55 | Kokainrausch

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Mein Leben fühlte sich wie ein verfickter Kokainrausch an. Scheiße, verdammt, vergessen waren die ganzen Pläne, einmal dieses Moloch in meiner Hand zu haben. Hatte ich doch schon längst. Es lief alles besser als gedacht, wenn ich mit Tarek in immer neuen Schrottkarren durch die Stadt fuhr, im Kofferraum feinstes Weißes. Holten es in Lagerhallen in Ostberlin ab und brachten es in unser Versteck, um es bald unter die Menschen zu bringen. Wir waren auf der Hut, denn noch immer standen alle Zeichen auf Eskalation und scheiße, ich genoss das Adrenalin, das in diesen Wochen durch meinen Körper schoss. Wie das Kokain in meiner Blutbahn.

Ich hatte so viel dafür gegeben. So viel gearbeitet, mich so oft beweisen müssen. Und jetzt schien es sich endlich auszuzahlen.

Noch besser waren nur die Abende, an denen ich mich immer mal wieder mit Fede traf. Wir ließen uns Zeit und gevögelt hatten wir auch ein paar Wochen später noch nicht, aber das fand ich besser so. Ihn langsam kennenlernen, wenn wir wieder in meinem Bett miteinander rummachten oder draußen auf dem Spielplatz chillten, Bier tranken. Durch die Straßen zogen, über uns der versmogte Sternenhimmel, von dem er manchmal etwas erzählte. Von schwarzen Löchern und davon, dass es Paralleluniversen geben könnte.

Manchmal küssten wir uns, zogen einander aus. Da war so viel Verlangen, so viel Leidenschaft, die mich süchtig machte.

Ich wollte mehr – und trotzdem ließ ich ihn nicht weiter ran. Schließlich hatte ich ihr alles in der Hand und ich setzte die Grenzen, die nicht überschritten werden durften.

Wir spielten die Scheiße nach meinen Regeln.


»Warum pennt Fede eigentlich so oft hier?«, grinste meine Schwester eines Nachmittags. Sie trug noch ihre schmutzigen Arbeitsklamotten und packte ein paar Sachen aus einem Jutebeutel aus. Keine Ahnung, seit wann sie sich so im Haushalt einbrachte.

»Juckts.« Genervt schubste ich sie zur Seite, um im Kühlschrank etwas zu essen zu suchen. Was Schnelles, weil ich auf dem Sprung war.

»Nichts da, ich will alles wissen«, grinste Lexie und stellte sich mir in den Weg. »Was läuft mit dem?«

»n Scheiß läuft da, nerv nich. Ich hab jetzt Fahrstunde«, pampte ich sie an und schob sie grob zur Seite. Im Kühlschrank begrüßte mich eine verschimmelte, halbleere Joghurtpackung. Ekelhaft. Ich schmiss das Ding schwungvoll in das Waschbecken, ein paar Spritzer blieben an der Wand zurück.

»Oh, wird wieder Zeit für deine sexy Brille.« Grinsend wackelte sie mit ihren Augenbrauen.

»Ja, richtig witzig.«

»Wär nur halb so witzig, würdest du es nicht so peinlich finden, dass du die beim Fahren tragen musst«, lachte Lexie.

»Ja, warts nur ab, kriegst safe auch eine, wenn du Führerschein machst.«

»Also sponsert mir der große Dealer jetzt'n Führerschein oder wie war das?« Sie lachte, während ich durch ihre Einkaufstasche wühlte und eine Packung Käse fand. Nahm ein paar Scheiben raus und schob sie mir in den Mund, ehe ich Lexie ins Gesicht rülpste. Ein paar Manieren hatte halt auch ich.


Autofahren, das war Hass pur. Noch schlimmer diese Fotze von Fahrlehrerin, die ständig an meinem Verhalten herummeckerte. Ich fuhr ihr zu langsam, zu vorsichtig und stellte ein Verkehrshindernis da. Super. Sollte ich wie bei GTA alle Leute über den Haufen fahren oder wie? Wär mir auch egal, die zu killen, aber Knast passte gerade nicht so in meine Planung.

»Wir hören heute da vorne beim Einkaufszentrum auf«, bestimmte ich. Genug rote Ampeln, anfahren, Vorfahrt für heute. An der Bushaltestelle vor dem fuhr ich rechts ran.

Die Verlierer - Sklaven des ErfolgsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt