Anti-Romantic 🖇 Chanlix/Hyunlix

02

Ich kann nicht genau sagen, wann der Entschluss fiel, zu Han nach Hause zu gehen. Jedenfalls sitzen wir jetzt im Kreis in seinem Wohnzimmer und spielen Wahrheit oder Pflicht. Die anderen haben bereits ein paar Drinks intus und lachen fröhlich, während ich als Einziger nüchtern blieb. Geistig schienen wir immer noch 16 zu sein. Ich spüre, wie die Stimmung im Raum stieg. Wahrscheinlich wäre alles lustiger, wenn ich genug Alkohol getrunken hätte, um die Hemmschwelle meines Schamgefühls endgültig zu überwinden. Aber was soll ich machen?

Gebannt starrte ich auf die sich drehende Glasflasche in der Mitte, die immer langsamer wurde, bis sie schließlich vor Chris zum Stillstand kam. „Boys oder Girls? Wer fickt besser?", quietschte Han, und ich hob interessiert eine Augenbraue. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich hören wollte, denn sie könnte die Gerüchte bestätigen, dass Chan schon mit vielen im Bett war. Ob er jemals in einer festen Beziehung war, wusste ich nicht.

„Typen...", grinste der Australier, während er seine Arme hinter dem Kopf verschränkte und selbstbewusst zurücklehnte. „Sie wissen einfach, was sie wollen, und sind dabei verdammt heiß"

Ich konnte seine Aussage nur bestätigen. Recht früh fand ich heraus, dass ich mehr zum gleichen Geschlecht angezogen wurde. Zudem war ich schon seit einigen Jahren geoutet und konnte demnach ganz offen mit meiner Sexualität umgehen. 

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als plötzlich alle Blicke auf mich gerichtet waren. „Liiiixx!", quietschte Jeongin, seine Stimme übertönte das Gelächter der anderen, und mir wurde bewusst, dass ich nun an der Reihe war. Ein leichtes Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus, als ich nervös zu Chan hinüberschaute. „Bist du noch Jungfrau?", fragte er direkt, sein Gesichtsausdruck ernst. In seinen Augen spiegelte sich etwas, das ich nicht richtig deuten konnte—eine Mischung aus Neugier und einer unerklärlichen Herausforderung, die mir ein mulmiges Gefühl gab. Der Raum schien für einen Moment stillzustehen.

Ich wusste, was für eine Antwort er erwartete. Schließlich war ich der kleine Sonnenschein mit den vielen Sommersprossen...die Unschuld in Person. Doch als ich seine Frage mit einem selbstsicheren „Nein" beantwortete und ein schelmisches Grinsen auf den Lippen trug, schien er völlig überfordert. Seine Augen weiteten sich, und für einen kurzen Moment war das Gelächter um uns herum verstummt. Es war, als hätte ich eine unerwartete Wendung ins Spiel gebracht, und ich konnte die Mischung aus Verwirrung und Überraschung in seinem Gesicht nicht ignorieren.

Hyunjin prustete neben mir los. „Damit hast du wohl nicht gerechnet, dass unser kleiner Lixie gar nicht so unschuldig ist, wie er aussieht." Chan sah nur mit einer hochgezogenen Augenbraue zu, seine Miene verriet eine Mischung aus Überraschung und noch etwas anderem, was ich nichz deuten konnte. Um der unangenehmen Situation zu entkommen, griff ich hastig nach der Flasche vor mir und drehte sie entschlossen. Alle Blicke folgten dem Glas, das sich langsam drehte, während ich nervös darauf starrte. Schließlich kam die Flasche vor Hyunjin zum Stillstand, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Mein bester Freund zwinkerte mir  zu, und ich versuchte, seine Geste zu deuten. „Wahrheit oder Pflicht?", fragte ich ihn leicht verwirrt, während mein Herz schneller schlug. Irgendwie ahnte ich, wohin das führen würde. „Pflicht", entgegnete der Blonde, sich provokant nach vorne lehnend, und sein Blick war herausfordernd. 

„Küss mich", wisperte ich und legte meine Lippen sanft auf seine. 

Hyunjins Küsse schmeckten nach warmen Sommernächten, und ich konnte mich jedes Mal in ihnen verlieren. Es fühlte sich an, als wären unsere Lippen füreinander gemacht, denn sie passten perfekt zusammen, sanft und doch voller Intensität. Die Welt um uns herum verblasste, und ich wollte diesen magischen Moment festhalten. Doch ein lautes Räuspern riss uns abrupt aus unserer Scheinwelt. Ich drehte mich um und sah, dass es niemand anderes als Minho war, der uns mit einem leicht angewiderten Blick betrachtete. Seine Augenbrauen waren hochgezogen, als wollte er sagen, dass er diese Szene nicht ganz ertragen konnte.

 Hyunjin kommentiere dies nur mit seinem erhobenem Mittelfinger.

 "Lino ganz ehrlich fick dich, wie oft muss ich dich und Han bitte beim rumlecken ertragen. Also lass mir meinen Spass."

Han, der am anderen Ende des Kreises saß, grinste breit und rief: „Lino! Sei nicht immer so abweisend. Das ist doch das Beste am Spiel!" 

Die anderen stimmten ein, und ich fühlte, wie sich die Energie im Raum auflud.

Hyunjin, immer noch mit einem schelmischen Lächeln, wandte sich an mich und flüsterte: „Lass uns nicht von der Zicke aufhalten. Wir haben schließlich noch mehr Runden vor uns."