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Colorado

Egor kann ihre schweren Schritte direkt hinter ihm hören. Seine Ohren sind darauf trainiert, selbst die leisesten Geräusche wahrzunehmen. Im Moment waren sie zu viert. In der letzten halben Stunde, in der er von der Polizei floh, hatten sie Verstärkung angeordnet.

Er wusste, dass die Bastarde ihn vermutlich in Ruhe gelassen hätten, wäre er nicht auf die Idee gekommen mit seiner Waffe auf die Fensterscheibe seines Wagens zu zielen. Gefälschte Papiere sind eine Sache, aber auf einen Beamten mit einer Waffe zu zielen eine andere. Er zahlte jetzt den Preis dafür, da sie ihn verfolgten.

Seine Schuhe versinken im feuchten Boden, als er noch eine Spur schneller durch das undurchdringliche Dickicht sprintet. Im Gegensatz zu den Polizisten war er es gewohnt sich durch unebene Landschaften fortzubewegen. Seine Kindheit in Russland hatte er damit verbracht in den tiefsten Wäldern zu spielen. Seine Mutter hatte ihn liebevoll „мой маленький лесной дух", genannt. Was er immer noch war.

Ein Waldgeist. Fast unsichtbar, denn seine Füße tragen ihn so schnell, dass er nur noch kaum sichtbar für die Polizisten ist.

Seine Lunge brennt, aber er wird nicht langsamer. Sein Körper und sein Geist waren trainiert genug, um zu wissen, dass er weiterlaufen musste.

„Der Wichser wird uns nicht entkommen!", bellt einer der Polizisten ein paar Meter hinter ihm.

Ihre Schritte kommen immer näher. Er kann sie hören. Schnell wirft er einen Blick über seine Schulter. Er kann sie nicht sehen, aber er kann ihre Stimmen hören, die von irgendwo links herkommen. Hinter den großen, wilden Bäumen.

Kalkulierend verlangsamt Egor seinen Sprint. Im selben Moment wandert seine Hand zum Bund seiner Hose und zieht seine Waffe hervor.

„Halt stehen geblieben! Sonst nehme ich sie fest!", brüllt einer der Polizisten laut durch das Unterholz.

„Da ist er!", schreit ein weiterer, während die Schritte der Polizisten ihm immer näher kommen.

„Какой сюрприз!", nun, was für eine Überraschung!, gibt Egor mit einem hohen Lachen von sich. Gleichzeitig dreht sich sein Körper leicht ein, sein Finger drückt den Abzug der Waffe in seiner Hand.

Ein lauter, schmerzhafter Schrei schallt durch die Bäume, als seine Kugel eines der Beine des Offiziers trifft. Der Anflug eines Grinsens umspielt Egors Lippen, als er sieht, wie der Offizier auf die Knie fällt.

1 Punkt für Egor. O Punkte für die Polizei.

Der laute Schmerzensschrei des Polizisten macht ihn an. Er war schon immer durch Schmerz erregt worden. Er kann spüren, wie die Beule in seiner Hose wächst.

„Du mieses, kleines Arschloch!", ein Fluch rutscht einem jüngeren Polizisten über die Lippen, während Egor seinen Sprint erneut beschleunigt. Der Polizist ihm nun dicht auf den Fersen. Er war schneller als die Anderen.

„Brett! Brett! Kannst du mich hören!", ertönt eine weitere Stimme hinter ihm, aber sie wird schwächer und schwächer, während er weiter durch die grüne Baumlandschaft sprintet. Das einzige Geräusch in seinen Ohren ist nun der Mann, der immer näher kommt.

Er schiebt seine Beine weiter, der Boden unter seinen Schuhen ist leicht feucht. Innerhalb von zwei Sekunden ergreift er erneut seine Waffe, doch bevor seine Hände am Abzug landen können, stößt ihn ein riesiger Körper zu Boden.

Sie wälzen sich beide im Schlamm. Egors Hände sind bereits an der Kehle des jungen Polizeibeamten. Er wurde für den Nahkampf ausgebildet. Seine Hände zum Töten bereit.

Plötzlich dröhnt ein lautes Geräusch durch die Luft. Das Geräusch einer Pistole. Egors Augen wölben sich leicht, als Schmerz langsam durch seine Schulterblätter sickert. Seine Händen fallen wie zwei Sandsäcke von der Kehle des Polizisten.

„Scheint so, als ob deine kleine Flucht hier endet, Arschloch!", knurrt der junge Beamte, während er sein Knie in Egors Weichteile rammt. „Zeit, um aufs Revier mitzukommen!" 

The one who owns my soul ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt