(9) - Notlügen.

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Möglicherweise sollte man es ignorieren. Es nicht weiter beachten. Die Vergangenheit hinter sich lassen – auch wenn ihre Existenz ein Fakt ist.

Fakten sind Fakten. Die kann man nicht widerlegen. Die Realität besteht, da kann der Optimismus sie noch so sehr ins Licht und der Pessimismus in die Schwärze ziehen wollen.

Aber man sollte es ignorieren. Wenn man an uns vorbeihuscht, unseren Existenzen keine weitere Beachtung schenken.

Immerhin wurden wir nach unserer Bodenaktion nur aus dem Restaurant geschmissen. Hausverbot für mehrere Jahre, eine tief sitzend frische Wunde für Taehyungs Vorlieben.
Jedoch auch dies sollte ignoriert werden, der Kerl muss nur einmal mit einem Bündel an Scheinchen in der Luft wedeln und sein Gaumen kann den Genuss zurückbekommen, zu welchen ich bis jetzt noch nicht vorangeschritten bin. Keine Suppe für mich.

Nicht schlimm. Echt kein Problem, aber dass ich dafür diese Wartezeit auf mich nehmen musste, das geht nicht klar!

Auch geht es nicht klar, dass es regnet. Wäre kein Problem, man kann ein Taxi rufen. Aber der Kerl neben mir heult rum. Will in keinen Wagen, der seine Tränen für jeden offenbaren könnte. Diese verzogene Fratze, welche momentan dauerhaft auf seinem Gesicht liegt, verrät dies auch so gar nicht. Genau. Wer es auch immer glaubt. Also meine ironisch und recht spöttisch orientieren Gedanken tun dies nicht!

Deswegen marschieren wir nun also durch Regen, stampfen in Pfützen und verspüren Klamotten der puren Nässe an unseren Körpern, während Haare vom auch noch existenten Winde verweht quer auf unseren Häuptern verteilt jegliches Styling verloren haben.
Weil so eine lebende Person eines Partners sich für seine gefühlsorientierte Erscheinung schämt. Danke für nichts. Ich versteh mein Leben nicht mehr. Hab ich ja eigentlich noch nie. Super. Alles wie immer. Ist gut.

Sachte hebt sich mein Blick an. Noch zweimal abbiegen. Dann bin ich in der richtigen Straße. Bald kann ich diese Wärme betreten. Nur ich. Den Typen lass ich selbstverständlich vor der Tür. Alles nur seine Schuld. Alles. Oder gar nichts.

„Du?"
Erneut so. Weswegen muss er mich mit diesem Wort ansprechen, welches keinen persönlichen Bezug offenbart? Er könnte auch jegliche Straßenratte meinen und sie mit einem Du ansprechend, eine Bindung eingehen. Noch dazu diese zerbrochen jämmerliche Schwäche in seiner Stimme. Es tut weh. In meinen Ohren. Nicht aufgrund von Mitleid, oder sonst was. Seine starke, spöttische und freudige Klangfarbe ist ein wahrer Genuss, wie ich in Gedanken mittlerweile schon zu oft erwähnt habe. Aber das ist grauenhaft.

„Nenn mich bitte Jungkook und hör auf rumzuheulen, das nervt langsam nicht mehr nur ein bisschen."
Plötzlich fällt die Bewegung neben mir nieder, sofort verstummt auch jegliche Aktivität meiner Muskeln. Weswegen muss der denn jetzt auch noch stehenbleiben?

Dieses Wetter. Ist er komplett bescheuert oder hat ihm das Weinen jegliche Aufnahme äußerer Einflüsse genommen und das Unwohlsein, dieser depressiv unterstützenden Wetterlage, interessiert ihn nicht mehr?

Sachte kehrt mein Kopf so weit zurück, bis ich das Gesicht des anderen wahrnehmend erkenne und Emotionen ablesen kann. Sieht glücklicher aus, als vor ein paar Sekunden. Welcher Hebel hat sich denn bitte jetzt in seinem Schädel umgeschmissen?

„Was sind denn das für umwerfende Klänge in deiner Stimme?"

„Was ist denn jetzt in dich gefahren? Geh weiter oder ich schlag dich ins Krankenhaus. Dann kommen wir wenigstens aus dem Regen!"

Tatsächlich setzt der Ältere sich wieder in Bewegung. Wunderbar. Gerade will ich es ihm gleichmachen, da muss ich realisieren, dass er nur voranschreitet, um bei mir anzukommen und einen seiner Arme um meinen Hals zu schmeißen. Sofort spannt er diesen an, zieht meinen Kopf näher an sich und diesen anbei fast schon in seinen Schwitzkasten.

the (blood) party. | taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt