Kapitel 4

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Leider ist es nicht das original Lied :(

Hüttenzauber

Nebelschwaden hingen in der Luft und Raureif ließ die dunkelgrünen Tannen weiß funkeln. Der Weg war schmal und wilde Heidelbeeren, die den Winteranfang überlebt hatten, säumten den Weg. Wir kamen nicht schnell voran, weil Franziska immer wieder stehen blieb um die Beeren zu pflücken.
„Kannst du nicht später pflücken? Wir müssen weiter!", fragte Samuel genervt.
„Heidelbeeren sind auch Heilpflanzen", sagte Franziska gelangweilt.
„Ach ja?"
„Heidelbeersaft kann als Gurgelmittel bei leichten Entzündungen im Rachenraum angewendet werden."
„Wehe, du willst uns vergiften." Es war ein Scherz gewesen, aber trotzdem wurde mir bei dem Gedanken mulmig zumute.

Langsam fing es an zu schneien und Franziska hörte auf zu pflücken. Dankbar marschierten wir weiter durch die Schneelandschaft. Bald verschwand aber der Zauber und heftige Schneewehen setzten ein. Es war mühselig voran zukommen.
„Wir brauchen einen Unterschlupf", beklagte sich Emily.
„Wenn Franziska uns nicht aufgehalten hätte, wären wir schon längst da." Franziska ignorierte Samuel.
„Gibt es hier denn in der Nähe eine Hütte?", fragte ich.
„Ja. Mein Freund und ich haben uns dort immer vor den Eltern versteckt." „Wann sind wir da?"„Ich glaube in zwei Kilometern." „Ich kann aber nicht mehr!", Emily wischte sich Tränen weg. „Es gibt sogar einen Kamin!", munterte Samuel sie auf.

Es gab wirklich einen Kamin. Er stand in der Ecke der kleinen Hütte und neben ihm lag Holz. Davor stand ein ramponierter roter Sessel und ein dazugehöriges Tischchen. Die Vorhängen waren dunkelgrün mit goldenen Sternen und es gab sogar einen Herd.
„Habe ich euch zu viel versprochen?"
„Nein", sagten alle gleichzeitig. Es war ein Traum. Eine kuschelige Hütte mitten in der Natur. Jetzt gefiel mir der Sturm, trotzdem lag mir eine Frage auf dem Herzen: ,,Warum hast du uns nicht schon früher von der Hütte erzählt?"
Samuel überlegte: ,,Ich wollte sicher gehen, dass ihr nicht irgendwelche Spionen seid."
,,Haha! Samuel!"
,,Na gut. Ich hab's ganz verschlafen, euch davon zu erzählen und außerdem hat es uns doch an dem See gefallen!"

Aus einer Truhe holte Samuel einen Topf, ein Laib Brot und Speck. Sofort sprang Franziska auf und half ihm. Wir anderen breiteten die Iso- Matten aus und zündeten den Kamin an.

Bevor es überhaupt Essen gab, war Emily bereits eingeschlafen. Der gebratene Speck schmeckte ausgezeichnet. Dazu gab es noch Wasser mit Sirup. Anfangs unterhielten wir uns leise, da ja Emily schlief. Doch jäh fröhlicher wir wurden, desto lauter wurden wir und schließlich war auch Emily wieder wach. Nun saßen wir alle gemütlich beisammen und Franziska stimmte ein Lied an:

Oh the wind whistles down
The cold dark street tonight
And the people they were dancing to the music vibe
And the boys chase the girls, with curls in the hair
While the shocked too many just sit way over there
And the songs get louder each one better than before
And you're singing the songs
Thinking this is the life
And you wake up in the morning and your head fells twice the size
Where you gonna go?
Where you gonna go?Where you gonna sleep tonight?
And you're singing the songs
Thinking this is the life
And you wake up in the morning and your head feels twice the size
Where you're gonna go?
Where you gonna go?Where you gonna sleep tonight?
So you're heading down the road in your taxi for four
And you're waiting outside Jimmy's front door
But nobody's in and nobody's home till four
So you're sitting there with nothing to do
Talking about Robert Riger and his motley crew
And where you gonna go and where you gonna sleep tonight

Und so weiter. Sie sang das Lied dreimal. Und jedes Mal, wenn sie neu begann, wurde sie lauter und es klang besser. Der Refrain gefiel mir besonderst gut, denn an ihm ist etwas wahres dran. Der Abend war so schön. Wir saßen dann noch lange zusammen und spielten "Wahrheit, Tat oder Pflicht". Als Samuel gefragt wurde, in wen er verliebt sei, wurde es ganz ruhig und alle starrten ihn an. Er stand abrupt auf und legte sich auf seine Matte. Damit war das Spiel vorbei. Komisch berührt legte ich mich auch hin. Warum hatte Samuel nicht geantwortet? Wieso hatte er sich nicht etwas ausgedacht? Ich setzte mich kerzengerade und schaute ihn an. Das Haar kräuselte sich leicht auf seiner Stirn und er war ganz blass. Das Feuer spiegelte sich in seinen Augen und mir fiel eine Klavierkomposition ein: River flows in you von Yiruma. Eine Zeit lang schaute ich Samuel verträumt an. Ich hörte die Noten als wären sie lebendig und summte leise mit.
„Romantisch, oder?", fragte jemand kaum hörbar. Emily saß mit umschlungenen Knien am Feuer und beobachtete mich.
„Wie lange siehst du mir schon zu?"
„Ich bin schon die ganze Zeit wach", ich stöhnte. „Vor einem Jahr habe ich River flows in you gespielt. Das war das einzige Stück, bei dem meine Eltern zuhörten. Sogar die Vögel haben aufgehört zu zwitschern. Es ist wie ein knisterndes Feuer. So romantisch." Ich nickte. Der Schneesturm wollte nicht aufhören. Er schüttelte das Dach und die Fensterlädchen und man hätte denken können, alles würde einstürzen. Aber ich war ganz woanders. Die ganze Zeit fragte ich mich, warum mir bei Samuels Anblick River flows in you eingefallen war. Warum ausgerechnet ein romantisches Stück? Aber eine Lösung fand ich nicht, da ich eingeschlafen war.

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