Kapitel.9

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POV.Kyle

Jetzt hatte meine Schwester es wirklich übertrieben. Ich verstand ja, dass sie sauer auf mich war, weil ich sie ganze sechs Stunden in ihrem Zimmer vergessen hatte, vor allem, da ich ihr Zwilling war und es eigentlich besser wissen müsste. Aber trotzdem: Pink und Rot in meinem Haar? Das war jenseits von Gut und Böse. Und das Schlimmste? Ich konnte ihr nichts anhaben. Kein Racheakt, keine Vergeltung. Nicht, weil ich nicht wollte, sondern weil es ein ungeschriebenes Gesetz unter uns Brüdern gab: Keine Rache an unserer einzigen Schwester. Wir konnten sie ärgern, ihr harmlose Streiche spielen, aber Rache? Das war tabu.

„Parezco un payaso con mi cabello!" knurrte ich wütend in die Runde. Ich sehe aus wie ein Clown mit meinen Haaren, und das war keine Übertreibung. Meine Brüder, die alle um den Frühstückstisch saßen, konnten sich das Lachen kaum verkneifen. Keiner nahm mich ernst, selbst Alejandro und Xavier, die sonst auf meiner Seite standen, grinsten hämisch.

Und dann kam sie. Die Verursacherin all dieses Chaos – Kalea. Als sie mich sah, prustete sie laut los und lachte sich beinahe kaputt. Ihre Lache war so ansteckend, dass auch die anderen Brüder lauthals loslachten. Ich blieb als Einziger ernst, wütend und verbittert. Dass sie sich so sehr über meine missliche Lage amüsierte, machte es nicht gerade besser.

Ich betrachtete sie genauer. Kalea war mal wieder viel zu freizügig angezogen, was mich und – wie ich mit einem Blick bemerkte – auch meine Brüder ärgerte. Sie trug einen Rock, der definitiv zu kurz war, und obwohl sie eine lange Weste darüber trug, die ihren Hintern gerade noch so verdeckte, war es nicht genug. Diese Jungs in der Schule würden ihr garantiert auf den Arsch starren, und das machte mich wahnsinnig. Nicht, dass ich überreagieren wollte, aber es war halt meine Schwester. Niemand hatte das Recht, sie so anzustarren.

„Du siehst bezaubernd aus, Hermano querido," sagte sie spöttisch und blitzte mich mit einem frechen Lächeln an

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„Du siehst bezaubernd aus, Hermano querido," sagte sie spöttisch und blitzte mich mit einem frechen Lächeln an.

Ich konnte mir nur ein genervtes Augenrollen verkneifen, bevor ich mein Frühstück weiter aß. Es hatte keinen Sinn, mit ihr darüber zu diskutieren.

An der Schule angekommen, begrüßte uns das übliche Spektakel. Die oberflächlichen Mädchen – die „Bitches", wie Kalea sie gerne nannte – stürzten sich mal wieder auf uns. Doch statt sich auf uns zu konzentrieren, galt ihr gesamter Hass wie immer Kalea. Sie machte aus ihrer Abneigung gegenüber diesen Mädchen keinen Hehl, und ehrlich gesagt, war es mir recht. Sie hatte diese Schnösel-Mädels nicht nötig.

Währenddessen schienen die anderen Schüler mich wie ein seltenes Exemplar zu betrachten – ein seltsames Tier in der Wildnis. Kein Wunder, mit meinen knallbunten Haaren war ich schwer zu übersehen. Am liebsten wäre ich in der Menge verschwunden, doch stattdessen zog ich alle Blicke auf mich. Was mich jedoch mehr beunruhigte, war Lorenzo. Er hatte den ganzen Tag über unsere Gruppe im Blick – oder besser gesagt, er starrte ununterbrochen zu Kalea hinüber.

Lorenzo war jemand, mit dem man sich besser nicht anlegte. Ein Mitglied einer mächtigen Mafiafamilie, und er hatte den Ruf, nicht nachtragend, sondern brutal zu sein. Kalea hatte ihm kürzlich bei einem Wortgefecht ordentlich Paroli geboten, was bei ihm nicht gut ankam. Das sah man ihm jetzt an. Sein finsterer Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er ihr eine Lektion erteilen wollte. Er war es nicht gewohnt, dass jemand – schon gar nicht ein Mädchen – ihm Widerworte gab. Aber Kalea? Sie ließ sich von niemandem etwas gefallen.

Nach Schulschluss warteten wir wie immer auf dem Parkplatz auf Kalea, um nach Hause zu fahren. Doch sie war nirgends zu sehen. Anfangs dachte ich, sie sei vielleicht noch in der Schule und packt ihre Sachen ein – Kalea konnte manchmal wirklich trödeln. Aber nach ein paar Minuten wurde ich unruhig. Ich sah auf die Uhr. Sie war nicht da, und das war ungewöhnlich. Vielleicht war sie doch auf der Toilette? Aber das konnte kaum sein, sie hasste öffentliche Toiletten und benutzte sie nur im äußersten Notfall.

„Sie hat doch ihr eigenes Auto", dachte ich mir schließlich. Also gingen wir ohne sie. Sie würde schon nachkommen, sobald sie fertig war.

Doch jetzt, zwei Stunden später, war Kalea immer noch nicht zu Hause. Meine Unruhe wuchs mit jeder Minute. Es war nicht ihre Art, einfach zu verschwinden. In der Regel hielt sie uns auf dem Laufenden, wo sie war, und besonders in letzter Zeit, nachdem wir herausgefunden hatten, dass sie in das Mafia-Geschäft unserer Familie verwickelt werden sollte, achteten wir besonders darauf, wo sie sich aufhielt. Langsam begann ich, mir Sorgen zu machen.

„Habt ihr was von Kalea gehört?" fragte ich schließlich meine Brüder. Die Reaktion war einheitlich – Kopfschütteln. Niemand hatte eine Nachricht von ihr erhalten, und sie ging auch nicht ans Telefon. Langsam spürte ich, wie sich ein Knoten in meinem Magen bildete.

„Ich rufe Vater an," sagte Alejandro schließlich mit ernster Miene. „Wir sollten kein Risiko eingehen."

Während Alejandro zum Telefon griff, durchfuhr mich ein kalter Schauer. Was, wenn Lorenzo wirklich etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte? Sein Blick heute in der Schule hatte nichts Gutes verheißen, und Kalea hatte es ihm nicht leicht gemacht. Wenn sie wirklich in Schwierigkeiten steckte, war es vielleicht bereits zu spät.

Alejandro redete hastig mit unserem Vater am Telefon, und nach einem kurzen Austausch legte er auf. „Er sagt, wir sollen sofort nach ihr suchen."

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Wir mussten handeln – und zwar schnell.


893 Wörter
Bearbeitet: 19.10.2024

Mein Leben mit 8 BrüdernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt