Kapitel 7: Trost

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Estel stand bereits draußen an der kleinen Brücke. Er lauschte dem Rauschen des Wassers und blickte in die tiefgrünen Baumkronen hinauf. Dieser Wald hatte etwas Verwunschenes und Märchenhaftes, was er schon immer gemocht hatte. Man musste hier aber sehr vorsichtig sein, da in einigen Teilen des Waldes Spinnen und Orks sein können. Aber er kannte sich mittlerweile ganz gut hier aus und wusste, wo man hingehen konnte und wo nicht, da Legolas ihm viel gezeigt hatte.

Jedes Jahr besuchte er Düsterwald mindestens einmal. Er wäre gern viel öfter hier gewesen, aber Bruchtal ist sehr weit entfernt, der Weg ist schwierig und Elrond hatte ihm immer verboten allein zu reisen. Aber der Lord war meistens beschäftigt und hatte demzufolge kaum Zeit für derartige Reisen. Zum Glück kam Legolas auch manchmal nach Bruchtal. Die Wochen, in denen sie sich sahen, waren sie immer zusammen, verbrachten Zeit mit den unterschiedlichsten Sachen. Manchmal saßen sie stundenlang einfach nur da und redeten.

Er wartete noch einige Minuten, bis Legolas auf ihn zukam. Der Elb versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch Estel kannte ihn zu gut, und wusste, dass etwas nicht stimmen konnte, als er seinen Gesichtsausdruck sah.

Mit besorgtem Blick ging er auf Legolas zu und legte ihm eine beruhigende Hand auf die Schulter. Der Prinz schaute zu Boden und wollte sein Gesicht verbergen, aber Estel hob sanft sein Kinn nach oben.

„Legolas, ist alles in Ordnung? Du musst mit mir reden, bitte", sprach er ruhig und blickte in die angsterfüllten Augen. Der Elb stand nur steif da, bis ihm eine Träne über die Wange lief. Er fiel nach vorn, mit dem Kopf gegen Estels Schulter, der sofort seine Arme um ihn schlang und ihn festhielt.

In der Berührung des Mannes fand Legolas den Trost, den er brauchte. Er klammerte sich an ihn und ließ seine Tränen fließen.

Estel strich zärtlich über den blonden Kopf. „Legolas, es tut mir leid, dass ich dich das fragen muss, aber erzählst du mir, wer dir das angetan hat?", sagte er vorsichtig.

Jetzt drängte sich der Elb noch näher an ihn. Er schüttelte leicht seinen Kopf gegen die Schulter des Mannes und sprach mit leiser, durch den Stoff gedämpfter Stimme: „Ich kann nicht... es tut mir leid..."

„Shh, es ist in Ordnung. Mach dir keine Sorgen, alles wird gut", flüsterte Estel in das Ohr des Prinzen und streichelte weiter durch das weiche Haar. Es war, wie er es sich gedacht hatte: Die Person muss Legolas gedroht haben, es keinem zu sagen.

Nachdem der Elb sich beruhigt hatte, löste sich Estel aus der Umarmung und hielt ihn aber weiter an den Schultern. „Komm, lass uns jetzt ein bisschen durch den Wald gehen", sprach er und hielt ihm seine Hand hin.

Legolas lächelte und ergriff sie. Die beiden liefen auf einem kleinen Pfad, der zwischen den hohen Stämmen der Bäume entlangführte. Durch die Lücken im Blätterdach fielen goldene Sonnenstrahlen hindurch und an den Seiten des Weges wuchsen überall die duftenden Blüten der Lissuin-Blume. Die Natur hier war schön und hatte eine wirklich beruhigende Wirkung.

Dann kam Estel eine Idee: Legolas hatte ihm vor langer Zeit einmal einen kleinen Wasserfall hier gezeigt, der ziemlich gut versteckt war. Er meinte damals, dass keiner diesen Ort kannte, aber er konnte sich noch ungefähr an den Weg erinnern. Also zog er den Elben auf einen kleinen Trampelpfad, den man leicht übersehen hätte, wenn man ihn nicht kannte.

Legolas erkannte, wo Estel hinwollte und ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Er war seit langer Zeit nicht mehr dort gewesen und war erstaunt, dass der Mann sich noch erinnern konnte.

Schließlich kletterten sie zwischen zwei Büschen hindurch und dann offenbarte sich die Schönheit dieses Ortes. Ein Wasserfall mündete in einen kleinen See mit kristallklarem Wasser, am Ufer standen mehrere alte Bäume, deren Blätter tiefgrün gefärbt waren, durch die Sonne glichen sie fast kleinen, glitzernden Smaragden. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich auf der Wasseroberfläche und tauchten alles in ein leicht goldenes Licht.

„Wow, ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch an diesen Ort erinnerst", sagte Legolas, während sein Blick über das Wasser schweifte.

„Natürlich kann ich mich erinnern, oder glaubst du, ich würde so einen schönen Ort vergessen?", antwortete Estel und lächelte. Sie setzen sich auf einen der großen Steine am Ufer und genossen die beruhigende Atmosphäre des Waldes.

Dann fiel Legolas ein, was sie gemacht hatten, als sie das letzte Mal hier waren.

„Estel wie wäre es mit einem Bad?", fragte er also.

„Ein Bad?", gab dieser etwas ungläubig zurück. Als er in das Gesicht des Elben blickte, sah er das leicht schelmische Lächeln.

„Gut, wenn du willst, lass uns baden", antwortete der Mann. Legolas hatte schon auf diese Antwort gewartet, zog schnell seine Klamotten aus und rannte in das kristallklare Wasser.

Es war tatsächlich nicht so kalt wie es aussah, aber er war auch ein Elb, deshalb machte ihm Kälte sowieso weniger aus. Etwas zögerlich folgte Estel. Der See war nicht so tief, sodass beide noch stehen konnten.

Legolas stand mit dem Rücken zu ihm, also ergriff er seine Chance. Er packte ihn an den Schultern und drückt ihn unter Wasser. Als der Elb wieder auftauchte schüttelte er seine Haare zurück, die ihm nass im Gesicht klebten.

„Hey, so war das mit dem Baden nicht gemeint!", neckte er und schwamm zu Estel, um ihm das gleiche anzutun. Doch er schaffte es zuerst nicht ihn unter Wasser zu drücken, weil Estel darauf vorbereitet war, denn der Mann konzentrierte sich darauf, fest und standhaft auf dem Grund des Sees zu stehen, damit der Elb sein Ziel nicht erreichen konnte.

Legolas erkannte, dass er Aragorn so nicht besiegen konnte, also überlegte er kurz. Schließlich tat so als würde er aufgeben und ging ein paar Schritte von ihm weg und tatsächlich entspannte Estel seine Haltung etwas, er schien sich siegessicher zu sein. Dann drehte der Prinz sich aber abrupt um und bespritze ihn mit Wasser. Der Mann wollte einen Gegenangriff starten, aber Legolas tauchte schnell unter, schwamm auf ihn zu und schaffte es schließlich doch ihn nach unten zu drücken.

„Legolas!", rief Aragorn spielerisch zurück und versuchte den Elben zu erreichen, der hastig von ihm wegschwamm, um nicht von den Wasserwellen erwischt zu werden, mit denen Estel ihn treffen wollte.

In diesem Moment hatte Legolas all seine Sorgen völlig vergessen, stattdessen lachte er glücklich, während sie ihren Kampf fortsetzen. Beide waren komplett nass, ihre Haare hingen schwer nach unten und klebten in ihren Gesichtern, auf denen ein breites Lächeln geschrieben stand.

„Ich habe gewonnen!", sagte der Prinz dann stolz und hob seinen Kopf, um ihn in den warmen Strahlen der Sonne zu baden.

„Ich glaube nicht!", gab Estel zurück, sprang auf ihn zu und zog ihn mit sich unter Wasser.

Als sie wieder auftauchten seufzte Legolas, während er sein Gesicht von den nassen Haaren befreite.

„Ist ja gut, Gleichstand", antwortete er erhielt ein Nicken des Mannes. „Gleichstand", bestätigte er noch einmal lächelnd.

Nach einer Weile gingen sie aus dem Wasser und zogen sich ihre Kleidung wieder an. Dann setzen sie sich wieder auf einen der Steine, um sich von der warmen Sonne trocknen zu lassen. Legolas lehnte sich an Estels Schulter, der einen Arm um ihn geschlungen hatte.

Einige Zeit später gingen sie zurück zum Palast. Mittlerweile stand die Sonne tief am Himmel und das Licht strahle jetzt orangerot auf sie herab, was den Wald eine magische Atmosphäre verlieh, wie sich die warmen Farbtöne in den Blättern der Bäume spiegelten. 

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Ich hab mal eine Frage: Mögt ihr Düsterwald/ Eryn Lasgalen oder Bruchtal lieber? 

Wenn ich so darüber nachdenke, ist schon eine schwierige Entscheidung, aber ich glaube, ich mag Bruchtal lieber 🙃😂

Licht meines Lebens | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt