Kapitel 6: Das Zug-Gespenst (1)

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Völlig erschöpft saßen die drei Geschwister in einem Taxi, das sie zurück ins Hotel bringen sollte. Vor allem Anne musste ihr gerade noch heil überstandenes Abenteuer erst einmal verdauen. »Bin ja direkt froh, dass ich neulich mit euch im Schwimmbad schon mal einen Probesprung vom Fünfer gemacht hab’! Das war die ideale Vorbereitung!«

»Also, wenn ich mich recht entsinne«, sagte Julian, »bist du nicht gesprungen, sondern von mir geschubst worden, als du voller Panik umkehren wolltest.«

»Deckt sich mit meinem Gedächtniseintrag«, stimmte Dick seinem Bruder zu.

»Egal, ich bin jedenfalls froh, dass –«

»Aber wie bist du den schweren Jungs nur entkommen?«, wunderte sich Julian. »Oben, sagtest du, hätte der Kapitän dich festgehalten. Ich meine, so ein alter Seebär muss doch Bärenkräfte haben.«

Mit einem Grinsen holte Anne ein unscheinbares Sprühfläschchen hervor. »Glaubst du, ich hätte mich so schnell überreden lassen in den Rachen des Löwen zu gehen, wenn ich das hier nicht gehabt hätte?«

»Abwehrspray?«

»Sollte eine reife junge Dame in gefährlichen Situationen immer griffbereit haben.« Anne konnte nach dem Schock schon wieder lächeln.

»Darf man fragen, was da drin ist?«

»Ich nenne es Sudden Death«, mischte sich Dick in das Gespräch, »eine Spezialanfertigung.«

»Man könnte auch sagen: einmal quer durch Dicks Chemielabor!«, fügte Anne erläuternd hinzu.

Julian nickte anerkennend. »Jetzt wundert mich gar nichts mehr.«

Anne und Dick hatten es sich auf dem Sofa der Hotel-Suite bequem gemacht. Während er für alle die Limonadengläser füllte, versuchte Julian eine Zusammenfassung. »Also: Von Hamid und Sylvain keine Spur, nur –«

»Doch, doch«, unterbrach Anne ihn, »das hätte ich fast vergessen.« Die Jungen sahen sie gespannt an. »Es gibt eine Spur. Ich stand in diesem komischen Versteck auf seiner Hose.«

»Wie bitte?«

»Als ich diesem Typen die Tür an den Kopf knallte und abhauen wollte, streifte mein Blick ganz kurz ein Stück Stoff, auf dem ich die ganze Zeit gestanden haben muss. Und – vielleicht erinnert ihr euch – Hamids Hose hatte vorne so einen karierten Flicken. Daran habe ich sie erkannt.«

»Und der Sender war wahrscheinlich noch drin«, folgerte Julian. »Sonst hätten wir die Dolores ja nicht gefunden. Es ist nur etwas beunruhigend, dass sie ihm die Hose ausgezogen haben.«

»Vielleicht ist sie bei einem Fluchtversuch zerrissen worden und er brauchte ’ne neue«, sagte Anne.

Fünf Freunde ... im Rachen des LöwenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt