Weihnachten mit dir (1)

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Seit sie sich vor zwei Jahren von ihrem Mann getrennt hatte und die beiden seit ein paar Monaten offiziell geschieden waren, würde sie die Weihnachtszeit, ganz besonders Heiligabend, am liebsten überspringen, vorspulen, vor allem dieses Jahr. Ihre beiden Töchter waren das vergangene Jahr an Heiligabend bei ihr gewesen, dieses Weihnachten würden sie mit ihrem Vater verbringen. Sie wusste, dass das nur fair war und sie war froh, dass sie das trotz der Scheidung so problemlos geregelt bekamen, doch als Mutter riss allein der Gedanke ihr Herz in tausend Stücke. Sie hatte die Geschenke der beiden bereits alle besorgt und liebevoll eingepackt, mit Kärtchen und Schleifen versehen, sodass Daniel diese in den kommenden Tagen ungesehen abholen konnte und die beiden Mädchen zumindest diese öffnen könnten. Bereits jetzt, Mitte Dezember, überkam sie ein unbeschreibliches Gefühl der Einsamkeit. Sie hätte nie geglaubt, dass ausgerechnet ihr das mal passieren würde. Sie hatte sich immer diese perfekte Zukunft ausgemalt, in der nie Platz gewesen war, für Stolpersteine oder irgendeine Form von Scheitern. Sie hatte immer gedacht, dass es sie nie treffen würde, dieser Fluch der verfliegende Liebe und dieses nur noch nebeneinanderher leben und das zu viele arbeiten und sich selbst vergessen. Sie hatte es besser machen wollen, für sich, aber vor allem für ihre Kinder, doch irgendwann war es einfach zu spät gewesen. Egal wie sehr sie sich auch angestrengt, an sich gearbeitet hätten, es wäre nie wieder so gewesen wie vorher. Und ganz ehrlich, lieber führte sie gar keine Beziehung als eine schlechte Beziehung, oder wie hieß es so schön?

Der Kalender auf ihrem Schreibtisch zeigte den 22. Dezember, dazu das Bild einer verschneiten Schneelandschaft. Der 22. Dezember, ihr letzter Arbeitstag, bevor auch die Politik, sie und all ihre Parteikollegen eingeschlossen, für die kommenden Weihnachtstage etwas zur Ruhe kommen würden. Ehrlich gesagt hätte sie sich für die nächsten Tage am liebsten in ihrem Büro eingeschlossen und etliche Stunden durchgearbeitet, dann müsste sie sich wenigstens innerlich nicht damit beschäftigen, dass sie Weihnachten völlig allein verbrachte. Es machte ja auch gar keinen Sinn irgendetwas zu feiern. Sie hatte sich dieses Jahr keinen Baum zugelegt, hatte kaum Zeit gehabt zu dekorieren und würde kein aufwendiges Weihnachtsessen zubereiten, ganz für sich allein, da war es nur logisch, die Zeit irgendwie sinnvoll zu verbringen. Ein unaufhaltsames Seufzen entglitt ihr, womit sie Roberts Aufmerksamkeit unbeabsichtigt auf sich lenkte. „Alles okay bei dir?" Sie schaute flüchtig von ihrem Computerbildschirm auf und nickte. „Alles gut." Als sie ihren Blick wieder sinken ließ, hörte sie die Rollen seines Schreibtischstuhls über den Boden schleifen, bis er schließlich seitlich vor ihr saß. „Was ist los? Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Ist irgendetwas mit den Kindern oder deinem Ex?" Sie ließ sich gegen die Lehne ihres Stuhls sinken, hielt einen Moment inne. „Es ist alles okay, wirklich. Es ist nur, die beiden werden Weihnachten dieses Jahr mit ihrem Vater verbringen und das ist ja auch gut so und ich freu mich für sie, wirklich, aber es tut trotzdem irgendwie weh. Ich weiß, es klingt total albern, aber dieser Gedanke, dass sie an Weihnachten nicht bei mir sind, das zerreißt mir mein Mutterherz." Sie biss sich kräftig auf die Lippe, um ein paar aufsteigende Tränen zu unterdrücken, die er kurz darauf in ihren Augen schimmern sah. „Das ist überhaupt nicht albern. Du liebst die beiden über alles, da ist es nur verständlich, dass du sie an diesen Tagen bei dir haben möchtest. Umso mehr kannst du stolz auf dich sein, dass ihr das seit der Scheidung alles so gut geregelt bekommt." Sie warf ihm ein dankbares Lächeln zu und verpasste ihm einen warmen Händedruck. Er war die gesamte Trennungszeit und auch während der Scheidung als enger Freund an ihrer Seite gewesen, hatte sie getröstet und aufgebaut, wenn sie es am meisten gebraucht hatte. Diese Zeit hatte ihr endgültig gezeigt, dass sie sich bedingungslos auf ihn verlassen und sie ihm mit allem, was in ihr vorging, vertrauen konnte. „Was hast du denn geplant für die kommenden Tage? Kommen deine Söhne zu Besuch?" Er beobachtete, wie sie sich einmal die feuchten Augenwinkel entlangfuhr und schüttelte mit dem Kopf. „Du weißt ja, die Jungs wohnen inzwischen in Hamburg, haben Freundinnen, die haben Familien und die wollen dann natürlich alle zusammen feiern. Ich werde dann an Silvester mal für ein paar Tage runterfahren und wir verbringen dann Neujahr zusammen." Obwohl es so offensichtlich war, schienen beide eins und eins nicht zusammen zählen zu können. Stattdessen wendeten sich beide erneut ihrer Arbeit zu, während sie darüber hinaus weiter in den Gedanken eines einsamen Weihnachtsfestes versank. 


Voilá, der erste Teil meiner kleinen, weihnachtlichen Shortstory. Ich weiß, alles noch sehr unspektakulär, aber ich hoffe ihr mögt es trotzdem. Morgen geht es dann weiter mit Teil zwei. :) <3 

One Shots & Short Stories (Annalena Baerbock x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt