fordert Strange schließlich leise. Die anderen beiden Avenger sehen ihn schockiert an. „Steven? Du kannst nicht ernsthaft-", beginnt Rogers, doch Tony unterbricht ihn, wendet sich an Loki. „Sag ihm, dass wir ihn retten werden! Und wenn dir auch nur das kleinste bisschen an ihm liegt, du verdammtes Monster, dann lass ihn seine Tante sehen. Sie... könnte sterben."
Stark blöfft. Peters letzte Verwandte ist jung, als er sie das letzte Mal sah, ging es ihr gut. Warum sollte das plötzlich anders sein?
„Wir geben euch zwei Tage. Sind bis dahin die Steine nicht da, stirbt der Junge." Hela schubst Stark von sich weg, geht wieder zu Loki und legt die Hand auf seine Schulter. Der versteht das Signal, wechselt einen letzten Blick mit Steven Strange, ehe er sie zurück teleportiert.

Als sie wieder in der Villa sind, sitzt Thanos noch immer in einem der Sessel und Peter so klein wie möglich auf dem Sofa. Bei ihrer Ankunft heben beide den Blick.
'Loki! Geht es ihnen gut? Was haben sie gesagt?!'
Der Gott ignoriert die Gedanken des Jungen, lässt sich auf dem Sofa nieder. „Sie wollten Bedenkzeit. Peter gegen die Steine. Aber ich vermute, Strange wird meine Magie hierher zurück verfolgen, also werden sie angreifen. Und genau in unsere Falle laufen."
Thanos nickt zufrieden während Hela sich hinter das Sofa stellt und durch die Haare des Menschen fährt. Loki spürt dessen Anspannung und Abscheu, doch er interveniert nicht.
„Gut. Wenn sie kommen, kümmerst du dich um die Maschine mit dem Machtstein, Hela. Loki und der Junge benutzen den Seelenstein, um den Magier auszuschalten. Ich werde gegen den Rest kämpfen."
Loki nickt nur.
„Gut, dann warten wir jetzt, bis sie kommen..."

Sie sind fürs Erste zurück in dem Schlafzimmer, Peter sitzt auf der Kante des Bettes während Loki nachdenklich auf und ab geht.
Er wird es dem Menschen nicht sagen. Wahrscheinlich waren Starks Worte erfunden. Und selbst wenn nicht, er kann Peter nicht seine Tante sehen lassen, die Gefahr, dass er sich dann erst recht auflehnt, ist zu hoch.
'...Loki?'
Er bleibt in seiner Bewegung, wendet den Blick nicht zu dem Jungen.
'Ja, Peter?'
'Warum hast du mich mit Thanos alleine gelassen? Ich hätte bei den Avenger nichts tun können, ohne dass du es mitbekommst.'
Der Gott seufzt tief. Gerade hat der Mensch wieder eine Tiefphase im Nutzen seiner kognitiven Fähigkeiten.
'Mitbekommen ist nicht verhindern. Und ich habe Hela mitgenommen, weil ich sie nicht mit dir alleine lassen wollte. Ich nahm nicht an, dass du ihre Gesellschaft der von Thanos vorziehst. Lag ich da falsch?'
Pause. Dann: 'Nein...'

Er spürt, wie Peter zögert, ein Gefühl von Unsicherheit aber gleichzeitigem drängenden Bedürfnis.
'Ich- Können wir nach ihnen sehen? Mit dem Stein?'
Die Frage ist rhetorisch, das ist Loki bewusst. Natürlich ginge das. Er bleibt stehen und sieht den Menschen an.
„Nein."
„Warum nicht?"
'Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.'
Wut und Ärger durchfluten ihn, Peter schnaubt und wendet sich auf dem Bett von ihm ab. Loki ist es egal. Er beginnt wieder, auf und ab zu gehen.

Diese Nacht fragt Hela, Odin sei Dank, nicht nach seiner Gesellschaft. Ein paar Stunden hat er einfach schweigend mit Peter in ihrem Schlafzimmer verbracht, bis dieser auf Toilette und seine Zähne putzen wollte. Beides Dinge, die Loki für ihn magisch hätte erledigen können, doch der Gott weiß, dass diese menschlichen Sachen Peter beruhigen und Sicherheit geben. Also begleitet er ihn kommentarlos zum Bad, reicht ihm davor eine Zahnbürste, die er ebenso wie ein paar geklaute Nahrungsmittel in der Zwischendimension verwahrt hat.
Der Brünette nimmt den Gegenstand apathisch entgegen und geht dann damit zu dem Waschbecken, lässt Wasser darüber laufen. Streckt die Hand aus, worauf Loki ihm auch Zahnpasta reicht.
'Danke...'
Er schläft schlecht, der Mensch. Unruhig. Loki musste ihn in der Nacht zuvor zweimal von einem Alptraum aufwecken. Diese Entwicklung ist neu und er vermutet Helas Einfluss dahinter.
Während der Gott Peter beim Putzen der Zähne zusieht, denkt er darüber nach.
Bis der Mensch einen Blick in den Spiegel vor sich wirft und zusammenzuckt. Ungläubig nach seinem Gesicht fasst.
Loki kann sich vorstellen, was ihn irritiert. Er ist blass, seine Augen haben den Glanz verloren und darunter befinden sich dunkle Ringe. Der Mensch wirkt nicht mehr wie gerade ein paar Jahre Volljährig.
Aber ihm gefällt es. Peter war schon immer ungewöhnlich schön gewesen, Loki sieht keinen Punkt, das zu verneinen. Aber damals war er ein Kind, unerfahren, naiv und zu makellos.
Jetzt endlich kommt langsam der Kämpfer aus ihm hervor, der werdende Mann. Ja, es gefällt dem Gott wirklich gut. Ebenso wie der Bart, der jetzt, wo Loki sich nicht mehr darum kümmert, langsam zu wachsen beginnt. Noch nicht viel mehr als ein Schatten, doch vielversprechend.
'Ich bin hässlich', hört er Peter denken, wahrscheinlich nur versehentlich an ihn gerichtet. 'Ich sehe aus wie eine verdammte Leiche. Gut, dass Tony mich nicht so gesehen hat... Und kein Wunder, dass Loki-' Peter schüttelt den Kopf und wendet den Blick wieder von dem Spiegel ab, beugt sich über das Waschbecken und spuckt. Widerlich.
'Warum hast du mir nicht mal gesagt, wie furchtbar ich aussehe?', fragt der Mensch, diesmal bewusst an ihn gerichtet, während er seine Zahnbürste unter dem Wasser abspült.
Loki mustert ihn.

'In Asgard hieß es, jede Narbe mache einen Mann schöner, jeder Makel ihn stärker.'
Peter seufzt und reicht ihm die Zahnbürste zurück. 'Du bist beides, auch ohne Narbe und Makel, also erzähl mir nichts. Du willst mich nur demütigen, nicht wahr? Je schlechter ich mich fühle, desto glücklicher macht es dich.'
Loki transportiert die Zahnbürste zurück in die Zwischendimension, ebenso die angereichte Zahnpasta. Ehe Peter jedoch seine Hand wieder zurückziehen kann, umfasst er dessen Gelenk und zieht ihn so zu sich heran.
'Wollte ich dich demütigen, sähest du anders aus...'
Er lässt den Menschen los und fährt mit dem Daumen über Peters Kinn hoch zu seinem rechten Wangenknochen.
'Du gefällst mir so.'

Spider-Man and the God of MischiefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt