Je üppiger die Pläne blühen, um so verzwickter wird die Tat.
|Erich Kästner|
Ich muss auf niemandes Zustimmung warten.
Ich brauche keine Erlaubnis.
Ich muss auf niemandes Zustimmung warten.
Ich brauche keine Erlaubnis...
Wie ein immerzu anhaltender Ohrwurm spielten sich dieselben Worte im Wechselspiel in meinen Gedanken ab. Verzweifelt suchte ich nach dem Knopf, der diesen Worten, dieser Stimme ein Ende setzte, mir die Möglichkeit bot, mich in einer friedlichen Stille zu hüllen, wenigstens für einen kurzen Moment meine überaus in alle Himmelsrichtungen hin wehenden Gedanken zu sammeln, aber ich fühlte mich wie in einem Spiegelkabinett. Wohin ich auch blickte, welchen Pfad ich auch nahm, ich begegnete nur dem stoisch auf mich gerichteten Blick von Iván, der mir indirekt verkündete, ein Teil, nein, die Hauptprotagonistin einer Vergewaltigung zu werden.
Eine Vergewaltigung.
Dieses Zugeständnis an mich selbst und das Geschehen beim Namen zu nennen traf mich härter als erwartet. Ich versuchte mich an einen positiven Gedanken festzuklammern, blind in der Dunkelheit meiner Zukunft meinen restlichen Sinnen folgend einen Lichtblick ausfindig zu machen, doch die Bedeutung seiner Worte lasteten tief. Schrecklicher als meine Orientierung zu verlieren war jedoch der, dass er die Wirkung, die seine Worte in mir auslösten und nach draußen transportierten, bis ins Detail an mir beobachten konnte.
Ich hatte es versucht, hatte mich dagegen gesträubt und all der schrecklichen Ereignisse zuwider meinen eigenen Widerstand angezettelt, ungeachtet des Risikos einen Schlag mit dem Gürtel zu kassieren. Ich hatte einen starken Willen und einen bemerkenswerten Mut hingelegt, dennoch täuschte das nicht darüber hinweg, dass die Fassade, die ich sorgsam um meine Seele herum errichtet und wie ein schöner Sommergarten gepflegt und geliebt hatte, durch die Strapazen dieses Abends hauchzarte, sensible Risse von sich getragen hatte, die sich nun wiederum ausgeweitet, Regionen angeknackst hatte und schließlich in mein Innerstes durchgedrungen waren. Genau dort, wo ich mein innerstes Heiligtum bewahrte.
Zunächst dachte ich es handele sich um harmlose, kleine Risse, die keinerlei Angriffsfläche boten, aber Schäden waren nun Mal Schäden, ob kleine oder große würde letztlich keinen Unterschied machen. Mein Herz verkrampfte sich, ich widerstand dem Drang meine Hand über meine Brust zu legen, solange Iván mich noch im Auge behielt. Allerdings konnte ich nicht verhindern, dass sich meine Implosion durch perlenartiger Nässe auf meiner Stirn bemerkbar machte und mein Atem einen Staccato hinlegte.
Silvana sagte etwas, ich bekam es mit und doch hörte ich es nicht. Es war als würde ich gar alles aus einer Glaskugel heraus betrachten. Mit Mühe blickte ich nochmal in die Ecke, wo sie und Iván sich befanden und erkannte, dass sie den erneuten, aber doch hoffnungslosen Versuch gestartet hatte auf ihn einzureden. Als die Blondine jedoch bemerkte, dass seine Aufmerksamkeit nicht eine Sekunde lang ihr galt, folgte sie seinem Blick und aus einem Augenpaar wurden zwei. Kummer verzerrte Silvanas so hübsches Gesicht. Ihr Bruder folgte dem Beispiel und sah mit einem Blick in meine Richtung, der nichts als pure Erschöpfung und eine stumme Entschuldigung ausdrückte, weil auch er wusste wie das hier ausgehen würde.
Sie bemitleiden dich, lachte meine innere Stimme mich aus. Sie alle schauen dich an, weil sie wissen, was aus dir werden wird. Lediglich ein sexuelles Lustobjekt, das die Beine breit machen wird und...
Ich hielt es nicht länger unter diesen Blicken aus, ehe sie was sagen oder noch schlimmer, mir weiß machen wollten, dass Iváns Worte nicht stimmten, machte ich auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Raum. Auch im Flur tastete ich aufgrund meines von zurückhaltenden Tränen verschleiertem Blickes blind die Wand entlang, bis im Zimmer angekommen den Tränen endlich freien lauf ließ. Wie lange ich weinte, war mir schleierhaft. Irgendwann konnte ich aber nicht mehr die nötige Energie aufbringen und mein Geist war zu aufgewühlt, um meinem geschwächten Körper Ruhe zu gönnen, sodass auch an Schlaf nicht zu denken war. Ich saß auf dem Bett starrte aus dem Fenster und betrachtete den Halbmond, dessen Anblick mich jedes Mal an meine Mutter und damit an meine eigene Familie erinnerte. Doch gerade tat ausgerechnet der Gedanke an sie meiner Seele nicht gut. Die Sehnsucht nach Ihnen schmerzte, die Sorge darum, wie es ihnen angesichts des Umstandes ging, zerfraß mich von innen. Ich wünschte ich könnte sie sehen, wünschte ich könnte ihnen zumindest sagen, dass es mir gut ging. Das ist eine Lüge, trällerte eine boshafte Stimme in meinem Kopf mir zu, was mich, auch wenn es nichts brachte, dazu verleitete meine Hände auf meine Ohren zu platzieren.
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His At Night
Mystery / ThrillerD A R K R O M A N C E «Möchtest du, dass es aufhört ? Dass dieses Spiel ein für allemal endet ?» durchbrach seine raue, messerscharfe Stimme, die endlos anhaltende Stille. Sie nickte, wohl wissend, dass sie durch diese kleine Geste ihr Todesurteil...