6 | Meet

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Als ich aus dem Englischraum trat, sah ich Clay, wie er lässig an die Wand gegenüber von meinem Raum lehnte. Erst schien er mich nicht zu bemerken, doch während ich an ihn herantrat, sah er auf.

"Woher weißt du, wo mein Raum ist?", fragte ich etwas verwirrt. Seine karge Antwort darauf war: "Frag nicht so viel. Lass uns gehen."

Bitter nickte ich und begann in Richtung des Ausgangs der Schule zu laufen. "Bin übrigens mit dem Fahrrad", erklärte ich ihm, als wir aus dem Ausgang der Schule gegangen waren. Er winkte ab. "Ich fahre uns mit dem Motorrad."

Was hätte ich anderes tun sollen, als mitzugehen? Weglaufen war bestimmt keine Option gewesen. Hätte ich einfach nein gesagt, hätte er mich bestimmt zusammengeschlagen und verprügelt. Und so kam es, dass ich auf dem Motorrad von Clay Wilson saß und ihm den Weg zu meinem Haus erklärte. Mir war immer noch ein Rätsel, wie ich mein Fahrrad von der Schule bekommen sollte und morgen dann wieder dort hinkommen sollte.

Man merkte Clay an, dass er mit seinem Motorrad Street Races fuhr, da er dieses sehr gut zu kennen schien. Er driftete um eine Kurve und drehte kraftvoll an seinem Lenker auf der rechten Seite, welche für das Gas zuständig war. Ich genoss diese Art von Adrenalin, trotzdem krallte ich mich an meinen Sitz, um nicht zu sterben.

Als wir endlich in die Nähe meines Hauses kamen, begann Clay langsamer zu fahren. Geschickt parkte er sein Motorrad an der Straßenseite neben unsere Einfahrt, zog die Schlüssel, um abzusteigen, doch ich hielt ihn auf. "Clay?"

Er drehte seinen Kopf in die Richtung und sah mich erwartungsvoll an.

"Wäre es möglich, wenn du dich nicht als Clay meiner Mutter vorstellst?", fragte ich ihn bittend.

"Wieso das?", wollte er wissen, während er misstrauisch eine Augenbraue hochzog. Einen kurzen Moment starrte ich auf seine Lippen, und bewunderte sein Lippenpiercing, welches in der Sonne auf glitzerte.

"Bitte, tu es einfach", flehte ich ihn an, doch er stieg wieder in sein Auto und beugte sich bedrohlich zu mir rüber. "Niemand befielt mir, was ich zu tun habe!", zischte er. Warum war er so?!

Sein Gesicht war unglaublich nah an dem meinem. Ich hätte jede seiner Sommersprossen auf seinen Wangen zählen können. Clay machte sich nicht einmal die Mühe sich zu bewegen, sondern verharrte in seiner Position, bis ich beschämt auf meine Knie sah. "Tut mir leid", gab ich kleinlaut von mir, während ich wartete, bis der große, blondhaarige von dem Motorrad gestiegen war.

Schüchtern öffnete ich ebenfalls die meine und schlich Clay hinterher zu unserer Haustür. Genervt wartete er auf mich, bis ich den Haustürschlüssel aus meinem Rucksack gekramt hatte. Ich öffnete die Haustür und betrat den Eingangsraum. "Mom?", rief ich, in der Hoffnung, dass in der nächsten Minute nichts Schlimmes passieren würde.

Keine Antwort.

Das Haus blieb still. Ich war noch nie froh gewesen, dass meine Mutter nicht da war, doch in diesem Moment begann ich wieder meine Hände zu spüren, da mir klar wurde, dass es weder einen Konflikt zwischen meiner Mutter und Clay, noch eine Konfrontation am Abend geben würde.

Schnell zog ich meine Schuhe aus und stellte diese ordentlich nebeneinander. Clay tat es mir gleich, nur dass er seine Schuhe wahllos so stehen ließ, wie er sie auch ausgezogen hatte.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verschwand ich nach oben. Als wäre es selbstverständlich gewesen, folgte Clay mir und setzte sich auf mein Bett, als wir in meinem Zimmer ankamen.

"Komm her", befahl er mir und ich tat, wie mir geheißen. Etwas wieder willig setzte ich mich neben ihn. Er packt mich mein meiner Hüfte und zog mich näher an ihn. Dachte er jetzt, dass er alle mit mir machen konnte? Ich war angewidert, aber auch irgendwie erstaunt und beeindruckt über dieses Verhalten, da niemand sich respektlos benehmen würde. Niemand, außer ihm.

Seine Hand wanderte meine Taille hoch. Die andere Hand hatte er auf meinen Oberschenkel gelegt. Nicht mal ein Mädchen hatte mich jemals so angefasst und nun auf einmal der heißeste Junge der Schule, den ich eigentlich hassen sollte und der mich gar nicht erst bemerken sollte?

Eine kurze Zeit lang betastete er mich, Er fasste meinen Körper und meine Figur an. Dann, völlig unerwartet, glitt seine Hand unter meinen Pullover. Scharf sog ich Luft ein, während mein Körper sich aufgrund seiner Kalten Hand anspannte. "Entspann dich", raunte mir Clay ins Ohr.

Wie sollte ich mich entspannen, wenn er mich gerade gegen meinen Willen anfasste?

Clay war bei meinem Schlüsselbein angekommen und drückte mich mit dem Rücken auf mein Bett.

Warum?!

Mit einer schnellen und geschickten Bewegen, welche schon fast eingeübt aussah, schwang er sich über mich. Mit funkelnden Augen blickte er mich, auf meiner Hüfte sitzend, von oben an. Ich verstand überhaupt nichts mehr. Das konnte auf der einen Seite sein, da ich nicht wahrhaben wollte, was gerade passierte, auf der anderen, könnte es auch sein, dass Clay so etwas niemals freiwillig machen würde. Es war nicht so, als hätte er etwas gegen homosexuelle, aber ich habe ihn auch noch nie in irgend einer Art und Weise positiv darüber reden hören. Dazu kam, dass wir beide uns absolut nicht kannten.

Clay blickte mir verführerisch in die Augen. Er zog mich dadurch in einen Bann. Ich hatte keine Möglichkeit weg zu gucken. Er hatte es tatsächlich geschafft in diesem Moment meine Aufmerksamkeit nur ihm zu schenken.

Langsam ließ er seine Hand an meinen Hals wandern.

Mit leicht geöffnetem Mund verfolgte ich jede seiner Bewegungen genau, um zu wissen, worauf ich mich einstellen musste. Die Kraft mich zu bewegen hatte ich immer noch nicht wieder gefunden.

Er legte seine Hand um meinen Hals, doch anstatt zuzudrücken, wie ich es eigentlich erwartet hatte, presste er mit seinem Daumen gegen meinen Unterkiefer, wodurch ich meinen Kopf in den Nacken legte und begann schwer zu Atmen. Ob es aufgrund von Angst oder Nervosität war, wusste ich nicht.

Der große Blonde begann zu grinsen, weshalb ich ihn verwirrt ansah. "So ein Bottom", ließ er aus seinem Mund hören.

Genauso geschickt, wie er sich auf mich geschwungen hatte, verschwand er wieder von meiner Hüfte. Ich setzte mich auf. Überfordert von dem, was ich nun alles fühlen sollte, oder nicht.

AbusedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt