„Wir werden das mit dem Rat absprechen müssen, aber es steht gut!“, meinte Minho, als wir das Labyrinth verließen. „Was?“, fragte ich nach. „Es sieht gut aus, dass du Läuferin wirst“, wiederholte er etwas genervt. „Wirklich?“, fragte ich lachend. Unglaublich. Ich würde Läuferin werden. Ich umarmte Minho kurz, obwohl wir beide total verschwitzt waren, und lief dann auf Newt zu. Ich würde wirklich Läuferin werden! Minho war stehen geblieben, nachdem ich ihn umarmt hatte, kam dann aber nach. „Wie war´s?“, fragte Newt lächelnd und ich grinste über beide Ohren. „Echt super! Minho meint, das es gut steht!“ „Newt, kann ich dich kurz sprechen?“, fragt Minho hinter mir und Newt nickte. Beide sahen besorgt aus. Was war los? Newt lächelte mich kurz an und ging dann mit Minho.
Ich überlegte kurz und dann fiel es mir wieder ein. Gally. Den konnte ich nerven! Ich setzte mich also auf einen Baumstamm und sah dem Hüter beim Arbeiten zu. „Du machst das toll!“, lachte ich und er drehte sich zu mir um. „Du könntest mir helfen“, grinste er zurück. Also stand ich auf und hielt ihm ein Brett, damit er Nägel reinhauen konnte. „Wieso bin ich das Einzige Mädchen?“, fragte ich aus Frust und sah ihm dabei an. Meine Stimmungsschwankungen waren heute einfach unglaublich! Ich wusste nicht genau, ob ich es selbst positiv oder negativ meinte, aber was es auch war: ich kam zurecht damit.
Er unterbrach seine Arbeit und erwiderte meinen Blick. „Ich weiß nicht. Vielleicht damit sich die Jungs erfreuen können!“, lachte er und ich schlug ihm gegen den Arm. „Nicht witzig!“
„Doch, irgendwie schon. Ehrlich gesagt weiß ich nicht was du hier allein machst. Ich mein, das sind alles hormongesteuerte Strünke. Ziemlich gefährlich für ein Mädchen wie dich!“, meinte er und sah mich nun ernst an. „Vorsicht! Du hättest mir gerade fast ein Kompliment gemacht!“, warf ich dazwischen und er grinste. „Newt und ein paar andere, darunter ich, haben sich unter Kontrolle, aber wir sind um die dreißig Jungs. Das kann schon mal schief gehen!“ Ich nickte. „Was ist Minho für ein Typ? Ich mein, Newt verbringt viel Zeit mit ihm und ich verbringe viel Zeit mit Newt“, versuchte ich das Offensichtliche zu verstecken und zum Glück fragte Gally nicht weiter nach. „Er hat seine Launen. Aber was antun würde er niemanden etwas, denk ich. Er ist in Ordnung“, antwortete er und ich lächelte leicht. „Weißt du, ich find´ es echt süß wie Newt, Minho und du euch Sorgen um mich macht. Ich könnte euch egal sein, aber das bin ich nicht“, meinte ich. Wieso war ich denn heut so tiefgründig? Ich war den dritten Tag hier. „Das ist doch klar. Du bist für uns wie eine Schwester!“, lachte er. Das versetzte mir einen kurzen Stich. Wenn mich Minho nur wie eine kleine Schwester sah, dann hatte er nicht die gleichen Symptome wie ich. Bei seiner kleinen Schwester hatte man keine beschleunigte Atmung, kein Herzklopfen, kein Kribbeln. „Empfindet ihr alle drei für mich wie eine Schwester?“, fragte ich vorsichtig, sah aber nicht zu ihm. „Also ich schon. Newt vermutlich auch. Was mit Minho ist, weiß ich nicht genau. Dafür kenn ich den zu schlecht“, meinte er und ein kurzes, erleichtertes Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. „Ich seh dich auch wie ein Bruder. Mein Lieblings Bruder, wenn ich welche gehabt hätte“, lachte ich und sah ihn an.Der Rat hatte beschlossen mich als Läuferin einzustellen und da die Duschen voll belegt waren und ich trainieren musste, lief ich noch ein paar Runden an der Mauer entlang. „Na Kleines, was machst du hier?“, fragte mich eine Stimme, als ich den Wald erreichte. „Sieht man doch. Laufen!“, entgegnete ich und sah mich um, konnte aber niemanden erkennen, da es dunkel war. Ich beschleunigte mein Schritt. „Willst du nicht zu mir kommen?“, fragte die Stimme wieder. Langsam wurde es echt gruselig. Plötzlich wurde ich an einen Baum gedrückt. Eine Hand glitt an meine Hüfte, fuhr meine Seite entlang. Ich versuchte mich zu wehren, doch er war zu stark. Panik breitete sich in mir aus, als seine Hand unter mein Shirt glitt und meinen Bauch entlang nach oben fuhr. Bevor er weiter gehen konnte, trat ich ihm zwischen die Beine, nachdem ich aus meiner Starre erwacht war. Er brach zusammen und ich rannte los. Jedoch hielt er mich am Knöchel fest und ich fiel. Er legte sich auf mich und hielt meine Arme mit einer Hand fest. Ich wimmerte und versuchte zu schreien, doch er hielt mir den Mund zu. Meine Schreie wurden also gedämpft, aber nicht unüberhörbar. Er rieb sich an mir. Erst langsam, dann immer schneller. Ich hörte ein knacken der Äste und schrie so laut ich konnte. Wie aus dem nichts wurde der Kerl von mir runter gerissen und ich sprang auf. „Fass sie noch einmal an und ich brech´ dir die Finger!“, schimpfte mein Retter und ich erkannte die Stimme sofort. Minho. Er drückte mich an sich und strich mir beruhigend über den Rücken. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und atmete seinen Duft ein. Es beruhigte mich unheimlich ihn hier zu haben. Ich krallte mich in sein Shirt, damit er ja nicht weg konnte. Er nahm meine Hand und führte mich rauf in mein Zimmer, ohne das uns jemand sah.