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Tag der E-Mailanfragen und -Beratung – Yeah. Doch, eigentlich freut sie sich auf ihre Arbeit, aber zunächst geht sie mit Woody ihre liebste Runde im Park. Energie und eventuell Sonnenstrahlen tanken. Heute holt Ronja sich keinen Café bei Joe. Vielleicht morgen wieder. Das muss er aushalten können. Sie schmunzelt über sich selbst. 

Nach der Parkrunde geht es wieder nach Hause, dort alles vorbereiten und sich dann mit dem Café an ihren Computer setzen. 

In regelmäßigen Abständen fragt sie ihr Handy, ob neue Nachrichten eingegangen sind. Nein, hätte ich auch mitbekommen. 

Sie hat Alice gefragt, ob sie heute arbeitet. Da sie die ganze Woche anwesend war, hat sie ja das Wochenende bestimmt frei. Was war gestern geschehen? Warum hatte Alice sich so verhalten? Ronja kann sich keinen Reim darauf machen und würde Alice gerne noch mal dazu befragen. 

Aber jetzt kommt erst die Arbeit, danach dann das andere. 

Einige Neuanfragen, die wird sie am heutigen Nachmittag beantworten. Erst einmal ihre Termine und bereits bestehenden Klient*innen. 

◦◦◦◦◦◦

Angenehm am Hafen sitzend, hört sie den Kerl schon von weiter weg. Gestern war er sehr spät dran gewesen, dafür heute ganz schön früh. Sie setzt sich auf ihren Platz und wartet. 

„Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist Blau." 

„Ähm ... Gib mir bitte ... eine Sekunde." 

„Nein. Du hast noch einen Versuch." 

„Ä...h...hhm ... Akzeptanz?" 

„Das ist jetzt wirklich sehr nah dran." 

„Wie nah?" 

„Es ist ein Teil davon." 

„Ein ..." Weiter spricht sie nicht, denn der Kerl ist bereits wieder gegangen, bevor dieses einsilbige Wort aus ihr herausgekommen ist. Ein Teil von Akzeptanz? Also eine Silbe oder wie? Das verstehe ich nicht. Impressionsweise würde der Typ jetzt sagen. Das hilft ihr hier jetzt aber auch nicht weiter. 

Sie bleibt noch ein paar Minuten sitzen und genießt, wie ihr Gesicht mal wieder von der Sonne erwärmt wird. 

Dann gibt ihr Handy ein Laut von sich. 



Alice:
»Hey. Ja, du hast recht, 
ich habe heute und morgen frei. 
Bin gleich nicht da. 
Bis Montag. LG« 

Ronja: 
»Wie schade. Möchtest du 
morgen bei mir vorbeikommen? 
Ich würde mich freuen. LG« 

Alice: 
»Ich überlege es mir. 
Schreib dir später. Okay?« 

Ronja: 
»Ja klar.« 



War das zu forsch? Diese Frage ploppt unmittelbar bei ihr auf. Dazu gesellt sich ein nicht näher definierbares unangenehmes Gefühl. Um nicht weiter in diesem gefangen zu bleiben, berappelt sie sich und steht auf. 

Statt zum Le Petit zu gehen, läuft sie den Pfad entlang dem Hafen zwar zu Ende, schlägt jedoch dann Weg nach Hause ein. Dort gönnt sie sich zuallererst eine kalte erfrischende Dusche und setzt sich dann mit einem leckeren Café auf ihre geliebte Terrasse. Nach einer Weile holt sie ihren Laptop, um ihre Bestellung bei motley's aufzugeben. 

Gerade als sie den Laptop zuklappen möchte, kommt ihr eine Idee. Sie könnte nach der möglichen Lösung des Rätsels recherchieren, um der Antwort auf die Frage des Kerls zumindest näher zu kommen. 

Nur was soll sie genau eingeben? »Ein Teil von Akzeptanz, blau« versucht sie. 

Sie lässt sich die Überschriften der Suche vorlesen. Hm. Erst einmal scheint nichts Passendes dabei zu sein. Irgendwelche Firmen, Bücher und Abschriften, Akzeptanz von Rohstoff ... Sie braucht eine Pause und stellt den Laptop zur Seite. 

Doch ihre Neugierde ist zu stark, als dass sie lange Pause machen kann. Ganz unten werden weitere Suchanfragen vorgeschlagen, lauter Dinge bezüglich irgendwelcher Codes. Sie entscheidet, lieber auf Seite zwei zu gehen. Sie meint, die dritte Überschrift könnte etwas Nützliches sein. Ihre Spannung und Neugierde steigt und steigt. Fast hätte sie aus Versehen 'weiter' statt 'ja' gesagt, damit der Laptop die Seite öffnet. 

Und das, was ihr gerade vorgelesen wird, scheint treffend. Zwar hat sie nie einen am Himmel sehen können, aber sie weiß, wie er aussehen soll und auch die Flagge dazu ist ihr bekannt. Dementsprechend wählt sie direkt die Sucheingabe mit dem Suchwort blau aus. Neun Treffer, sie geht alle durch. Einer nach dem anderen bringt sie nicht weiter. Schon fast enttäuschend. Doch sie bleibt dran.
„Wiederholen" sagt sie ihrem Computer. Treffer Nummer neun präsentiert ihr womöglich die Antwort. Es ist so aufregend. 

Also doch. Das Blau in der Regenbogenflagge steht für Harmonie. Wenn das die Lösung ist, ist das ein ziemlich cooles Rätsel. Nun freut sie sich richtig auf morgen. 

◦◦◦◦◦◦

Voller Euphorie macht sich Ronja wieder an ihre Arbeit. Den Rest des Tages verbringt sie demnach damit, ihre Klient*innen per E-Mail zu beraten und den Neuanfragen einen Termin zu geben oder ihre Fragen zu beantworten. 

Doch die Glückshormone werden schon bald durch etwas anderes abgelöst und lassen ihre Gedanken immer wieder abdriften. Sie braucht länger, es kostet sie mehr Zeit sowie Energie als sonst. Du weißt auch genau, warum das so ist, flüstert ihre innere Stimme ihr zu. Ja, ich warte. Warte darauf, dass mein Handy klingelt. Eine Nachricht hereinflattert. Von ihr. 

Alice ist ihr wichtig geworden und nun ist etwas anders zwischen ihnen. Auch wenn sie das nicht genau begreifen kann, gar verstehen kann, was überhaupt geschehen ist, mag sie es ganz und gar nicht, wie es jetzt gerade ist. 

Ihr Warten wird nicht belohnt. Es erklingt kein erlösender Nachrichtenton. Somit muss sie wohl oder übel ohne eine weitere Nachricht von Alice auskommen und mit ihren nicht geklärten Gedanken darum ins Bett gehen. 

ImpressionsweiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt