Kapitel 10

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Er wurde gestochen?“, rief ich und hielt mir sofort die Hand vor dem Mund. Newt hatte uns Läufern gerade erzählt, was sich abgespielt hatte, als wir im Labyrinth waren. Ben wurde gestochen. Am Tag. Das verändert alles. Es war schon schlimm, dass ein Griever mich und Minho angegriffen hatte, aber gestochen wurde seitdem ich hier war niemand.
„Er ist im Loch. Wir müssen ihn verbannen“, fuhr Newt fort. Minho nickte, ich war unfähig dazu. Ich hatte Ben nicht sonderlich gut gekannt, aber er war ein Läufer. Er war einer der Lichter. Er gehörte zu uns. Jetzt war er so gut wie tot.
Minho nahm tröstend meine Hand und strich mit seinem Daumen darüber. Ich lächelte ihm leicht zu und lehnte mich an seine Schulter. Es tat mir leid für ihn. Er hatte einen Läufer verloren. Er hatte einen Freund verloren.
„Okay“, flüsterte ich nach einigen Schrecksekunden.

Minho brachte Ben zum Südtor, wo die ganzen Lichter versammelt waren. Einige mit riesigen Zahnstochern, andere mit Lanzen an denen andere, kleinere Stöcke quer angebracht waren. Kreativ. Sie ließen Ben in die Mitte. Seine Fesseln wurden durchgeschnitten und als das Tor anfing sich zu schließen, schoben die Lanzenträger ihn ins Labyrinth. Es war grauenvoll mit anzusehen. Seine Schreie zu hören. Minho stand als letzter an der Mauer gelehnt, als die Tore sich endgültig geschlossen und Ben´s Todesurteil unterschrieben hatten. Es traf ihn viel mehr, als er zugeben wollte. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn. Er schlang seine Arme um mich und vergrub sein Gesicht an meiner Halsbeuge. „Es tut mir so leid Minho“, flüsterte ich. Er löste sich nach Kurzem wieder von mir und ging dann an mir vorbei. Ich seufzte und lief ihm dann nach. Unsere Wege trennten sich dann, als ich die Richtung zu Newt einschlug. „Tut mir leid Newt.“ Ich schloss ihn ebenfalls in meine Arme und küsste dabei kurz seine Wange. „Schon okay Sky. So ist das nun mal“, hauchte er und legte seinen Kopf kurz an meiner Schulter ab. Dann ließ er mich wieder los und lächelte kurz. Niemand sagte irgendwas, nachdem ich Newt verlassen hatte. Es wurde spät, also hatte ich mich auf den Weg in mein Zimmer gemacht. Es war so still auf der Lichtung. Nur das Labyrinth war zu laut. Ich legte mich in mein Bett und versuchte über den Tag nachzudenken. Es zu verstehen. Ich schlief dabei irgendwann ein.

Sky, hör mir zu...hör mir zu....sie kommen...Sky, pass auf dich auf...sie kommen

„William“, hauchte ich und saß kerzengerade im Bett. Schweißgebadet hielt ich mir den Kopf, der schrecklich schmerzte. „Was ist los?“, fragte Newt und sah mich beunruhigt an. „Nichts. Schon okay“, flüsterte ich und zwang mich zu einem Lächeln.
„Wer ist William?“
„Ich glaub, dass ist mein Bruder.“

„Hör zu. Du wirst heut allein laufen. Ich mach das echt nicht gern, aber Alby kann ich nicht...“, ich unterbrach ihn sofort. „Keine Panik. Macht euer Ding“, lächelte ich und küsste seine Wange, als wir uns im Flur begegneten. „Wir müssen Ben´s Spur verfolgen“, erklärte er. Ich nickte und ging dann. Ich musste durch den Traum unbedingt duschen. Ich ging jeden früh duschen, aber diesmal war es noch nötiger. Ich stand länger als sonst unter der Dusche. Dieser Traum. Es machte mir einfach Angst. Ich kannte diese Stimme, obwohl ich mich nicht mehr erinnern konnte. Wieso wusste ich seinen Namen? Wieso überkam mich das Gefühl, dass er mein Bruder sei? Was war hier los?
o0o0o
„Wir sehen uns später“, verabschiedete sich Minho, als die Tore sich öffneten und wir losrannten. Es war das erste Mal, dass ich allein im Labyrinth war. Ich hatte tierisch Angst, aber das gab mir ein Adrenalinstoß und ließ mich nur noch schneller laufen. Es war ziemlich ruhig. Jetzt wusste ich, warum Minho am liebsten allein gelaufen war. Nun ja, bis ich halt kam. Newt hatte mir erzählt, wie beruhigt er danach war. Ich hatte schmunzeln müssen.
Ich versuchte irgendwas neues zu entdecken, doch ich und Minho waren schon alles abgelaufen. Hatten jeden Abschnitt untersucht, aber nie was direkt Neues gefunden.
Es fing an zu regnen, doch das störte mich nicht im geringsten. Der Regen spülte nur die Gedanken an meinen Traum weg. Ich wollte die Stimme nicht mehr hören. Sie überflutete mich nur mit einer Menge Emotionen und darauf konnte ich beim laufen verzichten.
Ich verließ das Labyrinth eine Stunde vor Torschluss und gesellte mich zu Newt. „Hey Jungs“, grinste ich und sah erst meinen besten Freund, dann Chuck und zum Schluss Thomas an. „Wie war´s bei euch?“
„Nicht besonders aufregend. Und bei dir? Ich mein, du bist das erste Mal allein gelaufen!“, entgegnete Newt und ich lächelte sofort. „Beruhigend. Ich mein, ich liebe es mit Minho zu laufen, aber das war mal eine Abwechslung“, berichtete ich und setzte mich zu Chuck auf den Baumstamm. „Du machst das gut Thomas“, ermutigte ich den Frischling. Ich bewunderte seine Arbeit ein paar Sekunden, grinste ihn an und widmete mich dann wieder Newt. „Sind Alby und Minho schon zurück?“, fragte ich und runzelte die Stirn. Eigentlich sollten sie schon längst da sein. „Kann ich kurz mit dir reden?“, entgegnete Newt etwas nervös und ich nickte, bevor ich ihm folgte. „Die Tore schließen sich in ein paar Minuten. Irgendwas stimmt da nicht“, flüsterte er und ich spürte, wie mir kurzzeitig die Luft zum Atmen genommen wurde. Wenn sie es nicht schafften... Ich wollte es mir gar nicht ausmalen. „Wir gehen zum Tor. Jetzt!“, forderte ich, ergriff sein Handgelenk und zog ihm zu dem Tor, an dem sich Minho heute morgen von mir verabschiedet hatte. „Sky. Sie haben nur noch ein paar Minuten“, flüsterte Newt und ich wurde immer panischer. Hinter uns versammelten sich andere Lichter. Neben Newt traten Thomas und Chuck. Die Tore fingen an sich zu bewegen. Zeitgleich kam Minho um die Ecke, halb auf ihm Alby. Alle fingen an zu schreien, er solle sich beeilen. Ich war starr. Unfähig, irgendwas zu unternehmen. Ich sah nur in Minho´s Augen, die mir meine Angst bestätigten. Er würde es nicht schaffen.

The Maze Runner ~ Minho/OC FF  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt