Eine Reise ins Verborgene Part 1

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Der 13. September beginnt wie für gewöhnlich alle Tage, um Mitternacht. Es ist eine sternenklare Nacht und nichts deutet darauf hin, dass gleich etwas Außergewöhnliches geschehen würde. Außer vielleicht das Schiff, das um exakt 1:00 Uhr am Mond vorbei fährt. Aber das hatte sicher keiner gesehen und falls doch, würde dieser Jemand es nicht glauben. Denn es ist allgemein bekannt, dass Schiffe niemals am Mond vorbeifahren, das wäre wie man so schön sagt, unmöglich.

Allerdings gibt es ein Schiff, das nicht nur im Wasser fährt, sondern tatsächlich an den seltsamsten Orten auftaucht, um dort seine Schatten freizulassen. Dunkle Schatten, die sich jedes Jahr am 13. September in ein paar Träume, von den achtzehnjährigen Menschen, einschleichen. Dafür sorgen, dass jeder einzelne von ihnen die richtige Wegabzweigung nimmt und an der richtigen Bushaltestelle ankommt. Sie sorgen dafür, dass jeder von ihnen, ohne aufzuwachen, den Hafen erreicht und dort wartet dann ihr Schiff. Ein Schiff, das einmal im Jahr vom Mond vorbeifährt, um die neuen Schüler nach Rimbilton zu bringen.

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Ein leises Flüstern weckt mich am Morgen des 13. Septembers, verschlafen öffne ich die Augen und sehe direkt in das Gesicht eines Mädchens, das ich noch nie zuvor gesehen habe. O nein, was ist jetzt wieder falsch?

»Na endlich, ich habe dir ja gesagt, sie lebt noch«, meint sie zu dem blonden Mädchen, das neben ihr sitzt. Ich zwinkere ein paar Mal und kneife die Augen zu. Nein, ich bin definitiv wach. »Wer seid ihr?« 

Das blonde Mädchen wirft mir einen herablassenden Blick zu, öffnet ihre Vogue und fängt an darin zu blättern. Okay, keine Ahnung, was dein Problem ist. Das war eine ganz normale Frage! Ich habe so das ungute Gefühl, sie ist eines dieser unerträglichen, eingebildeten High School Mädchen. Jedenfalls könnte sie so wie sie aussieht locker in einem dieser Filme mitspielen, wo sie alle Schüler, die nicht so hübsch oder perfekt sind wie sie, tyrannisiert. Ihr ganzes Aussehen ist einfach nur unrealistisch, langes, glänzendes Haar, graue Augen, makellose Haut, perfekt manikürte Fingernägel und ihr Outfit hat sicher ein Vermögen gekostet. Nicht das ich Ahnung von Mode hätte, aber die goldenen High Heels (die nebenbei bemerkt vollkommen unangebracht im Alltag sind), die ärmellose Jacke, die aus einem echten Pelz zu sein scheint und nicht zu vergessenen den Schmuck, den sie trägt, wirken doch ziemlich beeindruckend und nicht gerade billig. Offensichtlich handelt es sich hier um Daddys kleine Prinzessin.

Die sympathischere ungeschminkte Brünette neben ihr streckt mir derweil ihre Hand hin. »Ich bin Elaine Hoffman«, stellt sie sich vor, ehe sie auf die Blondine deutet »und das ist Summer, Summer Watson. Und du bist?«

Überfordert schüttele ich ihre Hand, macht man das noch? Händeschütteln im jetzigen Zeitalter, ist das nicht etwas zu förmlich?

»Ahm...Wood Elizabeth«, murmele ich schließlich. Das ist so ein Deja vu, ich wache auf und habe keine Ahnung wo ich bin. Wobei, diesmal weiß ich zumindest wer ich bin, also ist es irgendwie doch kein Deja vu, eigentlich bin ich mir auch gar nicht sicher, ob ich wirklich so ganz sicher weiß, was ein Deja vu ist. Ich sehe mich unsicher um, wenn ich eins und eins zusammenzähle, bin ich wohl da, wo die kleinen Mistkerle mir befohlen haben zu sein. Die gute Nachricht ist demnach, dass ich nicht geisteskrank bin, definitiv ein Fortschritt.

Elaine nickt und rückt ihre Brille zurecht. »Ja, ich dachte mir schon, dass du Elizabeth bist, du hast noch gefehlt, weißt du?«

»Schon klar.« Ich habe keine Ahnung wovon sie da redet. »Ahm, seid ihr freiwillig hier?«

Summer lacht auf. »Kann man denn unfreiwillig hier sein?!«

»Jaaa...ha, ha«, stimme ich in ihr Lachen ein. O Mann, eigentlich sollte ich gerade im Bett liegen und schlafen und stattdessen wurde ich gekidnappt! Das war so nicht geplant, eigentlich sollte ich heute, sowie jeden anderen Tag auch, Netflix schauen und erst am fünfzehnten sollte ich dann in die Schule und ich dachte, dass ich da selbst und bewusst hingehe und nicht einfach dort auftauche. Außerdem ist heute erst der dreizehnte, die Zwerge haben mich also echt angelogen!? Okay, ganz ruhig. Ich habe keine Ahnung wo genau ich bin und Maggie und Jack wahrscheinlich auch nicht. Ich könnte jetzt sterben und keiner wüsste es. Keiner wüsste wo meine Leiche ist. O mein Gott! Was ist, wenn ich gar nicht zur Schule fahre, wenn jetzt nicht alles gut wird, sondern alles ein tragisches Ende nimmt und irgendein Verrückter mich zerstückelt oder im Keller einsperrt? Ich atme tief durch. Okay, ruhig bleiben, es gibt definitiv fliegende Zwerge und deshalb auch sowas wie Zauberei oder so, und ich fahre zur Schule. Ich meine, wo sollte ich sonst hinfahren...?

Die Todesboten kehren einWo Geschichten leben. Entdecke jetzt