Kapitel 19: Mein Sternenlicht

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Er schlug die Augen auf. Er konnte sich kaum bewegen, seine Gliedmaßen waren wie gelähmt. Sein Blick schweifte durch den Raum – er war allein. Als er sich auf seine Hände stützen wollte, um aufzustehen, durchzog ein scharfer Schmerz seinen Körper.

Wie lang hatte er auf diesem Boden gelegen, ohne Wasser, Nahrung oder Heilung seiner Wunden? Estel fühlte sich kraftlos und er erinnerte sich nur noch wage an die zuletzt passierten Sachen. Ihm wurde eine Phiole mit purpurner Flüssigkeit verabreicht und danach fiel er in die Tiefe der Bewusstlosigkeit, nur wusste er nicht, wie lang das her war. Aber eines wusste er noch ganz genau: Das, was Otherion gesagt hatte. Er konnte nicht mit Worten beschreiben, wie viel Wut und Missgunst er diesem Elben gegenüber empfand.

Zu seiner Verwirrung waren seine Hände und Beine nicht mehr gefesselt und die Einschnitte des Seils schienen schon etwas verblasst zu sein.

Noch einmal versuchte er, sich aufzusetzen und lehnte sich schließlich erschöpft gegen die Wand. Er zog sein verletztes Bein heran und nahm den verdreckten Verband mit zittrigen Händen ab. Auf der Haut darunter zeichnete sich eine dunkle Narbe ab, doch zum Glück war die Wunde schon so gut verheilt, dass sie nicht mehr aufplatzen konnte. Estel hatte nichts, womit er hätte einen neuen Verband machen können, also musste er ohne auskommen.

Langsam begann die Taubheit aus seinen Gliedmaßen zu verschwinden und er konnte sich wieder besser bewegen, auch wenn er das Gefühl hatte, nicht einmal ein paar Schritte machen zu können, bevor ihn die Kraft wieder verließ.

Seine Kehle glich einer Wüste, und es musste Ewigkeiten her sein, seit er das letzte Mal Essen gesehen hatte. Aber es war sein Kopf, der bei jeder Bewegung protestierte und die Umgebung um ihn herum sich drehen ließ. Wenn er stillhielt, wurde der Schwindel etwas weniger, er konnte jedoch nicht hier sitzenbleiben.

Estel hatte keine Ahnung, wo er sich befand, der Wald, den er außerhalb des Fensters erkennen konnte, kam ihm kein bisschen bekannt vor. Er musste endlich diese erdrückende Hütte verlassen und hoffen, draußen vielleicht etwas zu finden, was er doch erkennen konnte.

Also hievte er sich hoch und ging mit langsamen, humpelnden Schritten zur Tür. Sie war verschlossen. Der Mann hatte keine andere Wahl, als das Fenster einzuschlagen, um herauszuklettern. Da er seine Hände nicht mit dem scharfkantigen Glas verletzen wollte, hob er sein unverletztes Bein, während er sich krampfhaft am Fensterrahmen festhielt, um stehenzubleiben und trat mehrmals gegen die Scheibe, bis sie in Splitter zerfiel. 

Schließlich kletterte er durch den Holzrahmen ins Freie und ließ sich erschöpft auf den Waldboden fallen. Sein Blick schweifte über den Wald um ihn herum und suchte nach irgendetwas Bekanntem. Aber er fand nichts, diesen Teil des Waldes hatte er zuvor nie gesehen.

Aragorn nahm aber das Geräusch eines Baches wahr, der nicht weit weg sein konnte. Dort könnte er erstmal etwas trinken und vielleicht würde das Wasser ihm den Weg weisen, denn so viele fließende Gewässer gab es im Düsterwald nicht.

Er stand wieder auf und lief in die Richtung des Wasserrauschens und tatsächlich, er musste nicht weit zwischen den Bäumen entlanglaufen, bis er auf den Bach traf. Da die Sonne schon langsam unterging, schaute Estel auf den Himmel, um ungefähr sagen zu können, wo er sich befand. Er orientierte sich an der Sonne, wenn er richtig lag, dann war er irgendwo südlich des Palastes damit wusste er auch, an welchem Fluss er sich befand. Würde er dem Lauf des Wassers nach Norden hin folgen, dann würde ihn das direkt zum Palast führen.

Estel trank noch etwas aus dem Bach und wusch sich sein Gesicht, bis er entschied weiterzulaufen. Er musste zurück, in diesem Moment wollte er nichts lieber, als den Elbenprinzen wieder in seine Arme zu schließen.

Licht meines Lebens | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt