Alles, was gegen das Gewissen geschieht, ist Sünde.
|Thomas von Aquin|
Mit dem Betreten der Cafeteria nach geschlagenen 15 Minuten in der ich zum Glück niemandem begegnete, den ich kannte, setzten wir uns abseits an die hohen Panzerglasfenster von dort aus wir einen Blick nach draußen auf die grüne Landschaft des Campuses werfen konnten, auf den so viel wert gelegt wurde. Äußerst unsanft faltete ich meine Hände zusammen und presste sie beim Sitzen an meine Knie. Der davon ausgehende Druck sollte mich stets daran erinnern, dass ich Silvana gegenüber auf der Hut sein musste. Gleichzeitig versuchte ich aber auch das mulmige Gefühl zu beseitigen, dass bei ihrem Auftauchen unmittelbar aufgetreten war. Denn Silvana hatte mich aus meinen illusionären Tagträumereien gerissen und mir erneut vor Augen geführt, dass der Tag, an dem ich meine Familie hintergehen würde immer näher rückte und dass der morgige Tag ungeduldig an meiner Tür klopfte und schrie: Heute ist es soweit, heute wirst du hinter dem Rücken deiner Familie handeln.
Unerträgliche Bedrücktheit war noch ein milder Ausdruck meiner zugrunde gehenden Gefühlswelt. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr mich die ganze Situation erdrückte und belastete.
Die Blondine warf ihren langen Pferdeschwanz nach hinten und rückte ihr feinen Blazer zurecht, der ihren heutigen Menswear Look anzüglich unterstrich und der zudem ihren zärtlichen femininen Gesichtskonturen ausgesprochen gut stand. Sie sah aus wie ein Engel. Erstaunlich nur, dass niemand bis heute die versteckten Teufelshörner gesehen hatte, dachte ich in Gedanken und musste urplötzlich aufgrund dieser Absurdität lächeln.
Silvana, die mich auf der gegenüberliegenden Seite permanent im Auge behielt, zog verdutzt die Augenbrauen zusammen. Die ganze Zeit über hatten wir kein Wort miteinander verloren, da sie mir womöglich Zeit oder den Vortritt lassen wollte. Wie gültig von ihr.
Doch, dass meine erste Reaktion, nach der verstrichenen Zeit ein Lächeln von mir sein würde, das wäre ihr so wenig wie mir dann wirklich nicht in den Sinn gekommen.
Anstatt aber mit einer Frage darauf entgegenzuwirken, mich auszufragen, was denn so lustig sei, holte sie urplötzlich die Hand unter dem Tisch hervor und ich erkannte eine kleine mitternachtsblaue Schachtel in ihrer zur Faust geballten Hand, die sie in meine Richtung schob und sie vor mir ablegend kommentarlos öffnete.
Zum Vorschein kamen ein Paar Ohrringe, die aus funkelnden unterschiedlich großen Diamanten bestanden. Eine Blumenform, die sich an meine Ohrmuschel anschmiegen sollte bestand aus einem Diamant, das von kleinen weiteren am Rande umzingelt worden, sodass alle zusammen betrachtet, wie eine Blume aussahen. Unterhalb dieser waren durch kleine kaum erkennbare Karabinerhaken zusätzlich in einer Oval förmigen Fassung weitere Diamanten angebracht. Keinen Zusammenhang erkennen könnend, nahm ich die teuer wirkenden Schmuckstücke zwischen meine Finger. Ich wollte zunehmend wütender werdend den Kopf anheben und sie fragen, ob das ein schlechter Witz von ihr war, aber da setzte sie auch schon zu einer Erklärung an.
«Diese Ohrringe wirst du morgen Abend zu deinem Kleid tragen. Ich habe ein Chip darin installiert, sodass du unsere Anweisungen jederzeit mit anhören kannst. Wir werden und damit direkt mit dir in Verbindung setzen.»
Ich atmete tief aus, blickte auf das Ding nieder, welches sich nach ihren Worten plötzlich so schwer in meiner Hand fühlte.
Sie werden an der Veranstaltung nicht teilnehmen und doch würde ich jederzeit ihre Stimmen wahrnehmen können.
Diese Vorstellung ähnelte so sehr dem Bild eines Puppenspielers, der seine Holzfigur wie eine Marionette von oben herab abspielte, sodass eine schreckliche Gänsehaut mich einholte.

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His At Night
Misteri / ThrillerD A R K R O M A N C E «Möchtest du, dass es aufhört ? Dass dieses Spiel ein für allemal endet ?» durchbrach seine raue, messerscharfe Stimme, die endlos anhaltende Stille. Sie nickte, wohl wissend, dass sie durch diese kleine Geste ihr Todesurteil...