Der Erste Akt...

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Der Erste Akt...

David Bowie begann darüber zu singen, dass er gerne König wäre, seine Frau die Königin und sie beiden dann zusammen Helden sein könnten, wenigstens für einen Tag. Ich stand am Rande der Tanzfläche und beobachtete wie Taylor und Mitch zusammen zu tanzen begannen. Ihren Hochzeitstanz. Zu ihrem Hochzeitslied, „Heros". Das auf die beiden passte wie sonst nichts.

Ich hatte es ausgesucht, denn wäre es nach den beiden gegangen, würde jetzt Highway To Hell aus den Boxen dröhnen und dazu würden sie dann Walzer tanzen, was sie unglaublich witzig gefunden hätten. Alle anderen Hochzeitsgäste wären wohl total schockiert gewesen und deshalb war ich eingeschritten. Manchmal konnte man echt glauben, die beiden waren immer noch achtzehn.

„Darf ich bitten?" Fragte ich Maggi, die eine Brautjungfer, die sofort lächelnd nickte und sich von mir auf die Tanzfläche führen ließ, wo wir dann ebenfalls begannen zu tanzen. Uns folgten dann noch sehr viele andere Paare, bis man sich kaum noch bewegen konnte, ohne irgendwen umzustoßen.

Eine der unumgänglichen Pflichten des Trauzeugen war es nun mal leider das Tanzbein schwingen zu müssen. Hätte ich eine Wahl, würde ich mich jetzt mit dem Tiquila weiter abschießen. Ging leider nicht. Mitch würde so viele schmerzvolle Dinge mit mir anstellen, da bekam ich echt Schiss. Also tanzte ich. Mit Mitchs Oma. Jeder der Brautjungfern. Einigen anderen Frauen. Meiner Mutter. Taylors Schwester und Mutter. Ein paar Cousinen von irgendwem. Und schließlich auch mit meiner besten Freundin.

Mitch im Arm zu haben und mit ihr zu tanzen, war nach all den Jahren wie Autofahren. Man konnte es aus Gewohnheit und man wusste genau was zu tun war. Nun ja, jetzt fühlte ich mich, als hätte man mir plötzlich einen Automatikwagen unter den Arsch gesetzt, anstatt des üblichen Schaltgetriebes. Ich erkannte zwar all die Ähnlichkeiten, war aber trotzdem leicht überfordert, weil es nicht mehr das Gleiche war.

„Reiß dich jetzt endlich zusammen." Meckerte Mitch leise mit mir rum und legte ihre Stirn an meine Brust, sodass ich ihr nicht mehr in die Augen sehen konnte. „Ansonsten fang ich noch an zu heulen."

„Sorry, aber du bist jetzt verheiratet. Darf man verheiratete Frauen überhaupt anfassen? Ich kenn die Regeln nicht." Und seit wann fing sie andauernd an zu heulen? Hatte sie irgendwelche Hormonprobleme, oder was? Ich hatte wirklich Angst davor, dass sich jetzt irgendwie alles änderte und wir halt nicht mehr wir waren.

„Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich in Ruhe lasse, nur weil ich jetzt so einen Ring am Finger habe." Erwiderte sie leise, sodass ich sie kaum verstehen konnte, über die ganze Musik und die anderen lachenden Paare. „Das ändert gar nichts."

„So fühlt es sich aber nicht an." Ich überlegte ob ich ihr die Metapher mit dem Autofahren erklären sollte, aber sie verstand mich auch so.

„Okay, es gibt ein paar Kleinigkeiten die sich ändern, aber das Große und Ganze bleibt gleich. Man muss sich einfach auf die Kleinigkeiten einstellen und dann klappt es genauso gut wie vorher. Wie wenn du dir ein neues Auto kaufst und dich erstmal daran gewöhnen musst."

Dass sie das sagte, beruhigte mich, denn wir sprachen immer noch dieselbe Sprache. Im übertragenden Sinn. „Du weißt, dass..."

„Du immer..."

„Genau." Beendete ich unser merkwürdiges Hin und Her. Wir verstanden uns auch, ohne dass wir diese Dinge aussprechen mussten.

„Du verstehst dich gut mit Felicitas."

Also ich hatte die Wahl. Entweder weiter gefühlsduselige Dinge von mir geben, oder ein unangenehmes Gespräch darüber führen, dass ich die Lesbe in Ruhe lassen sollte, weil Mitch sie nämlich mochte. „Das ist nichts weiter. Ich verspreche dir, ich belästige deine Arbeitskollegin nicht. Feli und ich, wir..."

Du Mich Auch...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt