KAPITEL 24

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JAGUARKRALLE HOB WÜSTENSTURM hoch und zog sich ihren schlaffen Körper über die Schulter. Wenn sie selbst nicht dazu in der Lage war sich fortzubewegen, würde er eben sie mitnehmen und nach dem Kraut suchen. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Und die würden sie gewiss nicht verplempern.

„Uufff", keuchte er auf, als er einige Zeit später schwer auf seinen Pfoten landete, nachdem er einen kleinen Steilhang hinabgesprungen war. Gut dass sie Verletzung die er sich bei der Flucht vor dem Hund zugezogen hatte, komplett verheilt war. So hatte er seine vollständig wiederhergestellte Körperkraft zur Verfügung, um sich und Wüstensturm sicher durch die felsige Gebirgslandschaft zu manövrieren.

Die Bahn der Sonne nahm langsam ihren Lauf und näherte sich langsam dem Horizont. Die Zeit wurde knapp. Verdammt knapp. Laut Prophezeiung bleib ihnen nur noch diese Nacht und dann wäre es vorbei. „Verdammter Mäusedung", fluchte er leise bei dieser düsteren Feststellung. Er musste schneller vorankommen, aber mit Wüstensturm auf seinen Schultern kam er nur langsam voran. Zu langsam. Viel zu langsam. Aber er konnte sie ja nicht einfach irgendwo ablegen und alleine loszeihen. Sie war ohne ihn in diesem Zustand vollkommen schutzlos. Das konnte er nicht riskieren. „Weißt du eigentlich, dass du jetzt schon fast den halben Tag lang einfach schläfst?", fragte er ohne einen Antwort zu erwarten. Das Geröll knirschte unter ihm. Behutsam setzte er einen Schritt vor den anderen, das Gewischt der Kriegerin lag schwer auf ihm. Das war ihm aber dezent sehr egal. Die Lauft presste sich Jaguarkralle aus den Lungen als er sich einen weiteren Hand wieder hinaufarbeitete. Vor den Katzen lag ein großer Felsvorsprung mit einer großen überragenden Gesteinsplatte.

„Lass und da kurz Halt machen, in Ordnung?", schnaufte er, „Ich muss nur kurz wieder zu Atem kommen.", ein leises Keuchen entrang sich ihm, als er sich wieder weiter hochzog. Seine langen Krallen bohrten sich in das Gestein, zwingend nach Halt suchend. „Dein Krieger ist nur bisschen... außer...Puste", murmelte er vor sich hin, „Keine... Sorge... Wir... gehen... gleich.... wieder... weiter.", stieß er bei jedem Schritt hervor, der ihn weiter nach oben zu einem Vorsprung an der Felswand brachte. hier waren sie gut geschützt und vor Blicken möglicher Angreifer gefeit. Die Gesteinsplatte bildete so etwas wie ein schmales Halb-Dach, das auch fliegenden Beuteräubern die Sicht auf die beiden Katzen versperrte.

„So Kleines, ich setzt dich hier jetzt einfach mal ab.", miaute er sanft und ließ Wüstensturm zu Boden gleiten. Ihr Körper war noch immer komplett schlaff. Ger schob sie dicht an die Felswand, damit sie nicht aus Versehen vom Vorsprung rutschen würde. Anschließend ordnete er ihre Gliedmaßen und brachte sie in eine annähern gemütlich zusammengerollte Position, wobei er ihren Kopf vorsichtig auf ihre vorderen Pfoten bettete. Nun wirkte sie, als würde sie tief und fest schlafen. Richtig friedlich. 

Es besorgte ihn, wie dünn sie geworden war. Das Gift hatte sie ausgezehrt. Sie war nur noch Haut und Knocken. Ihr Fell war matt und stumpf, an einigen Stellen etwas verfilzt, da sie, nachdem ihr Hinterbein den Geist so ziemlich aufgegeben hatte, nicht mehr an manche Stellen rankam, da sie die Balance nicht mehr halten konnte. Jaguarkralles Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Er konnte es nicht ertragen sie so leiden zu sehen. Sie hatte das nicht verdient. Am liebsten würde er ihr die Last abnehmen. Er hätte es verdient; für dein mieses Verhalten ihr gegenüber, als sie sich begegnet waren. Jaguarkralle hatte nur ihre Herkunft gesehen, nicht die Katze und den klugen und mutigen Geist, der sich dahinter befand.

„Disteln, Dornen und Rattendreck....", er fluchte unverständlich vor sich hin, als er die erschöpfte Kriegerin betrachtete. Der große schwarze Kater konnte seine Frustration nicht anders loswerden. Am liebsten würde er vor Wut und Verzweiflung über die Kätzin, die ihm so viel bedeutete, deine Krallen in die Felsen bohren und die bis auf Mark zerfleischen. „Warum du?", fragte er sie. Keine Antwort, welch Wunder. „Warum musst du das alles ertragen, hätte sich das Schicksal nicht jemand anderen aussuchen können?", miaute er mit zusammengebissenen Zähnen, „Du hast bisher schon so viel erstragen müssen, warum das auch noch? Warum jetzt noch.... DAS?"

Keine Antwort. Natürlich keine Antwort, was erwartete er denn? Dass sie auf magische Weise plötzlich gesund und munter aufwachen würde und alles nur ein böser Traum gewesen wäre? Pah. Lächerlich.

Jaguarkralle wurde unruhig. Irgendetwas war faul. Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen, die Felsen und etwas Geröll spiegelten Hitzeschlieren in der Luft. Einige Insekten zirpten. Eigentlich friedlich... Doch... Etwas stimmte nicht. Sein Instinkt sagte ihm eindringlich, dass irgendetwas an dieser ganzen Szene nicht passte. Der Krieger konnte trotz seiner guten Augen und Ohren nicht erkennen, was es war. Wüstensturm war noch immer still. Lag da, völlig schutzlos. Ihr schmaler Körper zusammengerollt unter dem Felsspalt. Jaguarkralle drehte seinen Kopf zu ihr und musterte sie. Seine Ohren zucken in eine andere Richtung - immer auf der Hut. Es kniff die Augen zusammen. "Kann ich es wagen, kurz auf Patrouille zu gehen und sie alleine lassen?", er war hin und hergerissen. "Wüstensturm kann sich nicht verteidigen, sie vollkommen jeglichem Angreifer ausgeliefert. Dennoch ist es unvorsichtig, sich von Beutejägern überraschen zu lassen..." Seine Gedanken kreisten wild in seinem Kopf umher. Er fühlte sich unwohl, ein Rumoren in seinem Magen machte sich bemerkbar - kein Hunger, da er vorhin einen kleinen Spatz gefangen und verspeist hatte, welcher sich unbedachter Weise in die Nähe der beiden Katzen gewagt hatte.

Jaguarkralle schreckte hoch. Sein Fell stellte sich auf. Die Nasenflügel zuckten nervös, er versuchte Geruchsspuren aufzunehmen.

Etwas Klirrte.

Geröll?

Hatte sich etwa eine Staublawine gelöst?

Nein. Das war etwas anderes... Ein seltsamer Duft - nein, eher Gestank - stieg in seine Nase. Konnte es sein, dass ein Raubvogel einen Kadaver fallen gelassen hatte. Es roch penetrant nach Tod und Verwesung. Aas. Ekel schüttelte ihn, die letzte Mahlzeit hätte sich am liebsten wieder nach oben bewegt.

Der Krieger wagte sich etwas nach vorne an den Rand des Felsvorsprungs. Aas konnte er nicht sehen, Geräusche waren keine mehr zu hören, doch dieser alles durchdringende Geruch, dieser bestialische Gestank war immer noch wahrnehmbar. Wurde der etwa stärker? Sein Herzschlag beschleunigte sich. Alles in ihm schrie: Unbekannte Bedrohung! Beschütze Wüstensturm! Nimm sie mit und ergreife die Flucht - man besten so schnell es nur geht!

Instinktiv schob er die Kätzin sanft näher an die Felswand und stellte sie schützend vor sie, damit sie von Beutejägern oder möglichen Angreifern nicht einzusehen war. Auch wenn es zwar nicht nach lebendem Tier roch, er was klug und Krieger genug zu wissen, dass er jetzt nicht die Vorsicht fallen lassen durfte. Sein Instinkt - dem er schon immer vertrauen hatte können - warnte ihn laut. Das konnte und würde er auch nicht ignorieren. Das wäre vollkommen töricht.

Vorsichtig spähte er aus seiner Deckung. Was war das denn für ein Schatten, der sich da in der Ferne bewegte? Irgendetwas rutschte einen Geröllhang hinab. Also das Klirren hatte sich erklärt. Aber was war das? Etwas in ihm sagte ihm, dass das Ding, das da hinab rutschte - tot oder lebendig - kein gutes Zeichen war.

Der Krieger schluckte nervös. Die untergehende Sonne brannte auf seinem schwarzen Pelz. Was war das? Jedes Haar stand ihm zu Berge, er war bereit es mit jedem Gegner aufzunehmen, der sich ihm in den Weg stellen würde. Nichts und niemand würde Wüstensturm berühren oder gar verletzen können. Das würde er nie zulassen. Er beschützte sie mit seinem Leben, das war ihm klar. Es stand ihm glasklar vor Augen, dass er sich ohne zu Zögern für sie in den Tod stürzen würde. Ohne. Zögern.

Plötzlich frischte der Wind auf und ein neuer Geruch - kein neuer; der Gestank von eben! - wurde ihm an die Nase getragen, nur dieses mal um vieles klarer und deutlicher als zuvor. Ja, ganz eindeutig. Ein Feind! Und dieser Feind bewegte sich auf sie zu! In einer mörderischen Geschwindigkeit. Verdammt! Jetzt konnte er beweisen, dass er bis zum Tod für seine Gefährtin kämpfen würde. Er fletschte die Zähne, duckte sich und knurrte bedrohlich. Das dunkle Grollen hallte wie ein dunkler, warnender Donnervon den Felswänden wider.



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Sooo meine Lieben, endlich wieder ein neues Kapitel. Hat bisschen gedauert, aber ich hoffe, es gefällt. Sorry für den Cliffhanger XD

Vielen Dank fürs Lesen!

Eure Diana Jane

Warrior Cats - Sturz in die FinsternisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt