Nimm mir meinen Schmerz (Oneshot)

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Ihr Lieben,

ich hoffe ihr hattet schöne und erholsame Weihnachtstage und konntet den stressigen Alltag ein wenig hinter euch lassen.

Ich habe lange nichts von mir hören bzw. sehen lassen und möchte auch direkt sagen, dass nach diesem Oneshot erst mal keine weiteren Texte geplant sind, außer ich habe weitere Ideen, die ich unbedingt umsetzen möchte.

Auch, wenn #Baerbeck scheinbar nicht mehr von allzu vielen gelesen wird, hoffe ich, dass euch mein Oneshot gefällt und freue mich wie immer über euer Feedback. 

Kommt gut und sicher ins neue Jahr! <3


Sie trank einen großen Schluck aus der dunkel-etikettierten Flasche. Alkohol, der betäuben sollte, der half zu vergessen und in den vergangenen Wochen und Monaten immer häufiger als starke Schulter für sie dagewesen war, immer dann, wenn die Menschen um sie herum das nicht hatten sein können. Sie hatte es unter Kontrolle, irgendwie, doch an manchen Abenden, wenn ihre Gedanken zu laut waren, sie sich so unendlich einsam fühlte, wusste sie sich einfach nicht anders zu helfen. Sie kannte ihre Grenze, irgendwie, wechselte zu Wasser, sobald in ihrem Kopf alles zu verschwimmen begann, doch vollkommen konnte sie diesem Gefühl nicht widerstehen, dem Nebel, dem Schleier, der sich in diesen Momenten scheinbar schützend um sie legte und den Schmerz in ihr betäubte.

Ein wenig mühsam raffte sie sich vom Boden ihres Hotelzimmers auf, stellte die inzwischen zugeschraubte Flasche auf der kleinen Kommode neben ihrem Bett ab. Es war kurz vor halb zwölf, mitten in der Nacht also, und viel zu spät dafür, dass sie am nächsten Morgen wieder früh auf den Beinen sein würde, ja müsste. Ein wenig ertappt spürte sie, wie ihr Magen nach ein paar wackeligen Schritten lautlos knurrte und sie leise seufzen ließ. Ein weiteres Problem ihres übermäßigen Alkoholkonsums, sie vergaß zu essen, umso verlockender war der Gedanke des rundum die Uhr verfügbaren Zimmer-Services ihres Hotels, bei dem sie daraufhin ein simples Pastagericht bestellte, was sie vor dem zu Bett gehen, vor allem ihres eigenen Gewissens wegen, zu sich nehmen würde.

Ein leises Seufzen entglitt ihr, als sich das heiße Wasser der offenen Dusche über ihr ergoss, auf ihre verspannten Schultern prasselte und ihren nackten Körper hinabrannte. Sie spürte, wie sich ein erstes Gefühl der Entspannung in ihr breitmachte und atmete tief aus. Mit geschlossenen Augen fuhr sie sich durch die dunklen Haare, strich sich diese aus dem Gesicht, während sie ihre Nasenspitze der Decke entgegenstreckte. Sie ignorierte den dampfenden Wasserqualm, der um sie herum emporstieg und sich nach und nach im gesamten Badezimmer ausbreiten würde. Das Wasser war zu heiß, doch sie wollte es so, verglich es in ihrem Kopf mit einer durchdringenden Massage, die sie dringend nötig hatte. Sie wusch sich die Haare, ihren nackten Körper, atmete immer wieder den angenehmen Duft ihres Duschgels ein, das sie an zu Hause erinnerte, an Berlin, an alles was war und alles was sein würde.

Sie war gerade dabei, in einen der flauschigen Hotelbademäntel zu schlüpfen, als es an der Tür klopfte. Bei dem Gedanken an ein warmes Essen machte sich ein weiteres Mal ihr Magen bemerkbar, was sie barfuß ins Nebenzimmer laufen und die Tür in einem Schwung öffnen ließ, doch da war kein Essen, im Gegenteil. Sie hatte kurz das Gefühl zu halluzinieren, verspürte die Sorge, dass sie irgendwo bei der versteckten Kamera war oder der Restalkohol in ihrem Blut ihr einen ziemlich guten Streich spielte, weil das einfach nicht sein konnte. Sie unterdrückte das Bedürfnis, sich die müden Augen zu reiben. „Was...was machst du denn hier?" Ungewohnt ernst blickte er sie an, musterte sie für einen Moment, die nassen Haare, die ungeschminkte Haut, der viel zu große Bademantel. „Wir müssen reden, Annalena." Sie konnte ihm ansehen, dass es ernst war, dass er nicht den ganzen Weg bis nach Paris zurückgelegt hatte, um sie zu überraschen oder belanglose Gespräche zu führen. Sie zog ihn schließlich mit einer ruckartigen Bewegung vom Hotelflur in ihr Zimmer und schloss die Tür. Mitten im Raum fuhr sie um, doch sein Blick lag nicht länger auf ihr, sondern auf der halbleeren Flasche mit hochprozentigem Alkohol, die sie vor ihrer Dusche noch auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett abgestellt hatte. „Also doch. Ich kann es nicht glauben", murmelte er kaum wahrnehmbar, fuhr sich mit beiden Handflächen schnaufend über das ausgezehrte Gesicht. „Wie lange geht das schon?" Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte sie ihn an, verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie lange geht was?" Er machte ein paar wenige Schritte auf sie zu, zögerte sie am Arm zu berühren. „Annalena, das hier ist kein Spaß. Wie lange trinkst du schon?" Ein verächtliches Zischen kam ihr über die Lippen, während sie ihn mit ernstem Blick fixierte. „Ernsthaft? Deshalb bist du hier? Weil ich mir zwischendurch mal ein Glas Wein oder einen Long Drink gönne? Ich bitte dich. Den Weg hättest du dir sparen können." Konterte sie forsch und schüttelte demonstrativ den Kopf. „Deine Assistentin hat mich angerufen, vor Wochen schon. Sie weiß Bescheid, sie wissen alle Bescheid. Kein Wunder, ich rieche deine Fahne bis hier." Annalena spürte, wie sich bei diesem Gedanken unaufhaltsam ihr Hals zuschnürte, sich innerhalb weniger Sekunden ein nervöser Schweißfilm auf ihre Stirn legte. Sie schluckte und schluckte ein weiteres Mal, doch die plötzlich auftretende Panik blieb. „Ich hab sie verdammt nochmal nicht darum gebeten. Mir geht es gut." Sie wich ein Stück zurück, als er weiter auf sie zu und schließlich einen Schritt an ihr vorbeiging, um die Flasche auf ihrem Nachtschrank genauer zu begutachten. „Ich mache mir Sorgen um dich. Wie viel hast du abgenommen? Sechs, sieben Kilo?" Als ihre Blicke sich daraufhin erneut streiften, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie fühlte sich nackt, sich seiner Konfrontation völlig ausgeliefert. Für einen Moment war es wie damals. Er hatte sie schon immer lesen können, sich nie davor gescheut, sie mit ihren eigenen Fehltritten zu konfrontieren, im Gegenteil. Sie hatte ihn dafür immer gemocht, bewundert, doch jetzt hasst sie ihn dafür. „Das geht dich gar nichts an." Erwiderte sie stur und hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt und vor die Tür gesetzt, um sich in Ruhe weiter zu belügen, gleichzeitig regte sich eine leise Stimme in ihr, die so unendlich froh war, dass da endlich jemand war, der sie der schmerzlichen Realität aussetzte. „Natürlich geht mich das was an. Hast du dich mal angeschaut? Bekommst du noch mit, was mit dir passiert? Ich erkenn dich überhaupt nicht mehr wieder." Scheinbar hilflos baute er sich vor ihr auf, packte sie bei den Schultern und schob sie rückwärts, um sie anschließend um 180 Grad zu drehen. Als sie daraufhin aus dem Nichts mit ihrem eigenen Spiegelbild konfrontiert wurde, erschrak sie innerlich. Natürlich hatte sie in den vergangenen Wochen mehr als einmal in den Spiegel geschaut, ihre schicken Kostüme gerichtet, sich einen unauffälligen Lippenstift aufgetragen und natürlich hatte sie gemerkt, wie sie mehr und mehr an Gewicht verlor, ganz unbeabsichtigt, und doch war es, als wäre ihr Verstand, ihre Einschätzung von richtig oder falsch völlig betäubt, benebelt gewesen. „Ich weiß, dass ich abgenommen hab, aber das ist doch ganz normal bei all dem Stress. Mir geht es gut, Robert, wirklich." Als ihre Blicke sich daraufhin im Spiegel trafen, durchschoss sie aus dem Nichts ein perfider Plan. In ihrer Aufmerksamkeit spürte sie weiterhin den festen Griff seiner vertrauten Hände auf ihren Hüften, fast so, als wollte er unter allen Umständen verhindern, dass sie flüchtete. „Du fehlst mir." Murmelte sie daraufhin leise und verfiel in ein tiefes Hohlkreuz, was ihre Körper unausweichlich miteinander kollidieren ließ. „Fehl ich dir auch?" Ihre Stimme klang unpassend belegt, während sie ihre Hände kaum wahrnehmbar ihren Körper hinabgleiten ließ. Sie bemühte sich seinem Blick standzuhalten, ihn abzulenken, mit ihren blauen Augen, in denen er sich gewiss nicht zum ersten Mal verlor. Schneller als er sie stoppen konnte, entknotete sie daraufhin geschickt den Gürtel ihres Bademantels, was beide Seiten unaufhaltsam offen fallen ließ und einen kleinen Spalt auf ihren nackten Körper frei gab. Sie biss sich auf die Lippe, suchte seinen wandernden Blick im Spiegel. „Das mit uns, das war immer so gut. So gut", hauchte sie nachdrücklich und ließ sich mit ihrem Hinterkopf gegen seine Schulter fallen, schloss für einen Moment die Augen, fast so, als würde sie sich kurzzeitig in Erinnerungen verlieren. Sie wusste, dass dieses Spiel ganz schön riskant war, dass er jeden Moment auf dem Absatz kehrt machen und verschwinden könnte, so wie sie es von Anfang an geplant hatte, doch er bewegte sich nicht vom Fleck, war standhaft, wie ein Fels in der Brandung, so, als würde ihn das alles völlig kaltlassen, doch das tat es nicht, dafür kannte sie ihn zu gut. „Berühr mich, bitte", forderte sie ihn schließlich auf und fuhr sich mit ihrer Zungenspitze über die leicht geöffneten Lippen. Sie konnte die Stimmung nicht greifen, spürte zwar das altbekannte Prickeln, die Begierde und doch war es anders. Noch vor ein paar Jahren wäre sie längst splitterfasernackt, läge unter ihm, doch jetzt ließ er sich Zeit, was sie wahnsinnig machte. „Begehr mich, befriedige mich, so wie damals. Nimm mir meinen Schmerz." Als er daraufhin seine Hand ein erstes Mal wandern ließ, schlug ihr das Herz innerhalb von Sekunden bis zum Hals, weil das letzte Mal mit ihm so lange her war, inzwischen Jahre vergangenen waren. Er legte seine Hand ab, flach, oberhalb ihres Bauchnabels, mit seinen geschickten Fingern nach unten gerichtet. Er spürte augenblicklich eine Gänsehaut unter seinen Fingerkuppen entstehen, konnte das sichtbare Flehen in ihren Augen förmlich hören. Er ließ seine Hand etwas sinken, streifte mit seinen Fingerspitzen nun fast ihren Venushügel, glitt noch ein Stück hinab, spürte auch ohne direkte Berührung bereits die feuchte Wärme, die von ihr ausging. Überraschend lehnte er sich herunter zu ihrem Ohr, atmete, heiß, feucht. „Zieh dich an, Annalena." Murmelte er leise und ließ die Blase um sie herum zerplatzen.

One Shots & Short Stories (Annalena Baerbock x Robert Habeck)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt