Zu spät für manche Menschen Part2

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Wenig später folge ich Mr Baker durch seinen Eingangsbereich, ein langer Gang von dem rechts und links Türen wegführen, die aber allesamt geschlossen sind. Der dunkle Holzfußboden knarzt und das Licht ist nicht hell genug um den ganzen Gang anständig zu beleuchten. Wir haben das Ende des Ganges erreicht und er öffnet die karge Tür, auf deren Türgriff eine dicke Staubschicht liegt. War wohl schon länger nicht mehr hier drin.

Hinter der Tür liegt eine Art Labor, die alten Möbel sind ebenfalls eingestaubt und teilweise sogar mit einer großen Plane abgedeckt. Die Wände bestehen ausschließlich aus Regalen, die Zutaten oder Bücher beinhalten, scheinbar alphabetisch, nach Größe und Farbe geordnet. Aly würde das hier so feiern. Mitten im Raum, steht der größte Tisch, den ich je gesehen haben. Ein großer Kessel hängt beeindruckend über einer Feuerstelle, Reagenzgläser mit seltsamen Flüssigkeiten sind in Haltern an den Tischkanten angebracht worden und kleine Phiolen in unterschiedlichen Größen liegen in den runden Behältern auf dem Tisch. Während ich mir alles noch ansehe, beginnt Mr Baker verschiedene Zutaten zu sammeln. »Passen Sie auf, Wyler, Sie müssen schnell reagieren und mir geben was ich verlange, das ist eine Pipette«, er hält einen schmalen Gegenstand aus Glas hoch.

Ms Wyler nickt, »ich weiß was eine Pipette ist.« 

Ich besehe mir den Gegenstand in Mr Bakers Händen genauer. Nein, noch nie gesehen. Offensichtlich ist es zum genauen Abmessen von Flüssigkeiten, im Endeffekt funktioniert es wie ne Spritze, es Pipette zu nennen ist also unnötig, aber okay. Was mich aber am meisten hier fasziniert ist eine dünne Platte, die stark dampft, über ihr fliegen Luftblasen mit seltsamen Flüssigkeiten in grellen Farben, die alle brennen.

»Das ist Morblasaft«, erklärt Mr Baker, »jede Farbe bewirkt etwas anderes, steht für ein anderes Gefühl - grün zum Beispiel, ist ein Glückgefühl - aber du musst vorsichtig sein, dass die Blasen nicht platzen, nichts ist schlimmer als ein Gefühlschaos. Außerdem kannst du damit alles abfackeln und gerade du bist außergewöhnlich tollpatschig, also halt dich davon fern.«

Ich nicke verstehend, dann gehe ich weiter. Auf einem Regal liegt ein langes Messer, das schon ziemlich alt aussieht. Neugierig fahre ich mit dem Finger über die Klinge, weil, ganz ehrlich, ich nicht wirklich damit gerechnet habe, dass die Klinge scharf sein könnte. Ich dachte, es wäre nur Deko oder so. »O Fuck!«
Mr Baker wirft Ms Wyler einen bedauernden Blick zu, »ist deine Enkelin«.

Sie ignoriert ihn und sieht mich entgeistert an. »Warum machst du sowas!?«

»Na ja ich konnte doch nicht ahnen das sie so scharf ist, ich meine, ist es wirklich nötig ein so scharfes Messer hier so offen rumliegen zu lassen, da sind Unfälle ja quasi vorprogrammiert.«

Mr Baker holt eine kleine Schüssel und stellt sie auf den Tisch. »Verständlich, Messer sind immer stumpf«, sagt er und seine Stimme trieft nur so von Sarkasmus. Er winkt mich zu sich rüber und fängt an das Blut mit der Schüssel aufzufangen. Sollte er mir nicht eigentlich ein Pflaster geben oder so?

»Für den Trank«, erklärt er schließlich. Mr Baker setzt den Kessel auf die Flammen und beginnt ihn zur Hälfte mit Wasser zu füllen. Konzentriert wirft er den Lyposstaub hinein, die Wasserfläche fängt an wunderschön zu glitzern, er nimmt das Messer aus dem Regal und ehe ich blinzeln kann, hat er sie schon an der Hand gepackt und zu sich gezogen. Ms Wyler schnappt erschrocken nach Luft und versucht sich aus seinem eisernen Griff zu lösen und ich überlege einen Moment ob ich ihr helfen sollte, verwerfe die Idee aber schnell wieder. Mr Baker weiß doch wahrscheinlich was er tut.

»Lass mich sofort los!«

»Entspann dich.« Er verändert ihre Position umständlich, sodass sie mit dem Rücken zu ihm steht und führt ihre Hände mit seinen. Langsam lässt er das Messer über ihre glatte Haut gleiten und ich frage mich wirklich wie alt Ms Wyler ist, wäre schließlich interessant zu wissen, ab wann die Haut dann runzelig wird. Schon bald bilden sich rote Blutperlen, die über ihre Hand rollen. Es werden immer mehr, das dunkle rot tränkt inzwischen ihre und seine Hände komplett. Mr Baker hält Ms Wyler ruhig, während das Blut, in das kleine Schälchen fließt und umso mehr hinein fließt, umso mehr zittert sie. Das ist der Zeitpunkt, indem ich plötzlich realisiere, dass meine Großmutter schrecklich ängstlich auf Blut reagiert. Ich kann in ihren blauen Augen den Planken Horror sehen und ich beginne mich zu fragen, warum sie so krass auf Blut reagiert.

Die Todesboten kehren einWo Geschichten leben. Entdecke jetzt