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⊱Thalia⊰

Nach dem längst erwarteten Klingeln meines Weckers drücke ich auf den Off-Knopf und lasse mich wieder in mein warmes Kissen sinken.
Eine Stunde. So lange bin ich ungefähr schon wach und seitdem liege ich im Bett und starre reglos an die kahle Decke. Ich habe die vielen Löcher, die durch Reißzwecken verursacht wurden, immer wieder gezählt. Vorher waren Bilder an der Decke befestigt, aber jetzt bleibt mir nur noch die stetige Erinnerung das da nichts mehr ist, aber mal etwas da war.

Zehn Minuten später stehe ich von der Toilette auf und mache mich daran mir das Gesicht zu waschen. Als ich zurück in den Spiegel sehe seufze ich nur. Ich habe mich beinahe so sehr an die tiefen Augenringe gewöhnt, dass es schon ziemlich normal aussieht. Trotzdem werde ich sie später mit Concealer abdecken müssen.

Ich ziehe mir die Sachen die ich gestern Abend schon ausgesucht hatte an und zum Frühstück esse ich lediglich ein Sandwich mit Käse und Schinken belegt.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, das ich noch eine ganze Stunde habe bevor ich zum Bus muss.

Seufzend gehe ich ins Wohnzimmer setze mich auf die neue Couch und schalte den Fernseher ein.

Verträumt gleitet mein Blick durch den mir unbekannten Raum. Es gibt nichts, was noch vor einem Jahr hier gestanden hat. Meine Eltern haben alles weggeschmissen und mich gleich mit.

Meine Mom sagte damals zu mir: "Wie wäre es mit ein bisschen mehr moderne?"

Sie hat all meine Proteste ignoriert und das kanariengelbe Sofa durch das graue ersetzt. Die braunen Holzmöbel hat sie durch zusammengepressen Ikea Schrott ersetzt und aus der beigen Tapete wurde ein trostloses weiß.
Und das hat sie im ganzen Haus veranstaltet, außer in zwei Zimmern.

Plötzlich beginnt mein Handy zu vibrieren. Mein Wecker. Tja, die Stunde ist schneller vergangen als erwartet. Wobei mir das fast jeden Tag passiert, deshalb ist mein Wecker auch immer gestellt.

Ich schnappe mir meinen Rucksack und verlasse das Haus. Es sind nur zehn Minuten bis zum Bus, ich kann also gemütlich und langsam laufen. Mit Musik in den Ohren macht alles gleich viel mehr Sinn.

W

ie jedes Mal, wenn ich Musik höre nehmen mir die melodischen Klänge etwas von dem Druck in meinem Kopf.

Als der gelbe Schandfleck vor mir hält betrachte ich genervt die Teenager die sich wie die Wilden vordrängeln. Sofort muss ich an 'die Croots' denken. Nach gefühlt zehn Minuten steige ich auch endlich ein und suche mir einen freien Platz in der Mitte, was nicht wirklich leicht ist. Während der Fahrt höre ich weiter meine Playlist.

Die Zeit vergeht langsamer als ich mich in meinen Gedanken verliere. Ich erinnere mich, dass es bessere Zeiten gab, das mal nicht alles so sinnlos schien und das es Tage gab in denen ich sogar Angst vor dem letzten Jahrgang hatte, weil sich danach alles verändert. Nach der Schule verliert man sein gesamtes Leben, weil man sich ein neues aufbauen muss. Man verliert den Kontakt zu Freunden, man ist getrennt von seiner Familie, aber - Aber mir geht es jetzt schon so, als müsste ich mir ein neues Leben aufbauen, nur das mir die Kraft dafür fehlt. Das alles ist jetzt so normal. Ich will, dass dieser Teil meines Lebens endet. Ich will mir ein neues Leben aufbauen. Und das, weil-

"Hey, ich glaub du musst raus." Verwirrt blicke ich auf und schaue in belustigt funkelnde blaue Augen. "Was?" "Der Bus fährt nur zu dieser Schule." Das blonde Mädchen lächelt mich sanft an und macht dann auf dem Absatz kehrt. Als ich verstehe was sie meint, mache mich eilig aus dem Bus. Der Busfahrer sieht mich aus dem Rückspiegel mürrisch an, aber das ignoriere ich einfach.

Die ersten vier Stunden vergehen beinahe wie im Flug, umso weniger Hunger habe ich beim Lunch. Wie immer verziehe ich mich aufs Mädchen Klo, weil die Bibliothek erst später wieder aufmacht.
Eigentlich ist das mein Rückzugsort, aber das stinkende Klo tuts auch.

Jedenfalls kann ich mich nicht überwinden in die Mensa zu gehen und - sagen wir so; ich meide soziale Kontakte.

Ich schnappe mir mein Handy und scrolle ein wenig durch Twitter, aber das wird schnell langweilig. Deshalb setze ich mich im Scheidersitz auf den Klo Deckel und krame mein Buch aus dem Rucksack.

Ehe ich mich versehe ist auch die Pause wieder vorbei weshalb ich mich zum nächsten Kurs aufraffe. Geschichte. Für gewöhnlich eines meiner liebsten Fächer, aber heute werden uns die Themen für den Aufsatz gesagt woraus ein Teil unserer gesamt Note besteht.

Schon vor dem Geschichts Kurs hatte ich geahnt, dass ich erst spät nach Hause kommen werde, darum mache ich mich auch gleich nach dem Unterricht auf den Weg in die Bibliothek. Ich habe das Thema "Römisches Recht" bekommen und muss deshalb einiges über die Jahre 527-565 recherchieren. Das wird was an Arbeit werden. Zumindest in dem Punkt bin ich positiv gestimmt.

"Hallo Mrs. Brown." Sie gibt mir mit einem stummen Nicken zu verstehen, dass sie nichts gegen meine Anwesenheit hat. Im Gegenteil, ich lebe hier fast schon in jeder freien Minute und das weiß sie auch.

Zielstrebig laufe ich auf die Abteilung mit den Büchern die ich brauche zu. Ich will gar nicht viel Zeit verschwenden, umso mehr ich jetzt schaffe, desto weniger muss ich zu Hause machen.

Mit einem kleinen Stapel Büchern in den Armen suche ich mir eine abgelegene Ecke in der mich niemand sieht, damit ich auch gänzlich ungestört bleibe. Mit Musik in den Ohren beginne ich dann auch schon sämtliche Informationen über Kaiser Iustinianus und seinen Codex heraus zu suchen.

Nach einer gefühlten Stunde schmerzen meine Finger und ich brauche dringend eine kleine Pause. Wie auf Knopfdruck beginnt mein Magen zu Knurren. Verdammt, ich habe mein Essen noch im Schließfach.

Doch plötzlich geht über mir das Licht aus. Schnell ziehe ich die Stöpsel aus meinen Ohren und stehe langsam auf. Das ist bestimmt nur ein blöder Scherz.
Dann kommt mir die Idee mal auf meinem Handy nachzusehen wie spät es eigentlich ist.

"18:00 Uhr?!" Aufgebracht renne ich zum Eingang, aber Mrs. Brown und alle anderen sind bereits weg. Hastig laufe ich zur Tür und beginne wie wild an dem Knauf zu ruckeln, aber nichts. Es ist abgeschlossen.
"Scheiße...", murmle ich überfordert.

"Hallo? Ist hier noch jemand?" Erschrocken drehe ich mich um, nur um in ein grelles Licht zu sehen.

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A/N: Ich hoffe das erste Kapitel war nicht zu langweilig. Das nächste Kapitel kommt Mittwoch.

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