KAPITEL 29

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EIN LAUTES NIESEN UNTERBRACH die morgendliche Stille. Die aufgehende Sonne ließ alles in goldener Pracht schimmern. Die morgendliche Luft war noch kühl, doch man spürte bereits, dass wieder ein schöner, warmer Tag anstand. Die späte Blattfrische segnete alles mit ihren angenehmen Temperaturen. Das einzige, was diese friedliche Stille störte, war ein erneutes lautes und feuchtes Niesen. "Atischhhuuuuhhh", Wüstensturm schniefte und zog lautstark die Nase hoch. Sie hatte auf dem Felsen vor sich einen nassen Fleck hinterlassen. 'Ihh', dachte sie, 'Boah, wo bin ich denn unter die Pfoten gekommen'. Sie fühlte sich, als wäre ein Haufen Felsen auf sie herabgestürzt, ihr Kopf hämmerte und alles schmerzte.

"Was zum...", murmelte da jemand schwach. Sie horchte auf. Etwas neben ihr bewegte sich. Deshalb war ihr so wohlig warm! Wüstensturm hatte ganz vergessen, dass sie an Jaguarkralle geschmiegt eingeschlafen war. Jetzt öffnete der schwarze Krieger blinzelnd die Augen und zischte vor Schmerz, als er sich strecken wollte. 'SternenClan sei dank hab ich ihn nicht angeniest, das wäre ja noch schöner gewesen', Wüstenpfote musterte ihn kritisch. Er war zwar aufgewacht, doch ob er sich die nächsten Tage bewegen können würde, war fraglich. Hatte er überhaupt bemerkt, dass sie aufgewacht war? Sie stupste ihn zaghaft mit einer Pfote an, ihre Pfotenspitze waschelte über sein Ohr. Jaguarkralle blinzelte wieder. Dann wurde sein Blick klarer und die Augen leuchteten auf.

"Wüstensturm, du...!"

"Bleib liegen, sonst machst du deine Verletzungen nur noch schlimmer"

"Ja...Ich...Aber...du...", Jaguarkralle brachte kein richtiges Wort heraus. Wüstensturm grinste leicht.

"Ich lebe?", beendete sie seinen Satz mit einer Frage.

"Ja!", stieß er aus, "Du lebst!"

"Und das habe ich nur dir zu verdanken.", sie lächelte. Bevor er noch etwas sagen konnte, nahm sie all ihren Mut zusammen, straffte sich und holte tief Luft. Der mutige Krieger hatte nicht gezögert, sein Leben für sie zu riskieren, um sie zu beschützen und ihr das Heilmittel zu bringen. Es war beinahe ungeheuerlich, wie er das geschafft hatte. Unbegreiflich, diese Leistung. Deshalb musste sie es ihm jetzt sagen. Sie hatte schon so lange gezögert, zu lange. Und es wäre beinahe zu spät gewesen, ihm ihre Gefühle zu gestehen. Doch nun würde sie ihre Gelegenheit ergreifen. Sie schluckte. Jaguarkralle sah sie aus seinen durchdringenden bernsteinfarbenen Augen heraus an, er wusste nicht, was sie ihm sagen wollte, merkte aber, dass es sich um etwas Wichtiges handelte.

Sie setzte zu sprechen an: "Ich weiß, dass wir einen holprigen Start hatten und wir nicht immer einer Meinung sind. Auch muss ich sagen, dass ich dich auch am Anfang nicht wirklich mochte, aber irgendwie... Verdammt, ich weiß nicht wie ich es genau sagen soll...", sie zögerte kurz. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie war vor Gefühlen aufgewühlt, sie wusste nicht, wie er reagieren würde. Klar, er hatte ihr schon einmal gesagt, dass sie ihm viel bedeutete, jedoch war sie zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz klar zurechnungsfähig gewesen. Möglicherweise hatte sie sich auch nur eingebildet, dass da etwas war, was in Wahrheit nicht existierte. 'Reiß dich zusammen und spucks endlich aus', schalt sie sich, 'Was ist denn das Schlimmste, was passieren kann? Dass er dich zurückweist?' Ok, das war schlimm. Nicht drüber nachdenken.

Die Kriegerin seufzte einmal tief und drückte sich sanft an seine Flanke. Ihre Stimme wurde leise, war kaum noch ein Flüstern: "Ich liebe dich, Jaguarkralle"

Jaguarkalles Herz blieb einen Augenblick lang stehen und schlug dann in vierfacher Geschwindigkeit weiter. Hatte sie gerade? Ja, hatte sie. Seine Augen brannten vor flammenden Gefühlen. Die Kätzin wirkte verlegen, als er nicht sofort antwortete, da er kurz die Fassung verloren hatte. Das kam so plötzlich... und irgendwie auch doch nicht.

"Ich liebe dich auch.", flüsterte er zurück, "Ich wollte dir das schon so viel eher sagen, aber irgendwie fand ich nie den richtigen Zeitpunkt."

Wüstensturms Stimme zitterte: "Es tut mir so leid, dass ich so biestig zu dir war...ich..."

"Shhh, halt die Klappe. Ich mag dich auch wenn du biestig bist.", er schnurrte und lehnte sich an die sandfarbene Kätzin. Er genoss den Duft und die Wärme ihres Körpers.

"Danke, dass du mich gerettet hast. Danke dass du dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt hast.", murmelte sie, als sie die Augen schloss und ihre Nase in sein Fell an seiner unverletzten Schulter drückte.

"Ich würde es immer wieder für dich tun.", antwortete Jaguarkralle ernst, "Du würdest für mich jederzeit dasselbe tun."

"Ja, das würde ich."

So umschlungen lagen die beiden Katzen da und genossen einfach nur die Wärme des anderen. Ihre Schwänze verknoteten sich. Sie hatten keine Eile, mussten nichts dringend erreichen, keiner war dem Tode nahe. Die beiden konnten einfach nur da sitzen und genießen. Die Sonne wärmte ihr Fell und ihr Schnurren war das einzige, das die Stille durchdrang. Wüstensturm wusste, dass nun alles gut werden würde.

Tadaaaa. Ende. Epilog kommt noch. Aber freut euch schon mal auf Band 3!

Vielen Dank fürs Lesen!

Eure Diana Jane.

Warrior Cats - Sturz in die FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt