Du Mich Auch...

Der Vierte Akt

Der Vierte Akt

"Ich glaube, Fin und Haley waren elf, damals. Es war gerade Sommer und die Ferien hatten angefangen. Die drei, also Fin, Michelle und meine Kleine, haben jeden Tag miteinander verbracht. Sie zu trennen war praktisch unmöglich gewesen und sie hatten damals nur Unsinn im Kopf. Das war schlimmer als einen Sack Flöhe zu hüten. Megan, also Fins Mutter, hat immer gesagt, sie stelle es sich einfacher vor, einen Löwen zu zähmen, als unsere drei kleinen Bestien zu erziehen."

 Felicitas lachte neben mir über die schöne Metapher von Haleys Mutter, während ich nur leicht schmunzelte. Ich kannte die Geschichte in und auswendig, denn Robin hatte sie über Jahre immer wieder zum Besten gegeben. Ich glaube zuletzt auf Mitchs Hochzeit, da hatte sie einen sentimentalen Abend gehabt und stundenlang Geschichten über unsere Jugend erzählt.

 Und wie war ich in diese unglaublich peinliche Situation geraten, dass Haleys Mutter Felicitas alles brühwarm erzählte, was ich eigentlich geheim halten wollte? Naja, Feli und ich waren die Woche über jeden Tag zusammen Essen gewesen, denn wir mussten ja irgendwie das Geld ausgeben, dass wir Elija abgezockt hatten. Heute waren wir danach noch in einem Café zum Eisessen gewesen und natürlich mussten wir uns draußen hisetzen, weil ja so ein schönes Wetter war. Und natürlich kam gerade in diesem Moment Robin mit sehr viele Einkaufstüten vorbei und hatte - Überraschung, Überraschung - im Moment sowieso nichts Besseres zu tun, als peinliche Geschichten über mich zu erzählen, weil sie sowieso auf ihren Mann warten musste, der wohl im Motorradladen war und wohl Stunden brauchen würde, ehe er sie abholte. Wundervoll, wie Ty sagen würde.

"Und Fin war damals ja der Hahn im Korb gewesen, mit seinen zwei Mädchen und er hatte immer alle Hände voll zu tun mit den beiden, besonders als sie älter wurden. Er war immer ihr Beschützer gewesen. Immer der guterzogene Gentleman, wenn es um mein Baby und Michelle ging. Ich wusste immer, wenn mein Baby mit Fin unterwegs ist, dann kommt sie auch sicher nach Hause, weil er gar nicht zulassen würde, dass ihr was passiert!" Erzählte Robin weiter und tätschelte mir zwischendrin die Wange und strich mir übers Haar, als wäre ich immer noch der kleine Junge von damals. Schrecklich und wenn ich die Frau nicht so sehr lieben würde, wäre ich aufgestanden und gegangen, aber naja, sie war halt wie eine zweite Mom für mich und da ließ man sich das sogar als gestandener Mann schon mal gefallen.

"Auf jeden Fall waren damals die Sommerferien und Fin hatte irgendetwas angestellt. Ich weiß nicht mehr was genau, aber seine Eltern haben ihm damals zwei Wochen Hausarest gegeben und das mitten in den Ferien. Wir wussten das natürlich nicht und ich war wirklich sehr verwirrt, als er eines Abends dann vor unserer Tür stand. Er sah so traurig aus und wollte mir die ganze Zeit nicht in die Augen sehen. Ich habe ihn gefragt, was denn los ist und er hat geseufzt, wie nur Männer es können. Du weißt schon, als würde die gesamte Last der Welt auf ihren Schultern ruhen."

"Oh, ja. Das Seufzen gibt er immer noch ab und zu von sich." Lachte Feli zusammen mit Robin, die sich - wie Frauen nun mal waren - auf Anhieb gut verstanden hatten und sofort über unzählige Dinge geschnattert hatten. Anscheinend hatten sie sich auf der Hochzeit kennen gelernt.

"Genau. Also, er seufzt und sagt: Ich muss mit Hales reden, aber ich weiß nicht, wie sie das aufnehmen wird. Kannst du in der Nähe bleiben, Tante Robin? Ich glaube, sie wird traurig sein und vielleicht weinen." Ahmte sie mich in einer vollkommen übertrieben hohen Quietschstimme nach. Ich konnte mich an den Tag nicht mehr wirklich erinnern, aber ich war mir sicher, dass ich niemals so eine Stimme gehabt hatte, oder mich so weinerlich anhörte. Das war schlicht unmöglich.

"Ich hatte natürlich keine Ahnung, was denn los war, aber ich habe mir wirklich Sorgen gemacht, weil er so ernst und traurig ausgesehen hat. Auf jeden Fall waren die beiden dann im Wohnzimmer und ich stand im Türrahmen, damit ich mitbekam, was denn los war. Fin ist die ganze Zeit vor Haley auf und ab gegangen, er war richtig nervös, der Kleine. Dann bleibt er stehen, guckt die ganze Zeit auf den Boden, als würde er sich schämen und sagt dann schließlich auf seine toternste Art: "Ich glaube, wir sollten diese Beziehung beenden. Es macht keinen Sinn mehr." Haley hat ihn gefragt, warum und er erzählte ihr dann, dass sie sich ja die nächsten zwei Wochen nicht mehr sehen würden und er nicht wolle, dass sie ihr Leben damit verbringt auf ihn zu warten, sondern dass sie es genießt und Spaß hat. Er war ja so süß."