KAPITEL 18

172 18 30
                                    

EINIGE TAGE NACH DER Begegnung mit der freundlichen Zweibeinerfrau und dem Hauskätzchen, war Jaguarkralles Verletzung vollständig geheilt. Erstaunlich, wie schnell das denn gegangen war. Langsam wurde immer klarer, dass sich die beiden mit der Suche nach dem Heilkraut beeilen mussten. Wüstensturm wurde immer schwächer. Auch trotz langen Schlafphasen nahm ihre Ausdauer zunehmend ab und ihre Beine konnten sie weit nicht mehr so lange tragen als vor der Vergiftung. Die Kätzin wurde immer dünner. Der Appetit verließ sie mit jedem weiteren Tag. Denn obwohl sie versuchte, so viel wie möglich zu sich zu nehmen, das Meiste konnte sie sowieso nicht bei sich behalten. Ihr Gesicht war ganz eingefallen. Das Fell struppig und ihr ehemals schlanker, muskulöser Körperbau eher knochig.

Jaguarkralle stupste Wüstensturm an. „Was ist denn?", murmelte sie kraftlos. Ihre müden Augen sahen zu ihm auf. Ein Stich durchbohrte sein Herz. Es bereitete ihm körperliche Schmerzen, die Kriegerin so leiden zu sehen. „Soll ich dich ein Stück tragen?", er musterte sie besorgt, „Du kannst ja kaum noch stehen." Zum Ende hin wurde die Stimme des Katers immer leiser. Wüstensturm seufzte ergeben. Ihren Biss und die kleinen Sticheleien, die sie sonst immer mit ihm ausgetauscht hatte, waren inzwischen beinahe vollends verschwunden. „Ja bitte", sie hielt inne. Ihr Körper schien in sich selbst zusammen zu sacken. "Jaguarkralle...." „Schhhh.... halt die Klappe.", murmelte er sanft, als er sie auf seine Schultern hievte. Ihre zarte Gestalt war leicht wie eine Feder. Erschreckend leicht. „....Danke.", kam es kläglich von hinter seinem Kopf. Er schnurrte beruhigend und setzte ihren Weg fort. Beinahe ungebremst von dem zusätzlichen Gewicht, das auf ihm lag, strebte er durch das hohe Gras eines Feldes. In naher Entfernung waren bereits die ersten Ausläufer der Berge zu sehen.

SternenClan, ich flehe euch an, bitte lass unsere Suche bald erfolgreich sein, er schloss kurz die Augen und seufzte leise und schmerzerfüllt. Bei dem Laut horchte die Kätzin auf. Besorgt hauchte sie: „Jaguarkralle?" Sie drehte ihren Kopf leicht. Er konnte jede ihrer Bewegungen auf sich spüren. „Alles in Ordnung? Wenn du ..." „Nein. Alles gut. Ich...", er seufzte wieder leise, „Ich....du..." Ihre Stimme nahm einen strengeren Ton an. Die zweite Anführerin schlummerte immer noch in ihr: „Spuck's aus." „Ach... Du, naja eher dein Zustand macht mir Sorgen." Sie sagte darauf nichts. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die sie schweigend verbrachten, setzte der schwarze Kater wieder zu sprechen an: „Weißt du, Wüstensturm, ich möchte dich nicht verlieren." Sie schwieg immer noch. Hatte sie überhaupt zugehört. Bei dem Geständnis hatte sein herz schneller zu schlagen begonnen. „Mann Wüstensturm: Hörst du mir überhaupt zu? Ich will nicht, dass du stirbst! Wehe dir, wenn du den Kampf um dein Leben aufgibst, dann komme ich persönlich zu dir in den SternenClan und verpasse dir eine." Schweigen. Langsam wurde er echt frustriert. „Wüstensturm! Verdammt! Ich brauche dich. Auch wenn es manchmal nicht so wirkt: Du bedeutest mir wahnsinnig viel. Ich will dich LEBEND an meiner Seite haben." So. Jetzt hatte er es gesagt. Er hatte seine derzeit größte Angst ausgesprochen. Sein Herz raste wie wild. Wüstenpfote sagte immer noch nichts. Jaguarkralle hatte noch nie so viel Angst wie in diesem Augenblick empfunden. Es war, als würde er von einer hohen Klippe springen müssen, ohne zu wissen, was unten war oder ob er überhaupt unten ankommen würde. Sein Kiefer war so angespannt, dass er es in seiner Stirn pochen fühlte.

Dann schnurrte sie leise.

Sie schnurrte.

Sie sagte nichts. Sie schnurrte leise.

Was hatte das denn zu bedeuten? Es war zumindest kein schlechtes Zeichen. Aber was wollte sie denn beim SternenClan nochmal damit ausdrücken? Jaguarkralle wusste nicht mehr wo vorne und hinten war. Nicht nur sein Kopf war vollkommen verwirrt, sondern auch sein Herz war komplett aus dem Takt geschubst worden. Es stolperte. Er drehte den Kopf nach hinten und begegnete dem warmen Leuchten ihres gelb-grünen Blickes. Sie war nicht angewidert oder gar entrüstet. Nein. Ganz im Gegenteil. Sie lächelte sanft.

Warrior Cats - Sturz in die FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt