Wer wir sind (Oneshot)

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Hallo ihr Lieben, nach längerer Zeit gibt es von mir auch mal wieder ein Update. :) Ich hoffe es geht euch gut und ihr kommt irgendwie zu recht, in diesen ungewissen Zeiten. 

Das hier ist ein weiter Teil der "Bis wir uns wiedersehen"- Storyline. Ich hoffe er gefällt euch. Wie immer freue ich mich über euer Feedback und wünsche euch ein schönes und entspanntes Wochenende. <3  


„Vorsicht, heiß." Dankend nahm sie ihm die qualmende Tasse Tee aus der Hand, die er ihr liebevoll mit zwei Beuteln Kamille und einem Schuss warmer Milch zubereitet hatte. Sie hatte sich inzwischen aus ihren triefend nassen Klamotten geschält, trug stattdessen einen zu großen Pullover von ihm und die passende Jogginghose. Ihre Beine waren angewinkelt, ihr Körper umhüllt von einer wärmenden Decke, in die er sie kurz nach ihrem Ankommen eingewickelt hatte. Sie hatte ihm bis jetzt nur bruchteilartig erklärt, was passiert war, wieso sie mitten in der Nacht vor seiner Tür auftauchte, doch er hatte eine grobe Ahnung und wollte sie am liebsten in einen schützenden Kokon hüllen, in dem ihr das alles nichts mehr anhaben konnte. „Du weißt, dass du so lange bleiben kannst, wie du möchtest, wie du es brauchst." Ein für immer sparte er sich. Zu gerne hätte sie ihm gesagt, dass sie ein paar Tage, Wochen bleiben würde, doch spätestens, als ihr Blick auf seinen traf, wussten sie beide, dass das nicht ging, dass sie am nächsten Tag zurück nach Hause gehen würde, zu ihren Kindern und auch zu Daniel. Ein leises Schlürfen drang durch den Raum, als sie einen ersten Schluck des heißen Tees nahm und sie ließ sich mit ihrem Kopf erschöpft gegen seine standhaltende Schulter fallen. „Ich liebe dich." Hauchte sie kaum hörbar in den Raum, zittrig, tränenerstickt, weil sie nicht wusste, was die Zukunft für sie beide bereithielt, wie lange sie noch standhaft bleiben konnte.

So vorsichtig wie möglich, trug er sie rüber ins Schlafzimmer. Er hatte sie nicht darin gehindert, auf der Couch, an seine Schulter gelehnt, einzuschlafen, weil sie so unfassbar erschöpft gewesen war und er den Moment so sehr genossen hatte. Er hatte dagesessen, in der Dunkelheit, beobachtend, aufpassend. Es war kaum greifbar für ihn, was er inzwischen für sie empfand. Noch nie zuvor hatte er so geliebt, so tief, so durchdringend, so intensiv. Umso mehr zerbrach es ihn, wie aussichtslos ihre gemeinsame Situation war, dass sie zeitnah keine tatsächliche Beziehung führen würden. Manchmal wünscht er sich, dass sie frei war, dass sie nichts und niemand band, an das Leben, dass sie vor ihm geführt hatte, keine Kinder, kein Mann, doch sein schlechtes Gewissen durchkreuzte diese Gedanken, ließen ihn sich dafür schämen, dass er so dachte.

Langsam legte er sie auf der Matratze seines Bettes ab, deckte sie liebevoll zu. Der Kuss, den er ihr auf die Stirn drückte, war sanft, war zärtlich, ihr Duft stieg ihm in die Nase. „Bleibst du bei mir?" Ihr Griff um sein Handgelenk kam unerwartet und er konnte in der Dunkelheit umrissartig erkennen, wie sie sich ein wenig aufsetzte. Wortlos kletterte er zu ihr ins Bett, legte sich hinter sie und zog sie mit einem Arm um ihre Körpermitte an sich. Sein Gesicht versank in ihrer Halsbeuge, ihren dunklen Haaren. Er versuchte alles aufzusaugen, diesen Moment, dieses Gefühl. Sie hatten sich so lange nicht berührt. Er spürte, wie sie in seinem Arm versank, ihre Finger zwischen seine schob, als wollte sie ihm deutlich machen, dass sie immer miteinander verbunden sein würden, egal, was passierte, als würde sie nichts und niemand jemals trennen. „Es tut mir leid, dass meinetwegen alles so kompliziert ist und ich nicht voll und ganz zu dir stehen kann. Ich könnte verstehen, wenn dir das alles zu viel wird und du das alles nicht mehr willst, mich nicht mehr willst." Ihre Worte überraschten ihn, verletzten ihn, weil sie ihm kurzzeitig das Gefühl gab, dass es vor allem einfach für sie wäre, das alles hinter sich zu lassen, dass es nicht ihm, sondern ihr zu kompliziert und zu anstrengend wurde. Er versuchte diesen Gedanken reaktionslos hinunterzuschlucken, drückt stattdessen einmal fest ihre Hand. „Ich habe dir gesagt, dass ich auf dich warte, egal, wie lange es dauert, und daran wird sich nichts ändern. Egal, wie oft du nachts noch vor meiner Tür stehst und am Morgen wieder gehst. Egal, wie aussichtslos das alles scheint. Ich bin da, wenn du das willst." Er spürte, wie sie sich vorsichtig zu ihm umdrehte, glaubte im Schein der Straßenlaterne ein paar Tränen in ihren Augen glitzern sehen zu können. „Natürlich will ich das, dich, aber ich will vor allem, dass du glücklich bist, und ich hab das Gefühl, dass dich diese ganze Situation unglücklich macht, dass du leidest." Er strich ihr sanft ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, fing mit seinem Daumen die einzelnen Tränen auf, die sich nach und nach von ihren Augen lösten. „Wie könnte ich mit dir an meiner Seite unglücklich sein? Natürlich will ich am liebsten jeden Morgen mit dir aufwachen, öffentlich zu dir stehen, dich voll und ganz bei mir wissen, aber ich weiß, dass das momentan eben noch nicht geht und das habe ich akzeptiert. Umso mehr genieße ich die Zeit, die wir gemeinsam haben." Als sie ihn daraufhin in einen innigen Kuss verwickelte, konnte er nicht anders, als sich für einen Moment darin zu verlieren, in diesem Gefühl, in dieser Leidenschaft. Mit ein paar Fingern schlüpfte er unter ihr T-Shirt, ertastete ihre weiche Haut, auf der sich unter seinen Fingern nach und nach eine Gänsehaut bildete. Er spürte, wie sie ein Bein um ihn schlang, sich in seinen dunklen Haaren fest griff. „Wir müssen nicht. Ich weiß, dass du müde bist", raunte er ihr Luft schnappend ins Ohr und appellierte so gleichzeitig an seine eigene Vernunft. „Schlaf wird überbewertet." Als ihre Lippen daraufhin erneut auf seine trafen, glich dies einem Geständnis, einem du hast mich, einem ich bin dein, für immer. Etwas, dass ihm womöglich Tränen der Rührung in die Augen getrieben hätte, wenn sie nicht so ineinander vertieft gewesen wären. „Ich will dich", flüsterte sie ihm federleicht ins Ohr und krallte sich demonstrativ in die Haut seines Rückens. Etwas, das er mochte, das ihn hörbar seufzen ließ. Gekonnt manövrierte er sie daraufhin auf den Rücken, beugte sich über sie. Genüsslich saugte, knabberte er an ihrem schlanken Hals, intensiv, trotzdem mit dem Gedanken, sichtbare Spuren nur unterhalb ihres Halses zu hinterlassen. Ein tiefes Stöhnen entglitt ihr. Für einen Moment musste sie an all die Textnachrichten denken, die Telefonate, von denen sie geglaubt hatte, dass diese ihr reichen würde, dass diese Körperlichkeit auf Distanz sie vollends befriedigen könnte, doch jetzt, wo sie so da lag, von seinem Gewicht in die Matratze gedrückt, umgeben von seinem Duft, berührt von seinen Händen, seinen Lippen, wurde ihr schlagartig bewusst, wie naiv sie gewesen war. Nichts und niemand könnte diese Realität jemals ersetzen.

Es dauerte nicht lange, bis sie sich gegenseitig aus ihren Klamotten geschält hatten. Behutsam schob er seine Finger zwischen ihre und führte sie über ihrem Kopf zusammen. „Ich hab dich so vermisst, wie du schmeckst, wie du riechst. Ich hab wirklich nicht geglaubt, dass es mich jemals so erwischen könnte", murmelte er aufrichtig. Als sie daraufhin ihre Beine hinter seinem unteren Rücken kreuzte und er Stück für Stück in sie eindrang, war die Welt für einen Moment in Ordnung, mehr als das. Es fühlte sich an, als wäre er endlich wieder angekommen. Als wäre sie sein Ziel, sein Anfang und sein Ende. Sie krallte sich spürbar in seinen Rücken, warf stöhnend ihren Kopf in den Nacken, als sie sich in einen gemeinsamen Rhythmus einfanden. „Ich liebe dich, Robert, so sehr." Während sie einander liebten, geräuschvoll und inniger denn je, rückten alle vorangegangenen Sorgen in den Hintergrund.

„Kann ich dich was fragen?" Murmelte er hörbar erschöpft in den dunklen Raum und spürte sie neben sich bejahend nicken. „Wirst du mit Daniel schlafen, wenn er weiterhin darauf drängt?" Robert hatte das nie gewollt, eifersüchtig sein, eifersüchtig klingen, auf einen Mann, den Annalena mal genauso geliebt hatte, wie sie jetzt ihn liebt, doch er war es. Allein der Gedanke war kaum zu ertragen. „Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Wollen tue ich es nicht, ganz klar, aber ich weiß auch, dass das für ihn alles keinen Sinn ergibt, dass er Verdacht schöpft, wenn ich es nicht tue. Wir hatten immer regelmäßig Sex und plötzlich hört das einfach auf, da würde ich auch hellhörig. Würdest du es wissen wollen, falls es dazu kommen sollte?" Er schüttelte augenblicklich den Kopf, ließ den Griff um sie ganz automatisch fester werden. „Nein, ich glaube nicht und ich will dich auch in keiner Weise beeinflussen. Du musst das machen, was du für richtig hältst." Er spürte, wie sie daraufhin sanft ihre Hand auf seiner Wange ablegte und sein Gesicht unumgänglich zu sich drehte. „Du musst nicht eifersüchtig sein. Ich liebe dich, nur dich. Das mit Daniel ist vorbei, ich bleibe nur bei ihm, weil ich nicht will, dass die Mädchen ihre Familie verlieren, das, was sie kennen und von dem sie fest glauben, dass es noch existiert." Als sich ihre Lippen daraufhin in einem sanften Kuss trafen, nahm sie nichts anderes mehr wahr, nur ihn, den Moment. Ihr Handy piepte.

Annalena, wo bist du? Ich mach mir Sorgen. 

One Shots & Short Stories (Annalena Baerbock x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt