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"Ich habe keine Lust zu kochen... Wie magst du deine Pizza?"

Er sah sie fragend an.

"Ich hab schon gemerkt, dass du in einigen Dingen nicht ganz auf dem neusten Stand bist, aber du kannst mir doch nicht weiß machen, dass du nicht weißt was Pizza ist?!"

Er sah verlegen zurück auf die Tischplatte. Er hatte echt keine Ahnung... Vielleicht hatte er so etwas schonmal gegessen und kann sich nur nicht erinnern.
Ihre Skepsis ihm gegenüber wuchs langsam und mit ihr, die Neugier.
Da stellte sie sich das erste mal die Frage: wer ist er?
Doch sie war noch nicht bereit diese Frage zu stellen und er war definitiv noch nicht bereit sie zu beantworten.
Also schluckte sie die Neugier vorerst runter.

" Gut, ich bestelle und du wirst es wunderbar finden"

Verkündete sie.
Sein rechter Mundwinkel zuckte leicht. Er sah sie an.

"Das wäre toll"

Sie verzehrten die riesige Pizza auf dem Sofa, vor dem Fernseher. Er war sichtlich begeistert und verschlang ein Stück nach dem anderen. Wenn er jetzt an die Tage bei 'Denen' zurückdachte, wo er hauptsächlich Suppe und Eintopf vorgesetzt bekommen hatte, wenn er denn mal 'wach' war, lief es ihm kalt den Rücken runter.
Seit er hier war, hatte er einige neue Gerichte kennenlernen dürfen und hatte jedes einzelne gemocht.

Sie zeigte ihm oft Filme, Serien und Bücher die ihr gefielen. Sie hatte gemerkt, dass er Probleme hatte über seine eigenen Interessen zu sprechen, da seine Antwort auf ihre Fragen meist 'ich weiß nicht genau' war. Doch immer wenn sie erzählte, hörte er ihr gespannt zu und stimmte ihr zu, oder erläuterte ihr seine Meinung in dieser Angelegenheit. Meist bildete er sich diese erst während dieser Gespräche, oder erinnerte er sich daran? Es war ihm noch unschlüssig...

Sie freute sich nicht mehr alleine zu sein. Sie wusste, dass er gefährlich sein könnte, wenn er es wollte, es aber nicht würde. Er war ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Es störte sie nicht einmal dass sie ihn mit allem versorgte. Mit Essen, Kleidung und anderen Dingen, aber sie war es gewohnt, denn zu den Zeiten als ihr Bruder noch bei ihr wohnte, spielte es sich genauso ab. Nur das sie sich ihrem Bruder nie so verbunden gefühlt hatte. Klar hatten sie ein gutes Verhältnis zueinander, jedoch konnte sie nie eine so enge Geschwisterliebe zu ihm aufbauen. Sie wusste auch nicht woran es gelegen hatte. Vielleicht hatten sie zu viel durchgemacht...

Genüsslich und satt ließen sie sich ins Sofapolster sinken.

"Du hattest recht. Das war richtig gut"

Sagte er mit vollem Magen.
Sie nickte ihm zu, um ihm ein 'hab ich ja gesagt' zu vermitteln und stellte dann den Fernseher leiser.

"Ich bin so geschafft vom Tag... ich werde jetzt schlafen gehen. Wenn du möchtest, kannst du weiter fernsehen oder dich an meinem Bücherregal bedienen. Gute Nacht dann"

Sie gähnte und Strecke sich beim verlassen des Raumes. Er sah ihr noch einen Moment nach und fragte sich wieder, wie es für eine praktisch fremde Person so selbstverständlich war, Leute von der Straße aufzusammeln und diese dann kostenlos zu verpflegen. Er könnte ein mörderischer Psychopath sein!
Er biss sich auf die Lippe, weil sich dieses Beispiel nicht allzu sehr von der Realität abgrenzte...

Seine rechte Hand zitterte. Sein Blick wanderte zur Metallhand. Er hatte sie ganz vergessen. Er fühlte sich hier so wohl, dass ihm nicht mal auffiel, dass er keinerlei Gefühl in diesem Arm hatte...
Sie hatte ihn auch nie auf diesen angesprochen. Sie akzeptierte ihn, so wie er ist. Obwohl sie schon gerne wüsste was es mit diesem auf sich hat, dachte sie daran, dass es sie nichts anginge, denn man könnte ihm seine Verwirrtheit über seine gesamte Existenz manchmal ganz deutlich ansehen. Was der Grund für ihre Zurückhaltung in diesem Thema war.

Beide machten das Licht aus, ließen sich in ihre Kissen sinken und schliefen gemütlich ein. Während sie schlief wie ein Stein, plagten ihn weiterhin Bildfetzen im Traum...

Blick hinter die dunkle Seite  (Winter Soldier ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt