XV - Eine endlos lange Restwoche

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Es ist Dienstag - nurnoch 4 Tage bis zum Wochenende. Man sollte wirklich weniger Schule und mehr Wochenende haben. 2 Tage reichen doch hinten und vorne nicht, um sich von diesem Irrenhaus hier zu erholen. Heute habe ich 8 Stunden und danach noch Leichtathletik Training, als wär 8 Stunden Schule nicht schon genug. Aber auf das Training freue ich mich eigentlich immer. Es ist schon ein super Ausgleich auch wenn meine Motivation heute größer sein könnte.

Die Stunden ziehen sich wie Kaugummi, zum ersten Mal seit den letzten Ereignissen ist es ansonsten auch relativ ruhig. Dann hat das gestern wohl schonmal keiner mitbekommen. Mit Anik habe ich heute auch nur kurz in der Mittagspause gequatscht, weil sie in den Pausen immer bei Alex war. Unglaublich süß die beiden. Es ist nicht so, dass ich es ihr nicht gönnen würde, nur ich glaube es läuft einfach zu gut. Kennt ihr das? Man denkt die ganze Zeit da kann irgendwas nicht stimmen. Gerade bei einem Typ wie Alex muss irgendwie was dahinter stecken. Und Anik ist natürlich so naiv und verfällt ihm direkt komplett. "Du musst ihn erstmal richtig kennenlernen." Ja sicher... genau wie du. Natürlich habe ich ihr das nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass wir das unbedingt mal machen sollten und ich mich natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen lasse. Natürlich.

Von Jace habe ich übrigens nichts mehr gehört, weder gestern noch heute hat er mir geschrieben und in der ersten Pause habe ich ihn zwar ein mal von Weitem gesehen, aber da war er gerade mit den Jungs beschäftigt. Aber das ist wahrscheinlich auch besser so. Schließlich hatte ich recht und hab eh kein Bock mir seine dumme Erklärung für die Aktion anzuhören.

Jetzt muss ich nurnoch die letzten beiden Stunden Mathe hinter mich bringen und danach geht's zum Training. Mathe ist nicht unbedingt mein Lieblingsfach aber ich bin trotzdem gaar nicht schlecht würde ich sagen. In den letzten Stunden ist das natürlich kein Geschenk, aber es gibt auf jeden Fall schlimmere Fächer. Der Lehrer kritzelt irgendwelche Hieroglyphen an die Tafel, wir schreiben sie ab, rätseln daran herum und danach besprechen wir unsere Rätsel.

Um 15:30 Uhr klingelt es endlich und um 15:45 Uhr beginnt mein Training. Also wandere ich ganz entspannt schonmal zur Umkleide und ziehe mich um. Im Sommer hab ich zum Training immer nicht besonders viel an, zum einen weil es natürlich ziemlich warm ist, zum anderen weil irgendwo rumschlabbernde Klamotten einfach nur stören und deshalb alle nur eine enge kurze Sporthose und einen Sport-BH an haben. Von den Jungs dafür mal einen Spruch zu hören ist eigentlich normal, damit findet man sich halt einfach irgendwann ab. Es bringt eh nichts sich darüber aufzuregen.

Wir laufen erstmal ein paar lockere Runden zum aufwärmen, in der Mitte der Laufbahn ist ein Rasenplatz, auf dem das Football Team fast jeden Tag trainiert. Das große Stadion benutzen sie nur für die Heimspiele, damit der Rasen schön bleibt. Ich glaube Freitags ist der einzige Tage wo niemand hier ist. Also sind wir leider gezwungen uns mit Ihnen zu arrangieren. Auch Jace ist dabei und schon beim aufwärmen hat er ein paar Mal rübergeschaut.

Heute üben wir Weitsprung und 100m Sprints. Wir teilen uns dafür immer auf, die Hälfte beginnt mit Weitsprung, die andere mit den Sprints, damit die anderen nicht so lange warten müssen. Wir haben zwei Trainer, je einer pro Gruppe. Für mich geht es zuerst zu den Sprints. Da ist der Start besonders wichtig weil die Strecke eben so kurz ist. Den wollen wir heute verbessern.

Mein erster Versuch ist eigentlich schon ganz ordentlich denke ich gerade "Mira, drück dich mehr ab aus der Startposition, sei dabei noch schneller, du verlierst sonst zu viel Zeit." Ok dann also nochmal.

Wichtig ist auch, dass man schnell genug auf das Startsignal reagieren kann, vorher starten ist ganz schlecht, aber man will natürlich auch nicht zu lange warten.

Nach 45 Minuten machen wir eine kleine Pause und ich gehe am Rand was trinken. Um die Bahn herum haben wir eine Kleine Steintribüne mit 3 Stufen bzw. Sitzreihen, auf denen wir unsere Sachen immer ablegen beim Training. Tatsächlich haben auch wir bei Wettkämpfen mal den ein oder anderen Zuschauer. An diesem Samstag geht es für uns zu den Kreismeisterschaften, ich mache da auch jedes Jahr mit und bin auch gar nicht so schlecht, in diesem Jahr habe ich das Training aber besonders ernst genommen und erhoffe mir deshalb auch ein bisschen was. Ich habe mich für Weitsprung, 400m und Stabhochsprung angemeldet. Die drei Sachen kann ich am Besten. Deshalb will ich gleich beim Weitsprungtraining auch nochmal alles rausholen.

Beim Weitsprung ist die Schrittfolge besonders wichtig, nur wenn man perfekt bei der Absprungstelle ankommt kann man überhaupt richtig abspringen, nur dann kann man weit springen. Und dann ist die Landung natürlich auch super wichtig, denn gemessen wird die hinterste Stelle mit der man im Sand landet.

Wie gesagt eigentlich kann ich das echt gut, nur heute will es irgendwie nicht so richtig klappen. Erst finde ich die ganze Zeit nicht die richtige Distanz zur Absprungstelle und dann will die Landung auch nicht so richtig klappen, na das kann ja was werden Samstag. Nach 40 Minuten machen die ersten Mädels langsam Feierabend und gehen duschen. Ich will es aber unbedingt noch einmal richtig hinbekommen damit ich für Samstag ein gutes Gefühl habe. Unser Trainer sieht das immer gerne und bleibt das auch noch ein paar Minuten länger. Der erste Versuch klappt schonmal ganz ordentlich, vom Rhythmus und Ablauf passt jetzt wieder alles, jetzt muss ich nur noch weiter springen. Inzwischen haben auch die Jungs ihr Training beendet und machen sich auf den Weg. Aber ich werde mich jetzt nur auf mich konzentrieren und nich von irgendwelchen Sprüchen ablenken lassen.

Ich laufe los, habe einen super Rhythmus, springe genau an der richtigen Stelle ab, noch kräftiger als beim Mal davor. Ich strecke mein Beine vor, um richtig zu landen und nach einer unglaublichen Flugphase lande ich natürlich super elegant mit dem Hintern und den Füßen im Sand. Und schon bin ich zurück in der Realität und höre die Footballer von der Seite pfeifen. Vollidioten. "So kannste mich auch ma bespringen." "Das wird n geiler Hinternabdruck."

Ich sehe zu ihnen rüber und muss mit erstaunen feststellen, dass noch gar kein Kommentar von Jace kam, obwohl er auch am Rand steht. Trotzdem sehe ich ihn böse an, schließlich ist er irgendwie für die Idioten verantwortlich.

"Mira mach auch ruhig Feierabend mit dem Sprung wird das Wochenende auf jeden Fall gut." Na gut dann gehe ich jetzt wohl auch mal duschen.

Die Kabinen sind schon fast leer als ich da bin, die meisten Mädchen ziehen sich schon um oder sind bereits gegangen. Also kann ich in Ruhe duschen und der Schule das warme Wasser klauen. Danach ziehe ich mir eine bequeme kurze Hose und ein Shirt über und mache mich auf den Weg zu meinem Auto.

Und gerade als ich einsteigen und wegfahren will taucht er da einfach zwischen den Autos auf. Das fehlt mir noch.

"Mira warte kurz." Er kommt direkt auf mich zugelaufen. Soll ich einfach einsteigen und fahren? Ich hab ihm schließlich nicht großartig was zu sagen.

"Was machst du gleich noch?"

"Ehm nichts, was willst du?"

"Ok perfekt ich hol dich in ner Stunde zuhause ab."

"Jace ich mache ganz sicher nicht nochmal was mit dir. Das gestern war ja wohl mehr als genug."

"Gott jetzt sei doch nicht angepisst, entspann dich mal. Ich hol dich nachher ab und dann erklär ich dir das. Du hast doch eh nichts besseres zutun."

Naja wo er recht hat... Mal sehen ob der wirklich wieder einfach bei mir auftaucht. Ohne eine Antwort steige ich in mein Auto und fahre nach Hause. Dieser Typ ist echt unglaublich.

Am schwarzen BrettWo Geschichten leben. Entdecke jetzt