Prince Charming - Taekook

Kapitel 90

"Isabel... Beruhig dich. Jungkook weiß nichts", ein Mann - groß, schlank und mit hübschem Gesicht - kam ins Zimmer stolziert. "Er hat nur gute Schlüsse gezogen -

Nicht war, Kleiner?"

Er kannte ihn. Von Taiwan.

"Jin?

Warum bist du hier? Was machst du... STECKST DU MIT DENEN ETWA UNTER EINER DECKE?"

Der Braunhaarige war entsetzt. Niemals hätte er erwartet ihn hier zu sehen oder gar mit dem ganzen Theater in Verbindung gebracht.

"Hast du das hier alles inszeniert? Hast du eigentlich die ganze Zeit die Strippen in der Hand gehabt?"

"Ja", kam sofort ohne Scham aus dem ehemaligen Barkeeper raus. Sogar ein kleines Lächeln hatte sich auf dessen Gesicht geschlichen, während dieser Jungkooks Handschellen öffnete.

"Nicht schlecht, oder? Bin selbst etwas Stolz auf mich. Jetzt muss Taehyung nur noch die Beweise holen und dann mach ich Jeongyu dem Erdboden gleich... Wenn ich wüsste wo der Typ ist, wäre das noch toller - du weißt nicht zufällig..."

"SPINNST DU JETZT EIGENTLICH VÖLLIG?! TAE HAT DICH ALS FREUND BEZEICHNET! HAST DU NICHT MAL EIN SCHLECHTES GEWISSEN???"

Jungkook war außer sich. Seine Stimme überschlug sich schon fast in diesem kleinen Zimmer und doch schien Jins Mimik sich nicht zu verändern.

Es wirkte wie eine Maske. Etwas, was er sich wahrscheinlich schon seit Jahren aufgebaut hatte.

"Schlechtes Gewissen? Dein Freund hat Jahre lang Beweise zurückgehalten, die Jeongyu lebenslänglich ins Gefängnis gebracht hätten - ich finde tatsächlich, dass ich der Gute bin."

Lautstark sprang der Braunhaarige vom Stuhl auf, schob ihn damit ein ganzes Stück scharrend über den Boden und ragte über Jin auf, der sich ihm lässig gegenüber gesetzt hatte.

"Was ist mit Tae? Wo ist er? Was habt ihr mit ihm gemacht?"

Statt einer Antwort entgegnete der Schwarzhaarige nur ein Kopfschütteln. Es machte Jungkook verrückt, dass er hier scheinbar gar nichts ausrichten konnte.

Jin war unbeeindruckt von ihm. Keins seiner Worte konnten den Mann erschüttern und trotzdem brauchte er ein Ventil.

Der Jüngere wollte, dass sein Gegenüber endlich die Fassade fallen ließ. Wollte ihn aus dem Konzept bringen.

Fest krallten sich seine Hände in die Tischplatte, konnte spüren wie seine Zähne sich fest zusammenpressten - und dann holte er einfach aus.

Wie schon bei Baek ballte er seine Hand zu einer Faust und rammte sie in das hübsche Gesicht des Verräters - und wieder Mal hatten ihn alle unterschätzt.

Wahrscheinlich war das sein Trumph. Nach außen ungefährlich, aber in solchen Situationen zeigte er, dass sie ihn niemals unterschätzen sollten.

Mit einem Rumms flog Jin vom Stuhl. Landete auf dem kalten Beton unter ihren Füßen und blieb still liegen.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog Jungkook die taube Hand an seine Brust, fluchte und vollzog einen kleinen Tanz ehe da auch schon die Tür aufsprang und die Frau von eben hinein stürmte.

Besorgt beugte sie sich zu dem Verletzten  nach unten. Sachte strichen ihre Finger über den zerzauste Haarschopf, der sich langsam regte und sich nur wenige Sekunden später lachend erhob.

"Das war... Erfrischend - wirklich. Die letzte Person, die mir einen Kinnhaken verpasst hat habe ich schlussendlich geheiratet."

Langsam raffte sich der Schwarzhaarige vom Boden auf, konnte einige schmerzhafte Stöhner nicht unterdrücken ehe er sich wieder auf den Stuhl setzte. Die Frau verschwand wieder - genau so schnell, wie sie gekommen war.

"Der hat auf jeden Fall gut gesessen... Hast ein bisschen mit Taehyung geübt?"

Skeptisch beobachtete Jungkook was vor ihm passierte. 

Was sollte das hier? War der Masochistisch oder spielte er gerade mit ihm? Keine Wut? Nicht zurück schlagen? Nicht mal Isabel hatte etwas getan.

"Warum erzählst du mir das?"

Seufzend rieb sich der Verletzte übers Kinn und schien kurz nach Worten zu suchen - aber wirklich nur kurz.

"Weil es wichtig ist... Ich bin nämlich nicht der Böse, sondern die Kim Brüder. Beide von einem Schlag und Yoongi passt da auch sehr gut rein... Schon lustig, dass mir entgangen ist, dass da eine Verwandtschaft besteht." 

"Was wollt ihr mit ihnen machen? Warum sollen sie sich ähnlich sein? Ich..."

"WEIL SIE LÜGEN, BETRÜGEN UND NUR IHR EIGENES WOHL IM KOPF HABEN!" Atemlos stand Jin vor ihm. Das Gesicht zu einer wütenden Fratze verzogen und vor Anspannung zitternd. 

Jetzt war ein Punkt erreicht, wo Jungkook sagen konnte, dass er Angst hatte.

Unberechenbarkeit. Das war der einzige Begriff, der ihm gerade zu dem Typen einzufallen schien. Etwas, was in ihrer Situation nicht gut ausgehen könnte.

"Keine Sorge", kam etwas entspannter von Jin und doch verlor dessen Stimme nicht den gefährlichen Unterton. "Deinem Taehyung wird nichts passieren - jedenfalls nicht körperlich. Wir wollen wirklich nur die Beweise und alles andere soll nicht euer Thema sein.

Mit deiner Hilfe wird er es überwinden, dass er Mal nicht der klügste Kopf im Raum war... Witzig, das konnte ich bisher auch nur über meine Frau sagen... meine Verstorbene Frau...

Ich erlebe hier mit dir lauter Deja vus..."

Trauer schlich sich in den Blick des Älteren. Verträumt starrte er in die Leere, hielt sich immer noch die Wange an der Jungkook ihn getroffen hatte und wirkt zum ersten Mal an diesem Tag wie eine Person, die tatsächlich Gefühle hatte. 

"Was ist mit deiner Frau passiert?" Die Frage war einfach aus dem Mund des Braunhaarigen gerutscht. Etwas, was er eigentlich nicht wissen wollen sollte - aber seine Neugier war wohl stärker, als seine Sturheit.

"Sie ist vor mehr als 5 Jahren gestorben... War Polizistin und hatte einen Einsatz bei einer Tankstelle. Sie wurde mit ihrer eigenen Waffe erschossen.

Die Waffe, die Taehyung an sich genommen hat.

Die Waffe, die Jeongyu für immer in den Knast befördern wird. Reicht dir das oder willst du noch mehr wissen?"

Schweigend hatte Jungkook ihm zugehört. Starrte auf den Mann vor sich, der ihn ebenfalls nachdenklich musterte.

"Aber wenn Taehyung sowas hat, warum gibt er es nicht ab?"

"Aus Angst... Er kann so seinen Bruder von sich fernhalten. Wollte dem Unheil aus dem Weg gehen - und wahrscheinlich weil das zurück behalten von Beweismitteln strafbar ist. Taehyung würde ins Gefängnis gehen, wenn er sie der Polizei offenbarte - ohne Deal."

Was?

Geschockt hatte sich Jungkooks ganzer Körper verkrampft. Selbst die schmerzende Hand schloss sich zu einer Faust zusammen.

"Aber dann ist er doch gar nicht frei? Wenn ihr ihn dazu bringt, die Beweise herzugeben dann wird er auch angeklagt... Was soll das denn hier? Ihr spielt hier mit Menschenleben, um eine Frau zu rechnen, die nicht mehr zurück kommt.

Sie ist tot und Taehyung ist hier nicht der Schuldige. Lasst ihn gehen. Keine Anklage für ihn und ich helfe euch, ok? Ich bring ihn dazu euch freiwillig die Beweise zu überlassen und dann darf ich ihn mitnehmen, ja?"

Voller Hoffnung hatte sich Jungkook leicht nach vorne gebeugt, beobachtete den Mann vor sich. Zartes Lächeln, Blick an die Decke gerichtet und mit dem Finger auf den Mund tippend. 

"Warum? Wir haben doch schon das beste Druckmittel... Die Flucht von Jeongyu war zwar nicht geplant, aber auch irgendwie passend. Taehyung denkt, dass du entführt wurdest von seinem größten Alptraum, wird alles hergeben nur damit du sicher und unverletzt zu ihm zurückfindest. Warum brauchen wir dich also?"

"Weil du selbst gesagt hast, das Tae nicht dumm ist. Er wird sich vielleicht gedacht haben, dass sowas mal passieren könnte..."