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Albuquerque

Ein hohes Piepen dringt immer wieder durch mein Bewusstsein. Ein schweres Gewicht liegt auf meinen Augen, das mich in die Tiefe zieht. In die schiere Dunkelheit, in der mein Geist immer wieder in Träume hinabgleitet. Träume von ihm. Träume von mir. Rennend. Blutend. Schreiend.

Schüsse. Blut. So viel kräftiges, rotes Blut.

Dunkle, herzzerreißende Träume voller Qualen verwandeln sich in Träume von mir, wie ich ihn liebe. In Millionen von Farben, die das Herz sehen und die Seele fühlen kann. In meinen Träumen küsse ich ihn fieberhaft und fahre mit meinen Fingern seinen Körper hinunter. Haut auf Haut. Wärme an Wärme. Seine tiefe Stimme, die mich Sweetheart nennt. Immer und immer wieder. Seine eisblauen Augen, die mich wie ein Anker festhalten und mich zu ihm ziehen. Zu seinem Herzen. Meine Lippen liegen an der Kuhle seines Halses, sein gleichmäßiger Herzschlag, den ich unter ihnen spüren kann.

Mein Bewusstsein schweift immer wieder ab. Mein Geist befindet sich in einem dunstigen Nebel. Zwischen Wachsein und Schlafen spüre ich, wie etwas an meine Lippen gehalten wird und mir anschließend kalte Flüssigkeit die Kehle hinunterläuft. Das schwere Gewicht auf meinen Lidern ist immer noch zu schwer um meine Augen zu öffnen, weshalb ich erneut in einen traumähnlichen Zustand verfalle. In einen traumähnlichen Zustand in dem alles in Ordnung ist.

Als ich endlich meine Augen öffne, werden sie von einem hellen Neonlicht geblendet. Ich blinzele gegen das Licht, während ein starker Schmerz durch meinen Körper zuckt. Meine Kehle schnürt sich zusammen und meine Nase beginnt zu brennen. Aber es ist nicht der Schmerz, der von meiner Lende kommt, der mich umbringt, sondern der Schmerz in meiner Brust, der mich mit Haut und Haaren zu verschlingen scheint.

Erinnerungen tauchen vor meinen Augen auf. Sie sind so lebendig, so real, dass ich schwer schlucken muss. Jays Gesicht ist blass, seine blauen Augen sind eingefallen. Sein Bauch ist mit Blut bedeckt. So viel rotes Blut. Mehr Blut, als ein Mensch je verlieren könnte. Ich kann beinahe seinen metallischen Geschmack auf meiner Zunge schmecken. Galle steigt mir die Kehle hoch und dreht mir den Magen um.

Er ist nicht hier und er ist verletzt.

Meine Augen brennen und mein Kopf schmerzt. Das stetige Geräusch eines Herzmonitors dringt rechts von mir an meine Ohren. Ich bekomme keine Luft. Meine Lunge fühlt sich zu eng an.

„Jay.", würge ich mit einem erstickten Schrei hervor, während ich versuche mich im Bett aufzurichten.

Ein pochender Schmerz schießt sofort durch meinen Kopf, gefolgt von Übelkeit, die meine Kehle hochschießt. Schwarze Flecken erscheinen vor meinen Augen. Eine starke Hand legt sich plötzlich auf meine Schulter und drückt mich wieder in die Matratze .

„Lass mich los.", wimmere ich Cian zu, doch mein Körper ist zu schwach, um sich gegen ihn zu wehren.

Der hässliche blaue Vorhang um mein Bett scheint immer näher zu kommen. Er engt mich ein. Ich musste ihn sehen. Ich musste es. Die Herzfrequenz auf meinem Monitor erhöht sich.

„Nein, Darling.", sagt Cian schließlich leise. „Du brauchst Ruhe.", eine seiner Hände landet dabei erneut auf meiner Schulter.

„Wo ist er?", frage ich Cian mit schwacher, aber dennoch aufgebrachter Stimme, während meine Augen sein Gesicht nun hektisch entlanggleiten. Ich versuche etwas zu finden, woran ich mich festhalten kann. Irgendetwas, das mir ein Anzeichen dafür gibt, wie es Jay geht.

Wenn er tot wäre, würde ich es in Cians Gesicht sehen, oder?

Ein Schatten zieht über sein Gesicht, der Ausdruck in seinen Augen wird ernst. Furcht erfüllt mich und lässt mein Herz langsamer schlagen.

The one who owns my soul ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt