10 | A Girl?

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Zu Hause angekommen öffnete mir meine Mutter die Tür.

"Fertig siehst du aus", war das Erste, was ich nach diesem Schultag hören durfte. "Wie war dein Tag?", fragte sie und lächelte mir dabei motivierend zu.

Ich zog meine Schuhe aus und betrat das Haus. "Anstrengend", antwortete ich dabei aus ihre Frage. Sie legte ihren Kopf schief, während sie ihre Hände in die Hüften stemmte. "Hattest du nicht heute nur drei Blöcke Unterricht?", wollte sie wissen. "Ja, aber schon eine ganze Schulwoche hinter mir", murrte ich, nachdem ich meinen Schulrucksack an eine Wand gelehnt hatte und mich an den Mittagstisch gesetzt hatte.

Verständnisvoll nickte sie. "Ich habe heute mal eines deiner Lieblingsessen besorgt", ließ sie mich freudig wissen und stellte mir zwei große Packungen mit meinem Lieblingssushi vor die Nase.

Erfreut riss ich meine Augen auf und grinste sie breit an: "Du rettest damit meinen Tag! Danke!"

Über meine Worte schien sie sich zu freuen, denn mit einem erleichterten Gesichtsausdruck setzt sie sich mir gegenüber und sah mir zu, wie ich mit den beigelegten Stäbchen anfing, das Sushi zu essen.

"Mama, ich hoffe, dass es kein Problem für dich ist, wenn du morgen vielleicht etwas mit deinen Freundinnen unternehmen könntest?", fragte ich sie unschuldig, als mir einfiel, dass Clay etwas mit mir vorhatte. Ich wollte, um genau zu sein, nicht mit ihm alleine sein, da er so alle Möglichkeit dazu hatte, alles mit mir zu tun, was in seinen Fantasien schon passiert war. Auf der anderen Seite, hatte ich echt keine Lust darauf, dass meine Mutter sah, wie ich etwas mit Clay machte. Einerseits, dass ich allgemein mit ihm meine Freizeit verbrachte, andererseits, wollte ich nicht, dass sie mitbekam, wie Clay womöglich – gegen meinen Willen – mit mir rummachte.

Einen kurzen Moment schien sie nachzudenken. Dann sah sie mich wieder an: "Ich glaube, Karin wollte sowieso etwas mit mir unternehmen. Darf ich fragen, wieso ich morgen weg sein soll?"

Auf diese Frage hatte ich keine Antwort parat gehabt, deswegen begann ich etwas von einem Mädchen zu stottern. Sie verstand aus meinem Gestotter wahrscheinlich, dass ein Mädchen mit herkommen sollte und wackelte grinsend mit ihren Augenbrauen. Bisher hatte ich nur normale Freundinnen gehabt. Wirklich etwas mit einem dieser Mädchen anzufangen, war mir zwar in den Kopf gekommen, dennoch hatte ich es nie durchgesetzt. Dafür war ich schon immer zu schüchtern gewesen.

"Um welche Zeit soll ich denn dann weg sein", wollte sie wissen. Ich wusste selbst nicht, wann Clay vorhatte hier aufzutauchen. "I-ich frage ih- sie mal...", antwortete ich meiner Mutter, welche leise auflachte. Ich selbst hatte bemerkt, dass ich rot geworden war. Warum war ich so ein schlechter Lügner?

Damit die Aufmerksamkeit von mir abwich, zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche, nur um zu bemerken, dass ich Clays Nummer nicht einmal besaß, also öffnete ich Instagram, um ihm dort eine Nachricht zu schreiben. Auf meine Nachricht "Wann willst du denn morgen hier sein?" bekam ich schnell die Antwort "Will mein kleiner Junge Daddy schnell wieder sehen?".

Als ich das las, bekam ich eine Gänsehaut. Nicht, weil ich attraktiv fand, was er geschrieben hatte, sondern weil ich sein Selbstbewusstsein und seine allgemeine Einstellung abstoßend fand.

Sollte ich ihm jetzt darauf antworten? Alles, was ich wissen wollte, war, wann er herkommen würde, nicht, dass er sich selbst jetzt auch noch als meinen Daddy sah.

"Ja, möchte ich", antwortete ich ihm, nur damit ich eine Antwort auf meine Frage erhalten konnte.

"Dann machen wir es so früh wie möglich", schrieb er zurück.

Verdammt.

Mit so etwas hätte ich rechnen müssen. So wie ich mir vorstellen konnte, würde er auch länger hier bleiben. Ich sah meine Mutter an, welche gedankenverloren ihre Haare mit einem Finger ein drehte. "Sie schreibt gerade, dass sie etwas früher herkommen wollte", ließ ich die wissen, während ich beobachten konnte, wie sie durch meine Worte aus den Gedanken gerissen wurde.

"Oh, alles klar, dann bin ich so gegen Zwölf aus dem Haus", lächelte sie. Dankbar lächelte ich sie ebenfalls an. "Danke"

"Alles für meinen Sohn! Erzähl mir dann, wie es gelaufen ist", zwinkerte sie. Ich schmunzelte und stand dann auf. "Ich werde mal Hausaufgaben machen", ließ ich sie wissen, woraufhin ich nach oben in mein Zimmer verschwand. 

Oben angekommen, begann ich mein Zimmer aufzuräumen und klarzumachen, dass alles gut aussah, wenn Clay hier war. Dann begann ich mir Gedanken darüberzumachen, was passieren könnte und wie ich das, was passieren würde, genießen konnte. Clay war groß, attraktiv, stark und wusste, was er tat, wenn er mit einem flirtete. Seine Lippen auf meiner Haut fühlten sich gut an. Was aber, wenn er mehr machen würde, als nur meinen Hals, oder Oberkörper zu küssen?

Würde ich allen Ernstes meine Jungfräulichkeit an einen Jungen verlieren, welcher am Ende nicht einmal etwas von mir wollte? Was wäre, wenn ich beginnen würde, Gefühle für ihn zu entwickeln, doch mich am Ende nur fallen ließ.

Erneut nahm ich mein Handy in die Hand. "Bin ab 12 frei", ließ ich Clay wissen. Anschließend ging ich auf sein Profil und begann mir seine Instaposts anzugucken. Oft war er darauf Oberkörperfrei zu sehen und um ganz ehrlich zu sein, musste ich zugeben, dass der muskulöse Teenager wirklich heiß aussah.

Ich lief leicht rot an, als ich bemerkte, dass ich immer mehr zugab, dass Clay gut aussah und ich ihn in meiner Nähe haben wollte. Mir war klar, dass wenn ich mich auf ihn einlassen würde, ich von ihm fallen gelassen werden würde. Gegen meine Gefühle, welche leicht begannen, sich für Clay zu entwickeln, konnte aber leider nichts tun.

Langsam begann die Sonne zu sinken. Meine Uhr verriet mir, dass es schon 18 Uhr war. Ich saß an meinem Schreibtisch und las an dem Englisch-Buch, für das ich eine Art Interesse entwickelt hatte. Dieses Buch zu lesen, fühlte sich genauso spannend an, wie zu erfahren, was Clay wirklich für ein Mensch war und was er mit einem anstellen würde. Ob man sich nun auf ihn einließ, oder nicht. Der Rest des Abends bestand darin, dass ich mein Leben infrage stellte und mir alle Aktionen, welche ich in meinem Leben schon gemacht hatte, zu hinterfragen.

Aufgeräumt hatte ich schon, duschen würde ich dann morgen früh. Und so, schlief ich mit prickelndem Bauch und etwas Aufregung ein, den morgigen Tag abwartend. 

AbusedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt