44. Ein unschönes Aufeinandertreffen

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„Du hast nicht gelogen?", fragte Abraham, ehe im ein spöttisches Schnauben entkam. „Das hört sich schon ziemlich danach an."

Hunter warf Abe einen kurzen, bösen Blick zu, bevor er sich zu uns wendete. Man sah ihm eindeutig an, dass er gerade erst aufgestanden war. Er trug nur eine Boxershorts und ein eng anliegendes Oberteil, seine Haare waren das reinste Durcheinander und seine Augen noch klein vom Schlaf.

Lincoln neben mir schnaubte leise und schüttelte perplex den Kopf. „Für mich hört sich das auch so an." Während sein Bruder eher wütend geklungen hatte, klang Lincoln ausgelaugt und am Boden. „Warum hast du mir nicht die Wahrheit gesagt, Hunter?"

Hunter öffnete bereits den Mund um etwas zu antworten, doch Lincoln redete einfach weiter. „Du hast gesagt, dass Preston das auch möchte, dass zwischen uns drei alles gut ist und noch besser wird, wenn Preston wieder da ist. Warum hast du mir diese Hoffnungen gemacht, wenn du wusstest, dass alles gelogen ist?" Lincoln Stimme war wacklig und mit einem kurzen Blick auf Abes kleinen Bruder konnte ich auch seine glasigen Augen erkennen. „Wie konntest du nur so dumm sein, Hunter?!", rief Lincoln nur halb so aufgebracht wie wahrscheinlich gewollt.

„Ich–", fing mein Exfreund an und löste seinen Blick langsam von Lincoln und sah stattdessen zu mir.

Meine Wut war augenblicklich wieder der Trauer und dem Schmerz gewichen, sodass erneut zahlreiche Tränen über meine Wangen rannten und meine Sicht langsam vernebelten.

Am liebsten würde ich mich einfach nur in mein Bett verkriechen und nie wieder hervorkommen, nie wieder von Hunter oder Lincoln hören. Einfach alleine sein. Dann konnte mir niemand mehr weh tun, niemand mehr mein Herz brechen und meine Tränendrüsen überstrapazieren.

Hunters schönen Augen auf mir zu haben, ließ sämtliche Dämme brechen, sodass meine Knie unter mir nachgaben und ich auf dem Stuhl, der hinter mir stand, zusammensackte. Mein Gesicht barg ich in meinen Händen und das Schluchzen, das im nächsten Moment schmerzhaft aus meiner Kehle blubberte, konnte ich nicht verhindern.

„Lass ihn in Ruhe!", zischte Abraham, den ich im nächsten Moment bei mir spürte. Mit beruhigenden Bewegungen strich er über meinen Rücken und ließ mich damit wissen, dass ich zumindest nicht ganz alleine war.

Zumindest hatte ich noch Abe.

„Schau verdammt nochmal, was du angerichtet hast", brüllte Lincoln nur einen Augenblick später und deutete mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gerade auf mich.

„Das wollte ich doch nicht!", antwortete Hunter genauso energisch. Man konnte hören, wie er die Hände zusammen klatschte und tief inhalierte. „So war das nicht geplant, okay?!"

Hunter hatte einen Plan? War das von Anfang an sein Plan? Mich für sich zu gewinnen und mir dann das Herz zu brechen? War das sein Plan?

Aber warum dann genau mit Lincoln? Jeder andere hätte es genauso getan, dann hätte es zumindest nicht derart weh getan.

Aber wahrscheinlich war das genau Hunters Ziel: Mir so stark wie möglich weh zu tun.

Meine Tränen wurden daraufhin nur schlimmer, mein Schluchzen schmerzte immer stärker in meiner Kehle, aber dieser Schmerz war nicht einmal ansatzweise vergleichbar damit, was Hunter mir angetan hatte.

„Du hattest einen Plan?!", lachte Lincoln höhnisch. „Dann lass deinen super cleveren Plan mal hören!" Lincoln klang so wütend und gleichzeitig so verletzt.

Hatte er sich womöglich auch in Hunter verliebt? War er ihm genauso verfallen wie ich?

Wollte Lincoln deswegen nicht mit mir ausgehen? Weil er insgeheim ein Auge auf Hunter hatte? Weil die beiden damals schon miteinander geschlafen hatten? Deswegen hatte er gesagt, dass er das Hunter nicht antun wollte, dass es Hunter gegenüber nicht fair war.

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