Epilog

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Legolas saß auf einer steinernen Bank in Bruchtal, neben ihm die Treppen, die zu diesem Ort führten. Von dort, wo er war, schaute er über den Palast hinweg in das weite Tal, an dessen Seiten die Wasserfälle herabrauschten. Die winzigen Wassertröpfen wurden in das rubinrote Licht der untergehenden Sonne getaucht und bildeten so kleine Regenbögen, die in ihrem Farbenreichtum leuchteten. Die feinen silbernen Fäden, die in den Stoff seiner weißen Tunika gewebt wurden, glitzerten ebenso in diesem Licht, genau wie sein goldenes Haar. Seit sie Düsterwald verlassen hatten, waren mittlerweile fast drei Monate vergangen, und es wirkte fast, als ob jeder Tag noch schöner als der vorherige war.

Er hörte entfernte, sanfte Schritte auf den Stufen der Treppen, und ein warmes Lächeln erhellte sein Gesicht, als er auf Estel blickte, der auf ihn zukam. Der Mann sah wunderschön aus - ein zarter, goldener Reif zierte sein kastanienbraunes Haar, und er trug ein purpurrotes Gewand mit kunstvoll gestickten Mustern. Der Elb erkannte, dass er etwas in den Händen hielt, aber als Estel zu ihm aufblickte und die letzten Stufen nach oben stieg, konnte er nicht anders, als in diese mondgrauen Augen zu schauen.

Er stand auf und trat an Aragorn heran. „Das hat Elrond also für dich zum Anziehen für Morgen rausgesucht?", sagte er lächelnd, während er mit seinen Fingern über den Stoff des Gewandes an der Brust seines Geliebten fuhr.

„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll... So etwas zu tragen ist so ungewohnt...", antwortete der Mann und seine Arme hielten den Elben fest an der Taille.

„Morgen ist dein Geburtstag, Estel, Elrond würde es sicher nicht für gut befinden, wenn du deine übliche Kleidung tragen würdest. Obwohl es mir absolut nichts ausgemacht hätte, du bist immer wunderschön", flüsterte Legolas und fing Aragorns Lippen in einem liebevollen Kuss.

„Genau wie du, meleth, manchmal habe ich das Gefühl, dass du heller strahlst, als die unzähligen Sterne am Himmel, oder Anor (die Sonne) selbst", gab der Mann zurück und schaute intensiv in die saphirblauen Augen des Elben, während er mit seinen Fingern die Wangen seines Geliebten streichelte.

Doch plötzlich seufzte Aragorn. „Legolas, Elrond hat mir eine Nachricht überbracht", begann er, woraufhin der Prinz ihn erwartungsvoll und gleichzeitig besorgt ansah, weil die Stimme des Mannes ernster geworden war. „Sie haben Otherion gefunden", fuhr er schließlich fort und beobachtete Legolas' leicht geschockten Gesichtsausdruck. „Sie fanden aber nur seinen toten Körper... und dabei lag dieser Brief", beendete er und zeigte dem Elben das Pergament.

Legolas' Blick richtete sich auf das Schreiben und er zog es vorsichtig aus dem Umschlag. „Ist das von ihm?"

„Ich weiß es nicht, ich habe es noch nicht gelesen, er wurde nur von deinem Vater geöffnet, der ihn dann hierhergeschickt hat", antwortete Estel und der Prinz faltete das Pergament langsam auseinander.

Ich weiß nicht, wer diesen Brief zuerst lesen wird, ob es mein Vater oder Legolas ist, aber egal wer von euch beiden es sein wird, das was ich schreiben werde, wird an euch beide gerichtet sein, aber vor allem an Legolas.

Dass ihr mich so gefunden habt, war das einzig Richtige und ihr wisst das, denn ich bin mir nun bewusst, dass ich das Leben nicht mehr verdient habe.

Ich weiß, dass alles offenbart ist, was ich tat, aber das ist nicht der Grund, warum ich das hier schreibe. Ich will auch nicht, dass das hier als Entschuldigung angesehen wird, denn meine Taten sind nicht mehr zu entschuldigen, auch wenn ich jetzt, nach der ganzen Zeit, das erste Mal gemerkt habe, was ich eigentlich angerichtet habe.

Als mein Vater mit der Nachricht in den Palast kam, dass meine Mutter tot ist, konnte ich es zuerst nicht wahrhaben. Aber als ich sah, wie ihre Leiche an mir vorbei weggetragen wurde, begriff ich es, und ab diesem Punkt war ich nicht mehr ich selbst, ich hatte das Gefühl in eine tiefe Schlucht gefallen zu sein, direkt in die Dunkelheit, und ich fand keinen Ausweg, ich fand das Licht nicht, ich habe es bis heute nicht mehr gefunden.

Licht meines Lebens | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt