◆20| H a u n t e d◆

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Das Vertrauen des Unschuldigen, ist des Lügners mächtigstes Werkzeug.

|Stephen King|

Als ich das nächste Mal aus dem Van sah, konnte ich das Runzeln meiner Stirn nicht mehr unterbinden.
Denn als ich den Namen des Hotels zu erblicken bekam, das berüchtigt für den Aufenthalt vieler High Society Leute in London war, da fragte ich mich verwirrt, was genau wir hier zu suchen hatten.

Silvana sah mir meine Irritation an, als ich aus den Fensterglasscheiben auf den großen Wolkenkratzer hinaufblickte. Anstatt mich aber aufzuklären, entschied sie sich zu schweigen, was ich wiederum ungewollt hinnehmen musste und mich bedeckt hielt.

Der Wagen hielt an. Ich wollte gerade nach der Türklinke greifen, als Iván sich endlich wieder zu uns drehte und mich somit in meinem Vorhaben abhielt. Wie zu erwarten sprach er dabei nicht direkt mich an, aber seine nächsten Worte, die er Sanjana kund gab, ließen meine Hand über der Türklinke schweben, ehe ich sie langsam zurückzog und meine eiskalten weiß hervortretenden Finger in dem Saum meines Kleides vergrub.

«Wir werden den Hintereingang zur Suite nehmen. Mit unserem jetzigen Auftreten und dem Gemälde würden wir am Eingang zu viel Aufsehen erregen. Du musst dafür sorgen, dass der Portier abgelenkt ist, damit er nicht auf die Überwachungsvideos schaut. Sobald wir im Aufzug sind, schicke ich dir ein Signal.»

Silvana seufzte auf und verdrehte gelangweilt die Augen. Obwohl ihre Haltung die pure Abneigung darstellte, zeugte ihr darauffolgendes Verhalten von einem ganz anderen Ursprung. Sie nahm sich mit einem Satz das Gummi aus den Haaren, welcher ihren Pferdeschwanz zusammenband und ließ wenige Sekunden darauf ihre Finger durch ihre blonden Haare gleiten, die zwar durcheinander, aber gleichzeitig absolut voluminös wirkten. Nach ihrer Frisur legte sie Hand an ihrem engen weißen Kellnerhemd an, indem sie die ersten vorderen Knöpfe öffnete, um ihrem eindrucksvollen Dekolleté einem beachtlichen Platz zu bieten und ihre üppigen Brüste leicht zur Schau zu stellen.

«Immer kriege ich die viel zu einfachen Aufgaben...», murmelte sie, ehe sie aufstand und die eine Seite der Schiebetür öffnete.

«Jungs, erledigt das so schnell wie möglich und gibt auf euch acht», schrie sie über ihre Schulter hinweg. Ihre Stimme erlitt eine Unterbrechung, als ihre Augen dabei in Kontakt mit meinen stießen. Es folgte daraufhin ein kurzes entschlossenes Nicken, ehe sie die Tür hinter sich zuwarf und mich alleine ließ. Mit Ihnen.

Iván, der sich mit Silvanas Verschwinden wieder nach vorne gedreht hatte, erdolchte nun mich mit seinen Blicken. Ich erkannte es, denn nun fanden sich unsere Augen im Rückspiegel wieder und weder er noch ich brachen den Blickkontakt ab, bis Tian Iván von der Seite anstupste und ihm signalisierte, dass sie keine Zeit zum Trödeln hatten.

Während der Motor wieder lief und ich hinten alleine in der Dunkelheit saß, fiel mein Blick wieder auf die Konturen des verdeckten Gemäldes vor mir. Intuitiv fragte ich mich, was nun geschehen würde.

So weit waren sie nun schon gekommen. Sie hatten was sie wollten. Doch bekam Iván auch genau die Informationen nach denen er sich sehnte ? Reichte es aus um meine Familie zu verschonen und sie ein für alle Mal in Frieden zu lassen ?

Mit einem festen Ruckeln, das meinen Körper unnachgiebig nach vorne katapultierte, hielt ich mich im letzten Moment am kalten unteren Gerüst der Sitzfläche fest, bevor mein Gesicht mit dem dreckigen Boden Bekanntschaft machen konnte.

Die Ereignisse, die dann in einer Kettenreaktion von statten gingen, riefen noch weitere Fragezeichen in meinen Gedanken hervor. Nachdem das Auto zum Stehen gekommen war, hatte auch Tian sich eine ähnliche dunkle Cap wie Iván auf den Kopf gestreift und diese tief in sein Gesicht gezogen, sodass niemand die Gesichter der beiden hätte ausmachen können.

His At NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt