Kapitel 18: Verblassendes Licht

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Es vergingen weitere sieben Tage. An jedem einzelnen davon war Legolas im Wald. Doch jetzt hatte die Natur dort keine beruhigende Wirkung mehr auf ihn – es war das Gegenteil. Wenn er zwischen den Bäumen entlanglief, war das Gefühl erdrückend, als würden die Kronen der Bäume auf ihn herabstürzen und ihn unter ihren Ästen begraben.

Es war nun auch der letzte Funke Hoffnung, der aus Legolas gewichen war. Würden sie Estel jetzt noch finden, wäre er mit größter Wahrscheinlichkeit tot. Nicht gerade wenig Blut klebte an dem gefundenen Schwert, der Mann schien also schwer verwundet zu sein und nach dieser ganzen Zeit ohne Heilung gab es kaum einen Zweifel mehr, dass er seinen Verletzungen erlegen sein musste.

Auch Otherion wurde seit diesem Tag nicht mehr gesehen, nicht im Palast, nicht im Wald. Seine Waffen waren nicht mehr in der Waffenkammer, er musste sie mitgenommen haben.

Legolas war mittlerweile an einem Punkt, wo er nichts mehr fühlte. Vor einer Woche hatte er noch die glücklichste Zeit seines Lebens und jetzt war nichts mehr von diesem Glück übriggeblieben. Egal wie oft Elrond und sein Vater versucht hatten ihm zu helfen und ihm zu erzählen, dass alles gut wird – die Worte erreichten ihn nicht mehr. Er konnte nicht sagen, was er empfand. Ob es Verzweiflung, Schmerz, Hoffnungslosigkeit oder einfach nur diese innere Leere war, in der er ertrank. Von einem Moment auf den anderen hatte er alles verloren, er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und seine Fehler wiedergutmachen.

Aber auch das war nicht möglich. Wie oft er schon dieselben Wege entlanggelaufen war, dieselben Pfade zum hundertsten Mal geprüft hatte, weil er immer noch hoffte, etwas zu entdecken, was sie vorher übersehen hatten. Doch da war nichts, nicht einmal der winzigste Hinweis, nichts.

„Ich mache mir immer mehr Sorgen um Legolas. Er redet kaum noch und tut fast nichts anderes, als bis zur Erschöpfung weiter diese Pfade zu gehen. Aber ich weiß nicht, wie ich ihm noch helfen soll, er verschließt sich mir", sagte Thranduil, während er mit dem Lord Bruchtals auf einem der großen Balkone stand. Seine Hände hatte er auf das hölzerne Geländer gestützt und sein Blick richtete sich auf die Baumkronen in der Ferne.

Elrond trat neben ihn und lehnte sich ebenfalls auf die Eichenholzbalken, seine Hände hielt er verschränkt. „Ihn belastet zu viel, es zerdrückt ihn und er kann nichts dagegen tun. Als er uns offenbarte, was Otherion in der Vergangenheit tat, wurde mir erst klar, welch großes Leid er erlebt hat. So viele Jahre in denen er von der Schuld, die er zu tragen glaubte, belastet wurde, in denen die Blüte seiner Kindheit wegen diesem Schmerz zu verwelken drohte. Nach all dieser Zeit hat er endlich wieder das Glück gefunden und es war die Liebe, die das Licht in seinem Inneren wieder erhellte. Es war das erste Mal seit er ein kleiner Elbling war, dass ich gesehen habe, wie er wieder strahlte, wie sein Herz wieder erblühte. Und das wurde ihm alles auf einen Schlag genommen. Das Licht ist langsam erloschen, wie bei einer Flamme, der die Luft ausgeht, bis das Feuer schließlich versiegt. Er glaubt nicht mehr an die Hoffnung, er glaubt, für ihn ist alles verloren. Selbst mir fällt an diesem Punkt nichts mehr ein, was ihm helfen könnte. Sein Herz ist noch so jung, aber schon so nah daran, zu brechen", sprach der Elbenlord und seufzte leise.

Das Leid des jungen Elbenprinzen ging ihm sehr zu Herzen, und er war es leid, keine Möglichkeit zu kennen, ihm diese Schmerzen zu nehmen. Legolas hätte es nach allem, was er bisher erleben musste, verdient, glücklich zu sein, befreit von alldem, während das Licht der Liebe in ihm glühte. Estel war es, der diese Flamme in ihm wieder zum Brennen brachte und ihn mit der Kraft dieser Verbundenheit heilte, während er Legolas jegliche Schmerzen nahm und ihn nur das reine Gefühl dieser Liebe spüren ließ.

Thranduil umfasste mit seinen Fingern fester das Holz des Geländers. „Ich kann es nicht ertragen ihn so leiden zu sehen, es muss doch etwas geben, was wir tun können!", rief er und drehte sich zu Elrond um.

Licht meines Lebens | Aralas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt