Kapitel 12

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Die erste Nacht war unruhig für Jason. Stundenlang lag er in seinem Bett und starrte an die Decke, über der er das unruhige Atmen und Herumwälzen des Jungen hörte. Doch er war nicht wütend auf seinen unruhigen Schlaf oder den Jungen über ihn, sondern auf sein eigenes Verhalten.

Wie konnte Jason nur so dumm sein und diese Furie von Ascario mit dem Jungen gleichsetzen? Er hatte ihm nichts getan, ganz im Gegenteil. Er war sogar eigentlich sehr nett und schlecht sah er auch nicht aus. Verdammt, keine 24 Stunden sind vergangen und er hat seinen Mitbewohner schon auf Abstand gebracht.

Er nahm seine Decke und warf sie über den Schreibtischstuhl. So konnte er nicht schlafen, seine Flügel reichten komplett aus. Er versuchte wenigstens etwas Schlaf zu bekommen, immerhin ging es morgen mit dem Unterricht los.


Jason schreckte hoch. Ein Schrei hatte ihn geweckt. Bestimmt nur geträumt, dachte sich Jason und sank wieder zurück ins Bett und wollte gerade wieder die Augen schließen, als er einen zweiten, leiseren Schrei hörte. Er kam von oben. Langsam stand Jason auf und schlug kurz mit den Flügeln, ehe er vor der Tür seines Mitbewohners stand. Er überlegte. Sollte er reingehen? Oder sollte er ihm seine Privatsphäre lassen? Ein leises wimmern nahm ihm die Entscheidung ab.

Vorsichtig schob er die Tür zurück und ging in den Raum. Vorsichtig sah er sich um und bemerkte das Bett, in dem sich anscheinend jemand wand. Jason schlich langsam weiter, ehe er das Bett erreichte. Sein Mitbewohner schwitzte und murmelte vor sich hin, ein Albtraum. Vorsichtig versuchte er den Jungen aufzuwecken und aus seinem Traum zu holen, als dieser plötzlich die Augen aufschlug und Jasons Hand griff.

SchemenhafteBilder, nicht mehr als Licht und Schatten, gegossen in Form, flatterten vorseinem Auge vorbei. Doch was er sah, ließ ihn schlecht werden. Er sah einenkleinen Jungen, der zusammengekrümmt auf dem Boden lag, die Flügel wurden ihmgewaltsam auf den Rücken gebogen und dort mit einer schweren, schwarzen Kettefestgehalten. Das Gesicht des Jungen war nur noch ein See aus Blut und Tränen,der sich am restlichen Körper fortsetzte und auf dem kalten und dreckigenSteinboden in Form einer beachtlichen Blutlache ihren schrecklichen Höhepunktfanden.

Der Junge schien bewusstlos zu sein, doch die Schatten hörten nichtauf. „Nutzloses Miestvieh!", brüllte einer und trat dem Jungen in die Rippen, „Abschaum!",brachte ein anderer hervor und trat dem Jungen gegen den Kopf. „Hoffentlichfindest du deine zweite Hälfte, nur um ihm beim sterben zu zusehen!", raunteein anderer und trat dem Jungen in den Schritt, ehe sich die Bilder auflöstenund Jason in die Wirklichkeit zurückgezogen wurde.

Vor Schreck taumelte Jason ein paar Schritte zurück, doch die Hand ließ ihn nicht los: die Augen des Jungen waren nun nicht mehr azurblau, sondern tiefrot, als würde man in ein loderndes Feuer starren und vor Schreck geweitet. Und etwas weiteres fiel ihm auf: die Flügel des Jungen waren aufgestellt, als wäre er bereit zum Kampf.

Langsam erlosch das rot in seinen Augen und das blau kehrte zurück. Hastig ließ der Junge die Hand los und mit ein genuschelten ,,Tschudigung" flitzte er runter und raus. Jason saß wie vor den Kopf gestoßen noch immer auf dem Boden. Diese roten Augen hatten etwas an sich, dass ihn nicht ruhig werden lassen konnte. Sein ganzes Verhalten war komisch.

Verwundert schüttelte Jason den Kopf und ging zurück in sein Zimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er in 5 Stunden aufstehen müsste. Wenigstens etwas Schlaf wollte er noch bekommen.

Der Wecker klingelte ihn unbarmherzig aus dem Bett. Vorsichtig setzte sich Jason auf und strich sich die Federn glatt. Ein Nachteil mit diesen Flügeln: wenn man nicht aufpasst, landen sie unter einem und man legt sich direkt wieder hin. Er ging ins Bad und sah sich im Spiegel an. Die Augenringe zeugten von der letzten Nacht. Langsam wusch er sich und stieg unter die Dusche. Die vor Schreck und Angst geweiteten roten Augen hatten ihn auch im Schlaf verfolgt. Hoffentlich half das kalte Wasser.

Nach ein paar Minuten stieg er auch wieder heraus und schlang sich ein Handtuch um die Hüfte, ehe er ins Zimmer zurück ging und sich nur eine Jogginghose anzog. Er hatte noch genug Zeit zum Frühstücken und umziehen. Noch müde ging er langsam aus seinem Zimmer und segelte hinunter in die Küche. Erst mal was essen, dachte sich Jason und stellte die Pfanne auf den Herd, ehe er Speck und Eier hinein gab.

Er nahm seinen Teller und ging zum Esstisch, als plötzlich die Tür zur Wohnung aufging. Vor Schreck hatte Jason beinahe den Teller fallen lassen und zuckte mit den Flügeln: sein Mitbewohner war übersäht von Schnitten, Blutergüssen und blauen Flecken. An seiner aufgeplatzten Lippe klebte noch Blut, dass seine strahlend weißen Zähne bedeckten. ,,Was...Was ist denn mit dir passiert?", fragte Jason geschockt und löste sich langsam aus seiner Starre und ging auf den Jungen zu.

,,Lass mich in Ruhe, Federvieh", raunte er und flog in sein Zimmer. Verdutzt blieb Jason stehen. Hatte er ihn gerade Federvieh genannt? Jason schnaubte wütend. Er wollte sich eigentlich bei dem Jungen entschuldigen und helfen, aber wenn er in solch ein Schlamassel selbst rein kann, kann er auch wieder raus kommen, dachte er sich und fing an zu essen.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er sich jedoch beeilen muss. Schnell aß er auf und stellte den Teller, den er für den Jungen vorbereitet hatte, in den Backofen. Sollte er doch zur Not selber kochen. Schnell zog er sich um und ging zur Tür, dicht gefolgt von einem nur notdürftig verarztetem Jungen. Jason sah ihn und seine Pflaster an, doch er ging einfach an ihm vorbei aus der Wohnung. ,,Arschloch", murmelte er leise.

An der Tür blieb er stehen und sah auf das Schild. Unter seinem Namen stand ein zweiter: Bel Elais. ,,Bel also", raunte Jason. Immerhin hatte er jetzt einen Namen, mit dem er seinen Mitbewohner ansprechen konnte.


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Wer der Kleine wohl war? Schön waren die Bilder auf jeden Fall nicht.

Und die erten 24h mit Bel und Jason waren ja schon mal super, besser kann es ja also nicht werden.


Und nun zur Ankündigung: ich wurde von einem anderen Digitalanbieter (nicht Wattpad) angeschrieben, da sie die Story als Exklusivtitel haben wollten. Keine Sorge, ich hab nein gesagt, ich will es euch nicht wegnehmen. Jedoh haben die auch Interesse an einer anderen Story gezeigt, die zur Zeit der punischen Kriege (Rom vs Karthago) spielt. Mal sehen, ob das was wird...

Soaring Skies - Wie hoch kannst du fliegen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt