Nervös tigere ich vor dem Fernseher auf und ab, laufe gestresst ums mit weihnachtlichen Kissen geschmückte Sofa und raufe mir die Haare. Ein Glück, dass ich dieses schreckliche Reentiergeweih vor einigen Minuten abgesetzt habe. Das kann nicht sein. Harry wurde vor vier Wochen für einen Afghanistan Einsatz von der U.S. Army eingezogen, ich habe seit gestern Früh nichts von ihm gehört und jetzt sehe ich im Fernseher, dass die Lage in diesem Land deutlich schlechter geworden ist. Mein Armer Harry. Ich wusste, dass er die Hoffnung hatte, vor dem Ende seiner vor drei Wochen abgelaufenen Verpflichtungsdauer, nicht mehr eingezogen zu werden, aber gemeinsames Weihnachten und Geburtstag wurde uns nicht gegönnt.
Wie ein nervliches Wrack laufe ich in der Wohnung umher, durchkrame auf der Suche nach meinem Handy den Kühlschrank und finde es schlussendlich in der Obstschale. Wie es dorthin gekommen ist, weiß ich nicht, die Schale ist leer, denn ich esse kein Obst. Das tut ausschließlich Harry und selbst bei ihm liegt die Hälfte der Zeit diese eklige Avocado darin rum. Aber genug von dem ganzen Obst, es gibt gerade wichtigere Dinge zu tun.
Harry. Ich muss unbedingt Lottie anrufen und mit ihr reden, ich werde allein in der Wohnung noch ganz kirre! Doch nicht. Was, wenn während ich mit Lottie telefoniere jemand von der Army bei mir anruft und ich den Anruf wegen meiner Schwester verpasse?! Immerhin würde seit unserer Hochzeit ich informiert werden, und nicht Anne in England.Jedes Mal, wenn er im Einsatz ist, werde ich, bis er zurück ist von einem unangenehmen Gefühl begleitet, aber so stark wie heute war es noch nie. Was, wenn ihm etwas passiert ist? Gott, ich möchte es nicht mal wissen.
Um mich nicht noch verrückter zu machen, schalte ich den Fernseher aus, lasse mich aufs Sofa fallen und springe sofort wieder auf, um ins Schlafzimmer zu rennen und einen von Harrys Hoodies aus dem Schrank zu ziehen. Schleunigst treife ich ihn mir über den Kopf, vergrabe meine Nase in dem Stoff und stelle ernüchtert fest, dass er kaum noch nach Harry riecht. Um dies zu ändern, gehe ich ins angrenzende Badezimmer, schnappe mir sein sündhaft teures Parfüm vom Regal und sprühe es eventuell mehr als drei Mal auf den Stoff des Pullovers. Sobald es wieder nach Harry riecht, vergrabe ich meine Nase wieder in dem Sweatshirt, atme erleichtert ein und aus und schließe meine Augen.
Wie immer lässt mich sein Duft entspannen, ich kuschle mich tiefer in den weichen Stoff und lehne mich seitlich an die Wand. Ich will bloß, dass mein Harry wieder bei mir ist, mich in den Arm nimmt und an mich gekuschelt einschläft.Aber das werde ich solange nicht haben, bis die Truppen abgezogen werden, oder - Gott bewahre – er verwundet nach Hause kommt. Diesen Gedanken aus meinem Kopf verjagend schüttle ich den Kopf und schlurfe zurück zum Sofa. Grummelnd lasse ich mich in die Kissen fallen, kuschle mich in eine der geknubbelt rumliegenden Decken, sodass ich aussehe, wie ein Burrito und seufze zufrieden, als ich bloß in Wärme und Harrys Duft gelullt auf meinem Sofa liege. Mein Blick richtet sich auf den von mir geschmückten Weihnachtsbaum (er ist winzig, ich wollte nicht ganz auf Weihnachten verzichten beziehungsweise wurde von Lottie dazu gezwungen es zu feiern, aber ohne Harry an meiner Seite hat es sich falsch angefühlt, einen richtigen Baum zu kaufen. Die Lichterkette erhellt den Raum in einem angenehmen, warmen Licht, während die Kerze auf dem Kamin flackert und ihren Zimt-Duft im Raum verteilt. Meine Augen fallen immer wieder zu, weshalb ich meinen Kokon aus Decken enger um mich herumziehe und in einen unruhigen Schlaf gleite.
Geweckt werde ich mitten in der Nacht vom Klingeln des Telefons. Sofort wird mir kotzübel und anstatt das kleine viereckige Ding zu greifen und den Anruf entgegenzunehmen, sprinte ich Olympiareif ins Badezimmer und kann mich grade noch rechtzeitig über das Klo beugen. Angestrengt befördere ich mein Abendessen in die Kanalisation, lasse mich, sobald ich fertig bin auf den Badezimmerboden sinken und wische mir mit meinem Handtuch den Mund trocken. Vorsichtig aufgrund meiner Wackeligen Beine stehe ich auf, schalte den Wasserhahn ein und spüle mir sorgfältig den Faden Geschmack aus dem Mund. Natürlich hat mein Telefon bereits aufgehört zu klingeln, weshalb ich mir Zeit lasse, anständig auf die Beine zu kommen, mir die verstrubbelten Haare zu richten und einen Blick auf die Uhr zu werfen: Vier Uhr Siebenunddreißig. Klasse. Die Nacht gehört vergessen. Aber sowas von.
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Adventskalender 2021 | Larry Stylinson
FanficEin Larry Stylinson Adventskalender, der euch hoffentlich durch den Dezember begleitet. 24 Tage, 24 Türchen, 24 Geschichten. © Dez 2021 Alle Handlungen sind frei Erfunden und haben nichts mit der Realität zu tun. Dieses Buch dient ausschließlich de...